Hepatitis-C-Infektion

Behandlungserfolge auch ohne Interferon


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Bei Patienten mit einer chronischen Hepatitis-C-Infektion konnte durch eine Behandlung mit zwei neuen, oral verfügbaren Wirkstoffen – einem Polymerase- und einem Protease-Inhibitor – die Viruslast deutlich, teilweise sogar unter die Nachweisgrenze gesenkt werden.

Die Zahl der Hepatitis-C-Virusinfektionen steigt weltweit rapide an; mehr als 170000 000 Menschen sind infiziert, etwa ein Fünftel davon wird eine Zirrhose entwickeln. Durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) verursachte Lebererkrankungen sind weltweit gesehen der häufigste Grund für eine Lebertransplantation, und durch HCV hervorgerufene hepatozelluläre Karzinome gehen mit den am schnellsten wachsenden krebsbezogenen Sterblichkeitsraten in den Industrieländern einher. Als Standardmedikation zur Behandlung der HCV-Infektion gilt derzeit eine Kombination aus subkutan verabreichtem pegyliertem Interferon (PegIntron®, Pegasys®) und oralem Ribavirin (z.B. Rebetol®, Copegus®).

In den letzten Jahren wurden viele, über verschiedene Zielstrukturen direkt auf das Virus wirkende antivirale Substanzen entwickelt. In Studien verbesserten HCV-Protease-Inhibitoren in Kombination mit der Standardtherapie sowohl bei vorbehandelten als auch bei nicht vorbehandelten Patienten die Behandlungsergebnisse. Allerdings werden die Vorteile, die die zusätzliche Gabe einer direkt wirkenden antiviralen Substanz hat, durch die mit der Interferon-Therapie einhergehenden Nachteile bezüglich Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit limitiert.

Eine orale, Interferon-freie, direkt wirkende antivirale Wirkstoffkombination könnte die Behandlung der HCV-Infektion möglicherweise verändern und voranbringen. Vorbild ist das aktuelle Vorgehen in der Therapie der HIV-Infektion, wobei viele direkt wirkende antivirale Wirkstoffe, die an verschiedenen Stellen der Virusreplikation angreifen, kombiniert werden. Somit werden die Virussuppression verstärkt und das Auftreten von Resistenzentwicklungen verhindert oder zumindest verzögert.

RG7128 ist ein Nucleosid-Polymerase-Inhibitor. Bei Danoprevir (RG7227) handelt es sich um einen makrozyklischen Inhibitor der HCV-NS3/4A-Protease, eines Enzyms, das für die Virusreplikation benötigt wird. Beide Substanzen zeigen sowohl in vitro als auch in vivo eine Aktivität gegen HCV und befinden sich derzeit in Phase II der Entwicklung.

Studienziel und -design

Ziel der vorliegenden INFORM-1-Studie (Interferon-free regimen for the management of HCV) war es, Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit einer oral verabreichten Kombination von RG7128 und Danoprevir zu untersuchen. Für die randomisierte, doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Dosisfindungsstudie wurden Patienten an sechs klinischen Zentren in Australien und Neuseeland rekrutiert. Insgesamt wurden 88 Patienten zwischen 18 und 65 Jahren, die alle mit dem HCV-Genotyp 1 infiziert waren und eine HCV-RNS-Konzentration von mindestens 105 I.U./ml aufwiesen, nacheinander einer von sieben Behandlungskohorten (A–G) und hier randomisiert entweder der aktiven Therapie oder Plazebo zugeteilt. Einen Überblick über die Kohorten und die zugehörigen Therapieregime gibt Tabelle 1.

Tab. 1. Kohorten und Therapieregime in der INFORM-1-Studie

Kohorte

Patienten

Therapieregime*

A1

Behandlungsnaive Patienten, n=9

500 mg RG7128 zweimal täglich Tag 1–7 plus
100 mg Danoprevir alle acht Stunden Tag 4–7

A2

Behandlungsnaive Patienten, n=8

500 mg RG7128 zweimal täglich Tag 4–7 plus
100 mg Danoprevir alle acht Stunden Tag 1–7

