Dr. Claudia Heß, Mainz
Kardiovaskuläre Ereignisse und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sind in Deutschland nach wie vor für rund 40 % aller Todesfälle verantwortlich. Zur Sekundärprävention erneuter kardiovaskulärer Ereignisse werden bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom unter anderem Lipidsenker eingesetzt, allen voran Wirkstoffe aus der Gruppe der CSE-Hemmer („Statine“). Diese senken zwar den Gesamtcholesterolspiegel sowie die LDL-Cholesterolwerte und haben darüber hinaus weitere positive Wirkungen auf das kardiovaskuläre Risiko, aber das verbleibende Risiko ist weiterhin erheblich [1, 2].
Low-Density-Lipoproteine (LDL) transportieren Cholesterol überwiegend über die Blutbahn in die Peripherie und nur zu einem geringen Teil zurück in die Leber. Im Unterschied dazu transportieren High-Density-Lipoproteine (HDL) große Mengen an Cholesterol aus Körperzellen zurück zur Leber, von der es über die Gallenwege ausgeschieden werden kann. Eine inverse Korrelation zwischen den HDL-Cholesterolwerten und dem Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen wurde bereits durch mehrere epidemiologische Studien belegt [3]. Eine Anhebung des HDL-Cholesterolspiegels scheint daher ein Ansatz für eine Senkung des kardiovaskulären Risikos zu sein.
Erhöhung der HDL-Spiegel
Das Cholesterolester-Transferprotein (CETP) überträgt Cholesterol von HDL- auf LDL-Partikel. Durch die Aktivität dieses Enzyms verbleibt Cholesterol also eher in der Peripherie und wird weniger zur Leber zurücktransportiert. Da sich Cholesterol in der Peripherie unter anderem in Gefäßwänden ablagern kann, trägt das Cholesterolester-Transferprotein zur Entstehung einer Atherosklerose bei. Eine Hemmung dieses Enzyms könnte demnach eine antiatherogene Wirkung haben und zu einer Erhöhung der HDL-Cholesterolspiegel führen.
Daneben hat das Cholesterolester-Transferprotein weitere Funktionen: Es überträgt Triglyceride von verschiedenen anderen Lipoproteinen auf HDL und ist am Lipidtransfer innerhalb verschiedener HDL-Fraktionen beteiligt. Weiterhin trägt es zur Entstehung von Prä-β-HDL-Partikeln bei, die den Abtransport von Cholesterol aus damit beladenen Makrophagen in der Gefäßwand fördern.
Der selektive CETP-Hemmer Dalcetrapib (Abb. 1) scheint nach den bisherigen Untersuchungen nur die Übertragung von Cholesterol von HDL- auf LDL-Partikel zu hemmen, während die anderen Funktionen des CETP wahrscheinlich nicht beeinflusst werden. Ob der Wirkstoff das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder kürzlich aufgetretenem akutem Koronarsyndrom ergänzend zu einer Standardtherapie weiter senken kann, wird derzeit untersucht. Erste Ergebnisse von Phase-III-Studien werden 2013 erwartet [1, 3, 4].

Abb. 1. Dalcetrapib
Sekundärprävention bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2
Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöht. Wenn bei diesen Patienten bereits ein akutes Koronarsyndrom eingetreten ist, ist das Risiko für ein kardiovaskuläres Folgeereignis zusätzlich erhöht. Rund drei Viertel aller Diabetiker versterben schließlich an den Folgen von Herzerkrankungen.
Die Thiazolidindione (Glitazone, Insulinsensitizer) sind seit über 10 Jahren verfügbar. Glitazone wirken als Agonisten am Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptor gamma (PPAR-γ). Sie verringern die Insulinresistenz und wirken dadurch antidiabetisch. Einen Nutzen von einer Therapie mit einem Glitazon haben vor allem Patienten mit metabolischem Syndrom, denn Pioglitazon kann neben dem Blutzucker auch die Blutfettwerte senken. Allerdings kann es unter der Therapie mit einem Glitazon zu Wassereinlagerungen im Gewebe und einer vermehrten Bildung von Unterhautfettgewebe kommen [1, 6, 7].
Eine Weiterentwicklung der Glitazone sind die Glitazare: Sie wirken als duale PPAR-α/γ-Agonisten und könnten die Vorteile der Glitazone mit denen der Fibrate, die als Agonisten am PPAR-α-Rezeptor wirken, kombinieren. Fibrate wie Bezafibrat (z.B. Bezafibrat Stada®) oder Fenofibrat (z.B. Lipidil®) werden bei Fettstoffwechselstörungen eingesetzt. Sie senken die Triglyzerid-, Gesamtcholesterol- und LDL-Spiegel und können die HDL-Cholesterolwerte erhöhen. Glucose- und Fettstoffwechselstörungen mit einem einzigen Wirkstoff behandeln zu können, ist ein vielversprechender Ansatz, da Typ-2-Diabetiker häufig auch erhöhte Blutfettwerte haben.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit des dualen PPAR-α/γ-Agonisten Aleglitazar (Abb. 2) bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und kürzlich erlittenem akutem Koronarsyndrom wird derzeit in Phase-III-Studien untersucht [1, 5].

Abb. 2. Aleglitazar
Fazit
Kardiovaskuläre Erkrankungen stehen in Deutschland nach wie vor an der Spitze der Todesursachen. Parallel dazu steigt die Anzahl der Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 immer weiter. Der Lebensstil in Industrieländern begünstigt diese Entwicklungen und es scheint kein Ende in Sicht.
Die Wirkstoffe Dalcetrapib und Aleglitazar sind zwei neue Therapieansätze. Erste Ergebnisse aus den Phase-III-Studien werden in den nächsten Jahren erwartet.
Quellen
1. Prof. Dr. Ulrich Laufs, Homburg, Prof. Dr. Andreas Pfützner, Mainz. Presse-Workshop „Kardiovaskuläres Risikomanagement: Innovative Therapieoptionen in der Sekundärprävention“. Frankfurt/M., 3. März 2011, veranstaltet von Roche Pharma AG.
2. Libby P. The forgotten majority: unfinished business in cardiovascular risk reduction. Am Coll Cardiol 2005;46:1225–8.
3. Barter P, et al. HDL cholesterol, very low levels of LDL cholesterol, and cardiovascular events. N Engl J Med 2007;357:1301–10.
4. Chapman MJ, et al. Cholesteryl ester transfer protein: at the heart of the action of lipid-modulating therapy with statins, fibrates, niacin, and cholesteryl ester transfer protein inhibitors. Eur Heart J 2010;31:149–64.
5. www.ClinicalTrials.gov (Zugriff am 7.9.2011).
6. Yusuf S, et al. Effect of potentially modifiable risk factors associated with myocardial infarction in 52 countries (the INTERHEART study): case-control study. Lancet 2004;364:937–52.
7. Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2011. Berlin, 2011 (http://profi.diabetesde.org/gesundheitsbericht/2011/; Zugriff am 7.9.2011).
Arzneimitteltherapie 2011; 29(10)