Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Die arterielle Hypertonie ist der wichtigste Risikofaktor für zerebrale Ischämien und Blutungen. Bei der medikamentösen Behandlung der arteriellen Hypertonie spielen Nebenwirkungen der einzelnen Substanzklassen eine wichtige Rolle. Sie bestimmen unter anderem, wie regelmäßig Patienten Antihypertensiva einnehmen und wie häufig sie die Einnahme abbrechen. Durch eine unzureichende Adhärenz erklärt sich auch, warum weiterhin bei einem erheblichen Prozentsatz von Patienten mit arterieller Hypertonie eine Senkung des Blutdrucks unter 140/90 mmHg nicht gelingt.
Studiendesign und -ergebnisse
In der vorliegenden Metaanalyse wurden 17 randomisierte Studien zur Behandlung der arteriellen Hypertonie mit insgesamt 935920 Patienten berücksichtigt. Die Adhärenz wurde in diesen Studien anhand von Daten von Krankenversicherungen und Apotheken beurteilt, aus denen hervorging, ob die Patienten ihre antihypertensive Medikation regelmäßig einnahmen. Verglichen wurden Diuretika, Betablocker, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten („Sartane“). Das mittlere Alter der Patienten betrug 61,7 Jahre, 53% der Patienten waren Frauen.
Während Betablocker im Mittel lediglich von 28% der Patienten regelmäßig eingenommen wurden, erfolgte die Einnahme von Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten bei durchschnittlich 65% der Patienten regelmäßig. Die Therapietreue war bei einer Behandlung mit Angiotensin-II-Rezeptorblockern höher als bei ACE-Hemmern (Hazard-Ratio [HR] 1,33; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,13–1,57), Calciumantagonisten (HR 1,57; 95%-KI 1,38–1,79), Diuretika (HR 1,95; 95%-KI 1,73–2,20) und Betablockern (HR 2,09; 95%-KI 1,14–3,85). Nach „Herausrechnen“ des Einflusses von Abweichungen in den Studiendesigns waren die Unterschiede zwischen Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und ACE-Hemmern sowie zwischen Diuretika und Betablockern nicht mehr statistisch signifikant.
Kommentar
In der Zwischenzeit sind fast alle Antihypertensiva als Generika verfügbar, so dass – mit Ausnahme der Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten – kaum relevante Unterschiede in den Behandlungskosten bestehen. Unter diesen Umständen sollte sich die antihypertensive Therapie unter anderem an der Therapietreue orientieren, die für ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten am höchsten ist. Dies ist relativ einfach dadurch zu erklären, dass diese beiden Medikamentengruppen die wenigsten Nebenwirkungen haben, und sollte bei der Neueinstellung, aber auch bei einer möglichen Therapieumstellung von Patienten mit arterieller Hypertonie berücksichtigt werden.
Quellen
Kronish IM, et al. Meta-analysis: impact of drug class on adherence to antihypertensives. Circulation 2011;123:1611–21.
Arzneimitteltherapie 2011; 29(12)