B

Behandlungsnaive Patienten, n=8

500 mg RG7128 zweimal täglich plus
100 mg Danoprevir alle acht Stunden Tag 1–13

C1

Behandlungsnaive Patienten, n=8

500 mg RG7128 zweimal täglich plus
200 mg Danoprevir alle acht Stunden Tag 1–13

C2

Behandlungsnaive Patienten, n=8

1000 mg RG7128 zweimal täglich plus
100 mg Danoprevir alle acht Stunden Tag 1–13

D

Behandlungsnaive Patienten, n=9

1000 mg RG7128 zweimal täglich plus
200 mg Danoprevir alle acht Stunden Tag 1–13

E

Patienten mit partiellem Ansprechen oder Rückfall, n=8

1000 mg RG7128 zweimal täglich plus
600 mg Danoprevir zweimal täglich Tag 1–13

F

Non-Responder,

n=8

1000 mg RG7128 zweimal täglich plus
900 mg Danoprevir zweimal täglich Tag 1–13

G

Behandlungsnaive Patienten, n=8

1000 mg RG7128 zweimal täglich plus
900 mg Danoprevir zweimal täglich Tag 1–13

Plazebo

Behandlungsnaive Patienten, n=14

Plazebo-RG7128 plus Plazebo-Danoprevir Tag 1–13

*Alle Patienten wurden im Anschluss bis Woche 48 mit pegyliertem Interferon alfa-2a und Ribavirin weiterbehandelt

Die Dosisfindung wurde mit nicht vorbehandelten Patienten gestartet. Vorbehandelte Patienten und solche, die auf die Standardtherapie nicht angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten hatten, wurden in die höher dosierten Danoprevir-Gruppen aufgenommen.

Für Patienten, Forscher und Personal in den Studienzentren war die Zuordnung zu den Therapieregimen (Verum/Plazebo) verblindet, nicht aber für den Pharmazeuten, der die Medikation in den jeweiligen Dosierungen herstellte, die Statistiker sowie die klinischen Pharmakologen, die die Daten auswerteten, bevor die Behandlung in der nächsten Kohorte begonnen wurde.

Primärer Studienendpunkt war die Veränderung der HCV-RNS-Konzentration von Studienbeginn bis zum Tag 14 bei denjenigen Patienten, die 13 Tage lang mit der Kombination behandelt worden waren.

Ergebnisse

Von den 74 Patienten in den Verumgruppen erhielten 73 mindestens eine Dosis, von den 14 Patienten in der Plazebo-Gruppe erhielten alle mindestens eine Dosis.

Die Viruslast nahm in den Kohorten, die 13 Tage lang mit RG7128 und Danoprevir behandelt wurden, von Studienbeginn bis zum Tag 14 durchschnittlich um 3,7 bis 5,2 log10 I.U./ml ab. Bei nicht vorbehandelten Patienten wurde mit der höchsten getesteten Dosierung (Kohorte G: 1000 mg RG7128 und 900 mg Danoprevir zweimal täglich) in diesem Zeitraum eine Reduktion der HCV-RNS-Konzentration um durchschnittlich 5,1 log10 I.U./ml (interquartiler Bereich [IQR] –5,6 bis –4,7) erzielt. Auch bei den Patienten, die auf die herkömmliche Standardtherapie nicht angesprochen bzw. die darunter einen Rückfall erlitten hatten (Kohorte F), nahm die Viruslast durchschnittlich um 4,9 log10 I.U./ml (IQR –5,2 bis –4,5) ab. Bei fünf der acht Patienten in Kohorte G und bei zwei der acht Patienten in Kohorte F sank die Viruskonzentration sogar unter die Nachweisgrenze (<15 I.U./ml). In der Plazebo-Gruppe hingegen stieg die HCV-RNS-Konzentration leicht um 0,1 log10 I.U./ml.

Die Kombination aus RG7128 und Danoprevir war gut verträglich. Schwere Nebenwirkungen, eine aus Sicherheitsgründen abgebrochene Medikation oder Resistenzentwicklungen wurden nicht beobachtet.

Fazit

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie, die mit einer oral verabreichten Kombination aus dem Polymerase-Inhibitor RG7128 und dem Protease-Inhibitor Danoprevir erzielt wurden, lassen hoffen, dass eine wirksame Therapie einer HCV-Infektion auch ohne Interferon erfolgen kann. Für eine abschließende Bewertung sind jedoch noch weitere Studien erforderlich. Darin sollte beispielsweise untersucht werden, wie es um die Wirksamkeit und Sicherheit der oralen Kombination über einen längeren Zeitraum bestellt ist.

Quelle

Gane EJ. Oral combination therapy with a nucleoside polymerase inhibitor (RG7128) and danoprevir for chronic hepatitis C genotype 1 infection (INFORM-1): a randomised, double blind, placebo-controlled, dose-escalation trial. Lancet 2010;376:1467–75.

Arzneimitteltherapie 2011; 29(06)