Bettina Christine Martini, Legau
Wichtige Mitteilungen von EMA und CHMP
Zulassungsempfehlung für Belimumab (Benlysta, Glaxo Group): Der monoklonale Antikörper soll als Add-on-Therapie bei Erwachsenen mit aktivem Autoantikörper-positivem systemischem Lupus erythematodes mit hoher Erkrankungsaktivität eingesetzt werden. Belimumab hemmt die Bindung von löslichem humanem B-Lymphozyten-Stimulatorprotein (BLyS) an seinen Rezeptor auf B-Zellen. So wird die Differenzierung von B-Zellen in Immunglobulin-produzierende Plasmazellen reduziert.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Zulassungsempfehlung für Boceprevir (Victrelis, MSD): Boceprevir ist ein neues Virustatikum zur Behandlung der chronischen Hepatitis C. Der Proteasehemmer unterbindet direkt die Replikation der Viren. In Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin soll es bei erwachsenen Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Genotyp-1-Infektion und kompensierter Lebererkrankung eingesetzt werden, die bislang nicht behandelt wurden oder die auf eine bisherige Therapie nicht ansprachen. Mit Boceprevir in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin ist bei mehr Patienten eine dauerhafte Eradikation des Virus möglich als bisher. Von Vorteil ist auch, dass eine Behandlungsdauer von 24 Wochen ausreichend zu sein scheint.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Zulassungsempfehlung für Ipilimumab (Yervoy, Bristol-Myers Squibb): Der monoklonale Antikörper soll zur Behandlung des irresektablen oder metastasierten Melanoms bei vorbehandelten Erwachsenen eingesetzt werden. Ipilimumab verhindert die Bindung von CTLA-4 (zytotoxischem T-Lymphozyten-assoziiertem Antigen 4) an den CTLA-4-Rezeptor auf der Oberfläche von T-Zellen. Da CTLA-4 normalerweise die Aktivierung der T-Zellen verhindert, führt die Blockade indirekt zu einer Verstärkung der körpereigenen Abwehr. Aufgrund potenziell schwerwiegender Nebenwirkungen darf die Behandlung nur von Ärzten mit Erfahrung in der Krebstherapie durchgeführt werden.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Zulassungsempfehlung für Telavancin (Vibativ, Astellas Pharma): Telavancin soll bei nosokomialer Pneumonie, die nachweislich oder wahrscheinlich durch Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA) verursacht ist, eingesetzt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Das Glykopeptidantibiotikum hemmt die Zellwandsynthese und erhöht die Membranpermeabilität der Bakterien, wodurch Protein-, RNS- und Lipidsynthese gehemmt werden.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Bedingte Zulassungsempfehlung für Fampridin (Fampyra, Biogen): Nachdem das CHMP im Januar 2011 zunächst eine negative Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für Fampridin abgegeben hatte, wurde nun die bedingte Zulassung von Fampridin bei Patienten mit multipler Sklerose zur Verbesserung der Gehfähigkeiten empfohlen. Bedingte Zulassung heißt, dass weitere Studien durchgeführt werden müssen. Im Fall von Fampridin sollen Langzeitstudien zur Sicherheit und Wirksamkeit innerhalb eines Jahres folgen, außerdem soll evaluiert werden, ob zu einem frühen Zeitpunkt festgestellt werden kann, welche Patienten gut oder weniger gut auf die Therapie ansprechen.
Der Wirkungsmechanismus des neuronalen Kaliumkanalhemmers beruht auf einer Verbesserung der Signalleitung in den geschädigten Nervenbahnen bei Patienten mit multipler Sklerose.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Zulassungserweiterung für Denosumab (Xgeva, Amgen) empfohlen: Der gegen RANKL (Receptor activator of nuclear factor kappa-B-ligand) gerichtete monoklonale Antikörper soll nun auch bei erwachsenen Tumorpatienten mit Knochenmetastasen eingesetzt werden, um skelettale Ereignisse zu verhindern.
