HBV-Reinfektionsprophylaxe

Erstes subkutan injizierbares Hepatitis-B-Immunglobin


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Andrea Warpakowski, Itzstedt, Red.

Seit Anfang 2010 können HBV-DNS-negative Patienten, deren Lebertransplantation wegen einer HBV-assoziierten Lebererkrankung seit mindestens sechs Monaten zurückliegt, die Erhaltungstherapie der Reinfektionsprophylaxe erstmals selbst zu Hause durchführen. Die Anwendung des subkutan injizierbaren Hepatitis-B-Immunglobulin Zutectra® wurde bei einem Symposium der Firma Biotest im Rahmen der Jahrestagung der European Association for the Study of the Liver (EASL) im April in Wien vorgestellt.
Zum Beitrag „Mukoviszidose: Aztreonam als neues inhalierbares Antibiotikum“ (Arzneimitteltherapie 2010;28[6]:215–7):

Jedes Jahr erhalten in Deutschland rund 1000 Patienten eine neue Spenderleber. Eine chronische Hepatitis-B-Infektion liegt bei 5 bis 8% der Lebertransplantationen zugrunde. Häufig kommt es zu einer Reinfektion mit im Körper verbliebenen Hepatitis-B-Viren (HBV) – bei 67% der Patienten unabhängig von ihrer HBV-DNS-Viruslast und bei 83% der Patienten, wenn vor der Transplantation HBV-DNS nachweisbar war. Um das neue Organ vor einer Reinfektion zu schützen, wird in der Regel eine Reinfektionsprophylaxe mit einem Nukleosid-/Nukleotidanalogon und einem Hepatitis-B-Immunglobulin (HBIg) eingeleitet. Damit lässt sich die Reinfektionsrate auf unter 4% senken. Die Patienten erhalten das orale Virustatikum bereits einige Monate vor der Transplantation und kontinuierlich danach sowie hoch dosiertes intravenöses HBIg (z.B. Hepatect® CP) während und nach der Transplantation. Bis zur stabilen Leberfunktion werden die Patienten je nach Antikörper-Titer im Serum (150–500 I.E./l) alle zwei bis acht Wochen mit HBIg behandelt.

Nach dieser initialen Phase schließt sich die meist lebenslange Erhaltungsphase an, in der für den Reinfektionsschutz im Serum dauerhaft ein Antikörper-Spiegel (Anti-HBs) von 100 bis 150 I.E./l aufrechterhalten werden muss. Die intravenöse Gabe von HBIg führt jedoch zu starken intraindividuellen Schwankungen des Talspiegels. Mit der neu zugelassenen Weiterentwicklung des intravenös injizierbaren HBIg, dem subkutan injizierbaren HBIg werden dagegen konstante Antikörper-Titer erreicht.

Die Zulassung des subkutan applizierbaren HBIg beruht auf den Daten einer offenen, prospektiven Studie mit 23 Patienten, die wegen chronischer Hepatitis B oder akutem Leberversagen transplantiert wurden. Die Patienten waren im Mittel 51 Jahre alt, der mittlere BMI betrug 25,5. Rund fünf Jahre nach der Transplantation wurde auf die subkutane HBIg-Injektion umgestellt. Patienten mit einem Körpergewicht unter 75 kg spritzten 1-mal wöchentlich 1 ml HBIg (500 I.E./ml Anti-HBs-Antikörper) und Patienten mit mehr als 75 kg Körpergewicht spritzten 1-mal wöchentlich 2 ml HBIg. Ursprünglich sollte die Studie 18 Wochen dauern und wurde bei 16 Patienten auf 24 Wochen verlängert. Die Anti-HBs-Titer lagen im Verlauf der Studie stabil zwischen 350 und 400 I.E./l Anti-HBs (wöchentliche Messung). In keinem Fall wurde eine Reinfektion beobachtet. Das subkutane HBIg wurde gut vertragen, die Laborwerte der Patienten veränderten sich nicht und kein Patient brach die Studie wegen eines unerwünschten Ereignisses ab. Von den insgesamt 409 Injektionen wurden 70% von den Patienten selbst verabreicht.

Fazit

Die subkutane Darreichungsform ermöglicht es den Patienten, sich das Immunglobulin selbst zu verabreichen, und vereinfacht dadurch die Therapie für Arzt und Patient.

Quellen

Prof. Daniel Shouval, Jerusalem/Israel, Priv.-Doz. Susanne Beckebaum, Essen, Symposium „HBV-reinfection prophylaxis with Zutectra, a novel HBIG for subcutaneous application“, veranstaltet von Biotest AG im Rahmen der 45th Annual Conference of the European Association for the Study of the Liver (EASL) 2010, Wien, Österreich, 15. April 2010.

Vereinfachung hat ihren Preis

Die subkutane Gabe von Zutectra® ist eine Alternative zur intravenösen Gabe von Hepatect® CP (ebenfalls von Biotest). Für einen Preisvergleich müssen die unterschiedlichen Dosierungsschemata berücksichtigt werden.

Zutectra® wird einmal wöchentlich verabreicht, in einer Dosis von 1 ml (500 I.E.) bei einem Körpergewicht unter 75 kg und 2 ml (1000 I.E.) bei einem Körpergewicht ab 75 kg. Der Apothekenverkaufspreis für 5x1 ml beträgt 2769,12 Euro (Lauer-Taxe), also pro Applikation 553,82 Euro (1 ml) bzw. 1107,64 Euro (2 ml). Für ein halbes Jahr ergeben sich Arzneimittelkosten von rund 14400 Euro bzw. 28800 Euro.

Hepatect® CP muss individuell dosiert werden. Eine übliche Dosierung sind 2000 I.E. monatlich. Bei einem Apothekenverkaufspreis von 2040,62 Euro für 2000 I.E. ergeben sich für ein halbes Jahr Arzneimittelkosten in Höhe von rund 12250 Euro. Hinzu kommen in diesem Fall die Applikationskosten. (Red.)

Arzneimitteltherapie 2010; 28(07)