Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen
Patienten mit Diabetes mellitus haben ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Patienten mit Hypertonie und einer Fettstoffwechselstörung haben ein besonders hohes Risiko. Fibrate wirken überwiegend auf die Triglyceride, während CSE-Hemmer („Statine“) in erster Linie den LDL-Cholesterol-Spiegel senken. Daher war es wichtig, eine Studie durchzuführen, in der die Kombinationstherapie mit der Monotherapie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 verglichen wurde. Dies geschah in der Lipid-Substudie im Rahmen der ACCORD-Studie.
Es handelt sich um eine randomisierte Studie mit verblindeter Evaluation der Endpunkte, in die 5518 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 aufgenommen wurden. Alle Patienten erhielten Simvastatin (im Schnitt 20 mg/Tag). Außerdem erhielten sie randomisiert entweder 160 mg Fenofibrat pro Tag (n=2765) oder Plazebo (n=2753). Die Patienten waren im Mittel 62 Jahre alt und 30% waren Frauen. Die mittlere Dauer des Diabetes mellitus betrug neun Jahre. Zwischen 36 und 37% der Patienten hatte bereits früher ein vaskuläres Ereignis erlitten. Die Cholesterol-Spiegel lagen bei Einschluss in die Studie bei 175 mg/dl und die Triglycerid-Spiegel bei 160 mg/dl.
Der primäre Endpunkt war die Kombination von nichttödlichem Herzinfarkt, nichttödlichem Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 4,7 Jahre. Die jährliche Häufigkeit des primären Endpunkts betrug 2,2% in der Gruppe, die zusätzlich Fenofibrat erhielt, und 2,4% in der Gruppe, die zusätzlich Plazebo erhielt. Dies entspricht einem Hazard-Ratio von 0,92 und war nicht signifikant. Es ergaben sich keine Unterschiede bezüglich der Mortalität (1,47% vs. 1,61%), für schwerwiegende koronare Ereignisse (2,58% vs. 2,79%) und für Schlaganfall (0,38% vs. 0,36%). Bei den präspezifizierten Subgruppenanalysen ergab sich ein Trend zu einer besseren Wirkung von Fenofibrat bei Männern und einer deutlich schlechteren Wirkung bei Frauen.
Kommentar
Diese wichtige Studie räumt mit einem weiteren therapeutischen Vorurteil auf. In vielen Leitlinien wird empfohlen, CSE-Hemmer, die in erster Linie eine Wirksamkeit auf das Gesamt-Cholesterol und das LDL-Cholesterol haben, mit Fibraten zu kombinieren, die mehr auf HDL-Cholesterol und Triglyceride wirken. Die große ACCORD-Studie zeigt aber, dass dieses Konzept in der Praxis nicht trägt, da Patienten mit Diabetes mellitus trotz einer deutlicheren Senkung der Triglyceride nicht von der zusätzlichen Gabe von Fibraten profitieren. Hinzu kommt, dass sich bei einem Teil der Patienten mit Diabetes mellitus die Nierenfunktion unter der Therapie mit Fibraten verschlechterte.
Quelle
The ACCORD Study Group. Effects of combination lipid therapy in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med 2010;362:1563–74.
ACCORD-Studie
Ziel der ACCORD-Studie war, zu untersuchen, mit welcher Strategie – intensive Blutzuckersenkung, Blutdrucksenkung oder Lipidsenkung – bei Typ-2-Diabetikern mit hohem kardiovaskulärem Risiko das Risiko für nichttödlichen Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulären Tod am besten reduziert werden kann.
An der seit 2001 laufenden Studie nahmen 10251 Typ-2-Diabetiker teil, die eine intensivierte (Ziel-HbA1c <6%) oder eine Standard-Diabetestherapie (7–7,0%) erhielten. Sie wurden außerdem in den Blutdruck- (n=4733) oder in den Lipidarm (n=5518) randomisiert und erhielten im 2x2-faktoriellen Design eine intensivierte oder eine Standardtherapie mit Antihypertensiva beziehungsweise eine Lipidtherapie mit CSE-Hemmer oder CSE-Hemmer plus Fibrat.
Im Februar 2008 wurden die Patienten von der intensivierten Diabetestherapie auf die Standardtherapie umgestellt, nachdem sich die intensivierte Behandlung als nachteilig erwiesen hatte. Alle anderen Studieninterventionen endeten im Juni 2009. Die Patienten werden auf freiwilliger Basis weiterhin beobachtet.
Arzneimitteltherapie 2010; 28(07)