Bisher ist Denosumab (als Prolia) bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko sowie bei Männern mit Prostatakarzinom, deren Knochendichte therapiebedingt verringert ist, zugelassen.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Zulassungserweiterung von Tocilizumab (RoActemra, Roche): Der Interleukin-6-Rezeptorantagonist ist nun auch zur Behandlung von Kindern ab zwei Jahren mit systemischer juveniler Arthritis zugelassen.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Zwischenbericht zur Überprüfung von Buflomedil (z. B. Defluina): Das zur Verlängerung der Gehstrecke bei Patienten mit chronischer peripherer arterieller Verschlusskrankheit eingesetzte durchblutungsfördernde Mittel wird seit Februar vom CHMP überprüft, nachdem die französische Behörde eine erhöhte kardiale und neuronale Toxizität, insbesondere nach gewollter oder versehentlicher Überdosierung, gemeldet hatte. Die Verordnung oraler Zubereitungen soll nun eingestellt werden, parenteral applizierbare Lösungen werden weiter überprüft.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Abschluss der Überprüfung von Celecoxib (Onsenal, Pfizer) bei familiärer adenomatöser Polyposis (FAP): Nachdem der Hersteller Celecoxib in der Indikation FAP bereits im April 2011 freiwillig vom Markt genommen hatte, liegt nun die erwartete negative Beurteilung zu Celecoxib bei FAP vor, weil die geforderten Wirksamkeitsnachweise nicht erbracht werden konnten. Celecoxib-haltige Produkte mit Zulassung zur Behandlung anderer Indikationen sind davon nicht betroffen.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Überprüfung von Cilostazol (z. B. Pletal): Der zur Verbesserung der Gehstrecke bei Patienten mit Claudicatio intermittens eingesetzte Wirkstoff wird einer Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses unterzogen. Initiiert wurde die Überprüfung von den spanischen Zulassungsbehörden, weil die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt sei und ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und hämorrhagische unerwünschte Wirkungen beobachtet wurde.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Überprüfung von Trimetazidin (z. B. Vastarel, Idaptan, Imovexil) in allen Indikationen: Eingesetzt wird Trimetazidin zur Prophylaxe von Angina pectoris, additiv bei Schwindel und Tinnitus sowie bei akuten Sehstörungen. Initiiert wurde die Überprüfung von der französischen Zulassungsbehörde, weil Hinweise vorliegen, dass schwere Nebenwirkungen, insbesondere das Auftreten und eine Verschlechterung der Parkinson-Krankheit, einer möglicherweise nicht ausreichend belegten Wirksamkeit gegenüberstehen.
Mitteilung der EMA vom 20.05.2011
Wichtige Mitteilungen der FDA
Zulassung für Boceprevir (Victrelis, Merck): Wie in Europa wurde der orale Proteasehemmer Boceprevir auch in den USA zugelassen. Das neue Virustatikum wird in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei Hepatitis C eingesetzt, vorausgesetzt ein Teil der Leberfunktion ist erhalten und es ist bislang keine Hepatitis-Therapie mit anderen Arzneimitteln erfolgt. In den klinischen Studien wurde häufiger ein dauerhaftes virologisches Ansprechen erzielt als mit Peginterferon alfa plus Ribavirin.
Mitteilung der FDA vom 13.05.2011
Zulassung für Linagliptin (Tradjenta, Boehringer Ingelheim): Linagliptin wird zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei Diabetes mellitus Typ 2 in Kombination mit einer Diät und körperlicher Bewegung eingesetzt. Die Wirkung beruht auf einer Hemmung des Enzyms Dipeptidylpeptidase (DPP) 4.
Mitteilung der FDA vom 02.05.2011
Zulassung für Rilpivirin (Edurant, Tibotec): Der nichtnucleosidische Reverse-Transcriptase-Hemmer (NNRTI) wird im Rahmen einer hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) eingesetzt, um die Viruskonzentration einzudämmen. In den klinischen Studien wurden Rilpivirin und Efavirenz in Kombination mit weiteren antiretroviralen Substanzen verglichen. Rilpivirin senkte die Virusmenge vergleichbar gut wie Efavirenz, wobei Patienten mit hoher Viruskonzentration zu Beginn auf die Rilpivirin-Therapie schlechter ansprachen als Patienten mit niedriger Virusmenge. Mehr Patienten entwickelten eine Resistenz auf Rilpivirin als auf Efavirenz.
Mitteilung der FDA vom 20.05.2011
Zulassung für Telaprevir (Incivek, Merck): Telaprevir ist wie Boceprevir ein neues Virustatikum zur Behandlung der chronischen Hepatitis C. Beide hemmen eine Protease, die das Virus zur Replikation benötigt. Eingesetzt wird Telaprevir ebenfalls in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei Patienten, die entweder noch keine Interferon-basierte Therapie erhalten haben oder bei denen kein ausreichender Behandlungserfolg erzielt wurde.
In den klinischen Studien wurde häufiger ein dauerhaftes virologisches Ansprechen erzielt als mit dem bisherigen Standard Peginterferon alfa plus Ribavirin.
