Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Die Wirksamkeit und die positiven Effekte einer frühzeitigen Insulintherapie sind ausreichend belegt. Jedoch herrscht noch eine gewisse Unsicherheit, mit welchem Behandlungsregime die glykämischen Zielwerte am besten erreicht werden können. Um diese Frage beantworten zu können, wurden im Rahmen der 4-T-Studie (Treating to target in type 2 diabetes) drei verschiedene Insulintherapie-Regime miteinander verglichen.
Studiendesign
Bei der 4-T-Studie handelt es sich um eine offene multizentrische Studie mit 708 Patienten, die seit mindestens 12 Monaten an einem Typ 2-Diabetes erkrankt waren und seit mindestens 4 Monaten die maximal tolerierte Dosis an Metformin und Sulfonylharnstoff erhielten. Alle Patienten hatten einen suboptimalen HbA1c-Wert zwischen 7,0% und 10,0% und einen Body-Mass-Index (BMI) <40 kg/m2. Die Patienten wurden in drei Gruppen randomisiert:
- Konventionelle Insulintherapie mit der zweimal täglichen Gabe des biphasischen Insulinaspart (NovoMix® 30)
- Prandiale Insulintherapie mit dreimal täglich Insulinaspart (NovoRapid®)
- Einmal tägliche Gabe des langwirksamen Basalinsulins Insulindetemir (Levemir®), wenn nötig auch zweimal täglich
Der Sulfonylharnstoff wurde gegen ein zweites Insulin ausgetauscht, wenn der HbA1c-Wert während des ersten Jahres der Studie über 10% oder zweimal hintereinander über 8% lag. Nach dem ersten Jahr erfolgte eine Intensivierung der Therapie mit einem zweiten Insulin bei HbA1c-Werten >6,5%.
Primärer Zielparameter der Studie war der HbA1c-Wert nach drei Jahren, sekundäre Zielparameter waren unter anderem der Anteil der Patienten mit HbA1c-Werten ≤6,5%, der Anteil der Patienten, die ohne schwerwiegende Hypoglykämien einen HbA1c-Wert ≤6,5% erreichten, sowie Gewichtszunahme.
Kein Unterschied bei der glykämischen Kontrolle
Nach drei Jahren hatte sich der HbA1c-Wert der mit biphasischem Insulinaspart behandelten Patientengruppe von 8,1% auf 7,1% verbessert, der mit Insulinaspart behandelten Patienten von 8,8% auf 6,8% und bei der mit Insulindetemir behandelten Patientengruppe von 8,6% auf 6,9%. Somit ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied im Hinblick auf den erreichten HbA1c-Wert.
In den Gruppen mit prandialem Insulinaspart und basalem Insulindetemir erreichten jedoch mehr Patienten den HbA1c-Zielwert ≤7% oder ≤6,5% (Abb. 1). Ein Intensivierung der Therapie durch Hinzunahme eines zweiten Insulins war bei der Mehrzahl der Studienpatienten (im Durchschnitt 74,3%) erforderlich, am häufigsten in der Gruppe mit basalem Insulindetemir (Abb. 1).

Abb. 1. Einige sekundäre Endpunkte der 4-T-Studie: Erreichen der HbA1c-Zielwerte, Bedarf an Intensivierung der Insulintherapie und Gewichtszunahme; Angabe von p-Werten nur bei p<0,05 [2]
Unterschiedliches Hypoglykämierisiko
Die Insulindosis stieg in allen drei Gruppen vor allem während des zweiten und dritten Jahres der Studie. Nach drei Jahren betrug die gesamte Insulin-Tagesdosis im Median
- In der Gruppe mit biphasischem Insulinaspart 0,78 I.U./kg
- In der Gruppe mit prandialem Insulinaspart 0,94 I.U./kg
- In der Gruppe mit basalem Insulindetemir 1,03 I.U./kg (p<0,001 vs. biphasisches Insulinaspart)
Unter Insulindetemir kam es im Vergleich mit den anderen Gruppen zu einer geringeren Zunahme des Gewichts und des Taillenumfangs (Abb. 1).
Ein wesentlicher Gesichtspunkt im Hinblick auf die Therapiesicherheit einer Insulintherapie ist die Hypoglykämierate. Im Rahmen dieser Studie näherten sich im zweiten und im dritten Jahr die Hypoglykämieraten zwischen den verschiedenen Gruppen an und waren nach drei Jahren nicht mehr signifikant unterschiedlich. Infolge deutlicher Unterschiede im ersten Jahr waren aber die über die Zeit gemittelten Hypoglykämie-Gesamtraten in der Gruppe mit basalem Insulin am niedrigsten: Die Häufigkeit von Hypoglykämien Grad 2 oder 3 betrug im Median
- in der Gruppe mit biphasischem Insulinaspart 3,0 Ereignisse pro Patient und Jahr,
- in der Gruppe mit prandialem Insulinaspart 5,7 Ereignisse pro Patient und Jahr,
- in der Gruppe mit basalem Insulindetemir 1,7 Ereignisse pro Patient und Jahr
(p<0,001 für alle Vergleiche). Wenn nur Patienten mit einem HbA1c-Wert ≤6,5% analysiert wurden, ergaben sich Häufigkeiten von 3,0 bzw. 5,5 bzw. 2,0 Ereignissen pro Patient und Jahr (p<0,001).
Fazit
Im Rahmen der 4-T-Studie konnte mit allen drei Insulinregimen eine gute glykämische Kontrolle erreicht werden. Die Anzahl der Hypoglykämien war niedrig und nicht größer in der Gruppe der Patienten, bei denen ein HbA1c-Zielwert von ≤6,5% erreicht wurde. Patienten, die mit Insulindetemir behandelt wurden, zeigten eine geringere Zunahme des Körpergewichts und Taillenumfangs sowie ein niedrigeres Risiko für schwere Hypoglykämien als Patienten der anderen Gruppen.
Quellen
1. Prof. Dr. Andreas Pfützner, Mainz, Dr. Andreas Liebl, Bad Heilbrunn, Priv.-Doz. Thomas Kunt, Berlin, Dr. Klaus-Peter Ratzmann, Erkner. Satellitensymposium: Die 4T-Studie: Insulintherapien in der Arena „Hart aber fair“, veranstaltet von der NovoNordisk Pharma GmbH im Rahmen der 45. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, Stuttgart, 12. Mai 2010.
2. Holman RR et al. Three-year efficacy of complex insulin regimens in type 2 diabetes. N Engl J Med 2009;361:1736–47.
Arzneimitteltherapie 2010; 28(12)