Bettina Christine Martini, Legau
Bei nahezu allen Patienten mit fatal verlaufendem Prostatakarzinom entstehen Knochenmetastasen. Sie sind eine Hauptursache für die Morbidität und Sterblichkeit dieser Patienten. Ziel antiresorptiver Therapien ist es bisher, durch Knochenmetastasen bedingte Komplikationen zu verhindern oder zu verzögern. Nun wurde ein präventiver Ansatz untersucht, und zwar, ob Denosumab die Zeit bis zum Auftreten von Knochenmetastasen verlängert.
Studiendesign
An der randomisierten, Plazebo-kontrollierten Phase-III-Studie nahmen 1432 Männer mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom teil [1]. Bei ihnen wurden noch keine Knochenmetastasen festgestellt, sie hatten aber ein hohes Risiko für deren Entstehung. Als Indikator für ein hohes Risiko galt ein PSA(Prostata-spezifisches Antigen)-Wert von über 8,0 mg/l und/oder eine PSA-Verdopplungszeit von 10 Monaten oder weniger.
Je 716 Patienten bekamen alle 4 Wochen 120 mg Denosumab oder Plazebo subkutan. Allen Patienten wurde die Einnahme von Calcium (≥500 mg/Tag) und Vitamin D (≥400 I.E/Tag) angeraten.
Primärer Endpunkt war das knochenmetastasenfreie Überleben, also die Zeit bis zur ersten Knochenmetastase oder bis zum Tod.
Ergebnisse
Im Vergleich zu Plazebo verlängerte Denosumab das mediane knochenmetastasenfreie Überleben signifikant um 4,2 Monate (Hazard-Ratio [HR] 0,85; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,73–0,98; p=0,028, Abb. 1). Ebenfalls signifikant verlängert wurde die Zeit bis zum Auftreten der ersten Knochenmetastasen (33,2 vs. 29,5 Monate; HR 0,84; 95%-KI 0,71–0,98; p=0,032). Symptomatische Metastasen traten bei 69 Patienten (10%) im Denosumab-Arm und bei 96 Patienten (13%) im Plazebo-Arm auf (p=0,03). Das Gesamtüberleben war in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar.

Abb. 1. Denosumab (120 mg s.c. alle 4 Wochen) verlängert das knochenmetastasenfreie Überleben gegenüber Plazebo [1] KI: Konfidenzintervall
Unerwünschte Wirkungen, die unter Denosumab signifikant häufiger vorkamen, waren Kieferosteonekrosen und Hypokalzämie (5% vs. 0% bzw. 2% vs. <1%), beides bekannte Nebenwirkungen des Antikörpers.
Diskussion
Die Autoren sehen in dem Studienergebnis eine Bestätigung für das Konzept, die Entstehung von Metastasen durch gezielte Eingriffe in den Knochenstoffwechsel zu verzögern.
Dass eine Verlängerung des Gesamtüberlebens durch Denosumab nicht nachgewiesen wurde, begründen die Autoren mit dem Studiendesign: Patienten, bei denen Knochenmetastasen auftraten, mussten ab diesem Zeitpunkt auf eine gültige Standardtherapie umgestellt werden. 80% der Todesfälle ereigneten sich nach Absetzen der Studienmedikation.
In einem begleitenden Kommentar wird allerdings infrage gestellt, dass Denosumab tatsächlich die Bildung von Metastasen verhindert: Der Kommentator meint, dass dann ein noch größerer Nutzen zu erwarten wäre [2]. Der Zeitraum, um den die Entstehung der Metastasen verzögert wird, entspricht aber (nur) der Zeit, um die das Auftreten von skelettbezogenen Komplikationen bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom verzögert wird [3]. Hierfür nennt der Kommentator drei mögliche Erklärungen:
- Denosumab beeinflusst nur einen von vielen Faktoren, die die Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten regulieren
- Es gibt mehrere Phänotypen von Tumoren, die unterschiedlich auf die Therapie ansprechen, aber bisher noch nicht bekannt sind
- Ein Teil der Patienten hatte bereits zu Studienbeginn Metastasen, die aber noch nicht nachweisbar waren
Um mehr Klarheit über die Zusammenhänge zu bekommen und substanzielle Verbesserungen für die Patienten zu erreichen, sind weitere Forschungsarbeiten über die Mechanismen des Knochenstoffwechsels und der Metastasenbildung vonnöten. Daneben muss nach Markern zum Nachweis subklinischer Metastasen gesucht werden. Schließlich sollten weitere Studien zum Einsatz von Denosumab zur Prävention von Knochenmetastasen durchgeführt werden.
Quellen
1. Smith MR, et al. Denosumab and bone-metastasis-free survival in men with castration-resistant prostate cancer: results of a phase 3, randomized, placebo-controlled trial. Lancet 2012;379:39–46.
2. Logothetis C. Treatment of prostate cancer metastases: more than semantics. Lancet 2012;379:4–6.
3. Fizazi K, et al. Denosumab versus zoledronic acid for treatment of bone metastases in men with castration-resistent prostate cancer: a randomized, double-blind study. Lancet 2011;377:813–22.
Arzneimitteltherapie 2012; 30(03)