Mitteilung der FDA vom 23.05.2011
Zulassungserweiterung für Everolimus (Afinitor, Novartis): Der mTOR-Inhibitor Everolimus kann nun auch zur Behandlung von Patienten mit progressiven neuroendokrinen Tumoren des Pankreas (pNET) eingesetzt werden, wenn eine operative Entfernung nicht möglich ist oder bereits Metastasen vorliegen. Bisher zugelassen war Everolimus bei Nierenzellkarzinom und subependymalem Riesenzellastrozytom. Unter dem Handelsnamen Zortress ist Everolimus außerdem zur Vermeidung von Abstoßungsreaktionen nach einer Nierentransplantation indiziert.
Mitteilung der FDA vom 06.05.2011
Zulassungserweiterung für Sunitinib (Sutent, Pfizer): Nach Everolimus wurde auch der Tyrosinkinasehemmer bei progressiven neuroendokrinen Tumoren des Pankreas (pNET) zugelassen. Bisher wird Sunitinib bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) und bei fortgeschrittenen oder metastasierten Nierenzellkarzinomen angewendet.
Mitteilung der FDA vom 20.05.2011
Einschränkung der Verordnung von Rosiglitazon (z. B. Avandia, Avandamet, Avandaryl): Seit September 2010 ist in den USA die Verordnung des oralen Antidiabetikums nur im Rahmen eines Programms zur Risikoevaluierung möglich. Nun wird die Verordnung weiter beschränkt auf Patienten, die bereits erfolgreich mit Rosiglitazon behandelt werden, und auf Patienten, deren Blutzuckerkontrolle mit anderen Antidiabetika nicht gelingt, die aber eine Behandlung mit Pioglitazon ablehnen.
Mitteilung der FDA vom 18.05.2011
Wichtige Mitteilungen der AkdÄ
Rote-Hand-Brief wegen potenziellen Risikos für Pankreaskarzinom unter Exenatid (Byetta, Lilly): Exenatid gehört zur Gruppe der Inkretinmimetika und ist in Kombination mit Metformin, Sulfonylharnstoffen oder einem Glitazon zur Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen. Zu den unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Exenatid gehört neben gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auch ein (häufig erwünschter) Gewichtsverlust. Im Jahr 2008 hat die AkdÄ auf Fälle von Pankreatitiden im Zusammenhang mit der Anwendung von Exenatid aufmerksam gemacht.
Inzwischen wurden zwei Fälle gemeldet, bei denen ein Pankreaskarzinom diagnostiziert wurde. Insgesamt finden sich im deutschen Spontanmeldesystem elf Meldungen von Pankreaskarzinomen im Zusammenhang mit der Gabe von Exenatid. Ob tatsächlich ein erhöhtes Risiko für Pankreaskarzinome besteht, muss durch weitere Studien abgeklärt werden. Ein Anlass zur Änderung der Indikationsstellung von Exenatid ergibt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Jedoch sollten Patienten in angemessener Weise über offene Fragen zum Sicherheitsprofil aufgeklärt und mögliche Risiken gegenüber den vorhandenen Effekten sorgfältig abgewogen werden. Kommt es unter der Behandlung zu einem auffällig hohen Gewichtsverlust, sollte sorgfältig nach tumorassoziierten Symptomen, wie Nachtschweiß, Abgeschlagenheit oder Leistungsknick, gefragt und die Indikation zur weiteren Diagnostik großzügig gestellt werden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit bekannten Risikofaktoren für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms.
Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 155 vom 13.05.2011
Rote-Hand-Brief wegen potenziellen Risikos für Keratitis und ulzerative Keratitis unter Panitumumab (Vectibix, Amgen): Der gegen den humanen EGF(Epidermal growth factor)-Rezeptor gerichtete monoklonale Antikörper ist bei kolorektalem Karzinom zugelassen, wenn andere Therapien bereits versagt haben.
Nach der Zulassung wurde über seltene Fälle von schwerwiegender Keratitis und ulzerativer Keratitis unter Panitumumab berichtet. Beides kann zu einer dauerhaften Schädigung des Sehvermögens führen. Die ulzerative Keratitis ist ein augenärztlicher Notfall.
Patienten, die unter einer Behandlung mit Panitumumab eine Entzündung des Auges, verstärkte Tränensekretion, Lichtempfindlichkeit, verschwommenes Sehen, Schmerzen im Auge oder ein gerötetes Auge entwickeln, sollten umgehend an einen Augenarzt überwiesen werden.
Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 156 vom 16.05.2011
In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:
Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products).
FDA www.fda.gov
Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.
BfArM www.bfarm.de
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u. a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.
AkdÄ www.akdae.de
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z. B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe)
Arzneimitteltherapie 2011; 29(07)