Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Ärztliche Behandlungsfehler, Abrechnungsbetrug, hygienische Mängel – solche Klinikskandale finden immer ein großes mediales Interesse. Kurzum, wenn etwas schiefläuft, verlangt die Öffentlichkeit entsprechende Informationen. In solchen Situationen ist eine professionelle Krisenkommunikation des betroffenen Klinikums erforderlich, damit aus dem Vorfall kein Super-GAU mit entsprechendem Imageschaden wird; eine falsche oder ungeschickte Kommunikation führt schnell zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit nach innen und außen.
Die „Hebel“ der Medien
Bei der medialen Inszenierung eines Skandals bedienen sich die Medien unterschiedlicher Strategien. Dabei geht es Journalisten auch darum, das Problem für die Öffentlichkeit verständlich zu machen. Gleichzeitig sollen aber auch Emotionen geweckt werden. Gelegen kommt ihnen, wenn eine der involvierten Personen einen „Promi-Faktor“ genießt. Auch der Bekanntheitsgrad einer Klinik bzw. der beteiligten Ärzte dürfte für das mediale Interesse von Bedeutung sein. Aber auch der Goliath-Effekt des „Gegners“ kann den journalistischen Eifer durchaus provozieren.
Wichtig ist eine sorgfältige Vorbereitung
Im Allgemeinen erhalten Kliniken in solchen Krisensituationen die Chance, ihren Standpunkt zu vertreten, und zwar mit dem Ziel, auch Akzeptanz zu finden. Für ein professionelles Handeln im Krisenfall ist eine sorgfältige Vorbereitung entscheidend. Aufgrund ihrer Exponiertheit sollte sich jede Klinik bewusst sein, in welchen Bereichen ein mögliches Krisenpotenzial schlummert. Dazu gehören mögliche Altlasten, Personalprobleme und -veränderungen, Qualitäts- und Hygienemängel, technische Schwierigkeiten, mögliche wirtschaftliche Faktoren und dadurch bedingte Probleme oder ungenau definierte interne Abläufe. Da sich solche Angelegenheiten im Negativfall rasch zu einem Krisenthema für die Medien ausweiten können, ist es der erste wichtige Schritt zur erfolgreichen Bewältigung einer Krise, sich solche Risiken bewusst zu machen.
In einem zweiten Schritt sollte die Infrastruktur für eine professionelle Krisenkommunikation aufgebaut werden. Dazu müssen Aufgaben und Rollen im Krisenfall genau festgelegt und die Kommunikationsverantwortlichen trainiert werden. Es sollten Sprachregelungen für verschiedene Krisenszenarien erarbeitet und die Zusammenarbeit des Krisenteams getestet werden. Sehr sinnvoll ist es, Sprachregelungen, Ablaufpläne und Richtlinien schriftlich festzuhalten.
In der Krise professionell agieren
Bei einem gravierenden Vorfall in einer Klinik melden sich die Medien meist unverzüglich nach Bekanntwerden des Vorfalls. Da die ersten zwölf Stunden der Krisenkommunikation über den Verlauf der Berichterstattung entscheiden, bleibt wenig Zeit. Entsprechend hilfreich ist die professionelle Vorbereitung. Nun gilt der Grundsatz: Energisch, aber besonnen handeln! Man sollte grundsätzlich nicht lügen und nichts vertuschen. Auch das „scheibchenweise“ Offenlegen der Vorkommnisse ist nicht sinnvoll, sondern provoziert nur eine mediale Hatz.
Grundsätzlich gilt es, in Krisensituationen folgende Tipps zu beherzigen:
- Kommunizieren Sie regelmäßig nach innen und außen und berücksichtigen Sie dabei die relevanten Zielgruppen
- Handeln Sie rasch
- Kommunizieren Sie zentral und nutzen Sie definierte Strukturen
- Geben Sie keine internen Informationen weiter
- Kommunizieren Sie nur Fakten, spekulieren Sie nicht
- Seien Sie aufrichtig und informieren Sie vollständig
- Bewahren Sie Ruhe und zeigen Sie Anteilnahme
- Geben Sie Fehler zu und zeigen Sie Lösungen auf
Keinesfalls sollte man in einer Krise auf Tauchstation gehen, sondern regelmäßig, offen und aufrichtig kommunizieren. Ansonsten übernehmen Andere die Initiative und dies sind in der Regel die Medien. Folgende Informationen sind unverzichtbar:
- Was ist wann passiert?
- Warum ist es passiert?
- Wer/was ist dafür verantwortlich?
- Wer/was ist davon betroffen?
- Was wird nun getan, um die Krise zu beheben?
- Was wird künftig getan, damit es nicht wieder passiert?
- Wie wird von der Klinik Verantwortung übernommen?
- Wie wird weiter informiert?
Ein Beispiel für professionelles Krisenmanagement
Der Umgang mit den Ereignissen am Mainzer Uniklinikum vor einigen Monaten (drei Babys verstarben, nachdem ihnen eine verunreinigte Nährlösung infundiert worden war; die Keime konnten in die Lösung gelangen, weil die eigentlich als bruchsicher geltende Flasche vermutlich auf dem Transportweg zwischen Hersteller und Klinikapotheke beschädigt worden war) ist ein Beispiel für eine professionelle und somit auch gelungene Kommunikation. In den Medien war täglich die Bereitschaft der Klinikleitung erkennbar, den belastenden Vorfall zu kommunizieren, die aktuelle Situation zu beschreiben und die Aufklärung der Ursachen voranzutreiben. Dazu gehörte auch, eigenes Fehlverhalten solange nicht auszuschließen, bis nachgewiesen war, dass die Ursache außerhalb der Klinik lag. Am Ende ist es dem Mainzer Uniklinikum durch diese Kommunikationspolitik gelungen, glaubwürdig zu bleiben und sogar gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Zwar kann durch professionelle Kommunikation eine Krise nicht verhindert werden, jedoch kann ein Klinikum durch professionellen Umgang mit der Situation möglicherweise seinen guten Ruf wahren.
Quelle
Alexander Fink, CEO K Comms GmbH, München; „Wenn Kliniken in die Schlagzeilen geraten – Krisenkommunikation für Kliniken“ veranstaltet von Linde AG im Rahmen der 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin, Hamburg, 14. Mai 2011.
Arzneimitteltherapie 2011; 29(07)