Lipidsenkende Therapie

Viel erreicht – aber noch mehr möglich


Reimund Freye, Baden-Baden

Die Erfolge der Lipidtherapie in Bezug auf eine Senkung kardiovaskulärer Risiken sind beträchtlich, aber durchaus noch zu steigern. Bei einem Symposium der Firma MSD Sharp & Dohme im Rahmen der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim wurden aktuelle und mögliche zukünftige Strategien angesprochen.

Die Minimierung des LDL-Cholesterols stellt eine der wirksamsten Maßnahmen zur Reduktion kardiovaskulärer Risiken dar. Beispielsweise ist mit einer Verminderung des LDL-Cholesterolspiegels um 30 mg/dl eine Senkung des relativen koronaren Risikos um rund 30% zu erreichen. Bei Personen mit normalem kardiovaskulärem Risiko gilt ein Grenzwert des LDL-Cholesterolspiegels von 100 mg/dl. Bei Hochrisikopatienten ist sogar ein Zielwert von unter 70 mg/dl anzustreben. Dazu zählen Patienten mit stattgehabtem akutem Koronarsyndrom und solche mit koronarer Herzkrankheit plus Diabetes mellitus, ebenfalls Patienten, die mehrere Risikofaktoren, etwa im Rahmen eines metabolischen Syndroms auf sich vereinigen.

Doch werden diese Therapieziele auch erreicht, und welche Mittel werden dazu angewandt? Daten hierzu liefert zum Beispiel das 2L-Kardioregister. Bei 6711 Patienten wurden verschiedene Strategien zur Erreichung der Zielwerte angewandt, nämlich eine Erhöhung der Dosis bei Monotherapie, Wechsel auf eine andere Monotherapie oder Hinzunahme von Ezetimib [2]. Dabei profitierten die Patienten am meisten von einer additiven Gabe des Cholesterol-Resorptionshemmers (z.B. Kombipräparat Inegy®, Simva-statin/Ezetimib). Dennoch erreichten lediglich 51% aller Patienten ihre jeweiligen Zielwerte. Insbesondere diejenigen, die als kardiovaskuläre Risikopatienten galten – etwa Diabetiker oder Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit –, aber keine Hochrisikofaktoren wie eine manifeste Koronarerkrankung aufwiesen, verfehlten das Therapieziel.

Alle Lipidfraktionen ins Auge fassen

Die etablierte LDL-senkende Therapie verringert zwar das kardiovaskuläre Risiko – jedoch nicht ausreichend. Gemäß Daten aus verschiedenen neueren Studien bewegt sich die relative Risikoreduktion für ein kardiovaskuläres Ereignis bislang in der Größenordnung um 30%.

In der PROVE-IT-Studie erreichte wohl ein großer Anteil der Patienten die LDL-Zielwerte von weniger als 70 mg/dl unter 80 mg/d Atorvastatin, jedoch bleiben 37,1% oberhalb dieses Grenzwerts. Ein Grund dafür ist das mangelnde Ansprechen von Patienten auf diese verfügbaren Therapien. Zudem ist längst bekannt, dass es jenseits des LDL auch andere Fraktionen im Lipidstoffwechsel gibt, deren Korrektur zu einer Verbesserung der Gefäßsituation beiträgt. Neben HDL und Triglyceriden ist auch eine Fokussierung auf Lipidoxidation und Inflammation lohnend.

In Bezug auf das LDL ist die Reduktion von Apolipoprotein B durch Hemmung seiner Synthese eine neue Option. Insbesondere bei Patienten mit familiärer Hypercholesterolämie konnte Mipomersen, ein Antisense-Oligonucleotid zum Apolipoprotein-B-Gen, als Zugabe zu einer gängigen CSE-Hemmer-Therapie das LDL-Cholesterol nochmals um 25% senken und hatte zudem einen positiven Einfluss auf andere Lipidwerte [3].

Eine Anhebung des HDL-Cholesterols ist effektiv, weil es zum einen den Cholesterol-Rücktransport aus der Peripherie zur Leber veranlasst, weiterhin aber auch antiinflammatorisch, antioxidativ und antithrombotisch wirkt und zudem die Endothelfunktion verbessert. Hier wäre die Hemmung des Cholesterylester-Transferproteins (CETP) ein möglicher Ansatz, um die HDL-Konzentration zu erhöhen. Neue Wirkstoffe mit diesem Zielpunkt sind Dalcetrapib und Anacetrapib. Allerdings ist noch zu klären, inwieweit diese Substanzklasse wirklich antiatherosklerotisch wirksam ist und ob CETP-Inhibitoren kardiovaskuläre Ereignisse signifikant senken können.

Antiinflammatorisch wirksam ist die Inhibition der Lipoprotein-assoziierten Phospholipase A2 durch Darapladib. Erste Ergebnisse aus Phase-II-Studien zeigten, dass dieser Arzneistoff in zahlreichen Subgruppen – mit oder ohne Diabetes mellitus, mit oder ohne Hypertonie – das Volumen des nekrotischen Kerns von Plaques verringern konnte. Ferner wurde dadurch die Zusammensetzung des Kerns im Sinne einer Stabilisierung günstig beeinflusst.

Quellen

1. Dr. med. Anselm Gitt, Ludwigshafen, Prof. Dr. med. Jörg Kreuzer, Limburg, Satellitensymposium „Was kommt nach der LDL-Senkung bei Hochrisiko-Patienten – LDL-Senkung?“, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme im Rahmen der 76. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 8. April 2010.

2. Gitt AK, et al. Guideline-oriented ambulatory lipid-lowering therapy of patients at high risk for cardiovascular events by cardiologists in clinical practice: the 2L cardio registry. Eur J Cardiovas Prev Rehabil 2009;16:438–44.

3. Raal FJ, et al. Mipomersen, an apolipoprotein B synthesis inhibitor, for lowering of LDL cholesterol concentrations in patients with homozygous familial hypercholesterolaemia: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2010;375:998–1006.

Arzneimitteltherapie 2010; 28(07)