Dr. med. Dr. med. vet. Tanja Neuvians, Ladenburg
Uterusmyome sind gutartige, hormonabhängige Tumoren, die von der glatten Muskulatur der Gebärmutter ausgehen und bei etwa 20 bis 40% der Frauen im gebärfähigen Alter auftreten. Die häufigsten Symptome sind verlängerte und verstärkte Blutungen und dadurch bedingte Eisenmangelanämien sowie Schmerzen. Die Therapie erfolgt überwiegend chirurgisch. In Abhängigkeit von Lokalisation und Größe des Befunds, Symptomatik und möglicherweise bestehendem Kinderwunsch kommen eine Myomenukleation oder eine Hysterektomie infrage – Uterusmyome sind die häufigste Ursache für Hysterektomien. Ein noch relativ neues radiologisch-interventionelles Therapieverfahren ist die Myomembolisation. Medikamentöse Therapieoptionen sind bislang limitiert. Präoperativ werden oftmals GnRH-Agonisten eingesetzt, um die Blutungen zu kontrollieren und eine Reduktion der Myomgröße zu erreichen. Sie verursachen aber häufig Hitzewallungen und vermindern die Knochendichte und sind daher nur für die kurzfristige Therapie zugelassen.
Neben Estrogen scheint auch Progesteron für das Wachstum von Myomen verantwortlich zu sein. In mehreren kleinen, nichtkontrollierten Studien zeigten selektive Progesteron-Rezeptormodulatoren wie Ulipristalacetat einen positiven Effekt auf Uterusmyome. Sie wirken auf Progesteron-Rezeptoren im Myo- und Endometrium und unterdrücken die Ovulation, ohne den Estradiolspiegel im Blut zu beeinflussen.
Studiendesign
PEARL-I
In der randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie PEARL I (PGL4001 [ulipristal acetate] efficacy assessment in reduction of symptoms due to uterine leiomyomata) wurde die Wirksamkeit von Ulipristalacetat mit Plazebo verglichen [1]. Eingeschlossen wurden Frauen zwischen 18 und 50 Jahren mit
- einem PBAC-Score von >100 während der Tage 1–8 der Menstruation (PBAC: pictorial blood-loss assessment chart; monatliche Scores zwischen 0 und >500; je höher, desto stärker die Blutung),
- Eisenmangelanämie (Hb ≤10,2 g/dl),
- einem Uterus myomatosus mit einer Größe entsprechend maximal der 16. Schwangerschaftswoche,
- mindestens einem Myom mit einem Durchmesser von ≥3 cm und keinem Myom mit einem Durchmesser von >10 cm und
- einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 18 und 40.
Sie erhielten oral 5 oder 10 mg Ulipristalacetat pro Tag oder Plazebo (2:2:1). Zusätzlich bekamen alle Patientinnen eine Eisensubstitution. Mit der Behandlung wurde innerhalb der ersten 4 Zyklustage begonnen. Nach drei Monaten wurde die medikamentöse Therapie beendet und die Patientinnen konnten sich, falls erforderlich, operieren lassen. Die letzte Nachuntersuchung erfolgte nach einem 6-monatigen behandlungsfreien Intervall.
Die beiden primären Studienendpunkte waren der Anteil der Patientinnen, bei denen in Woche 13 anhand des PBAC-Scores eine Verbesserung der Blutungssymptomatik festgestellt werden konnte (PBAC <75), und die Veränderung des Myomvolumens zwischen Studienbeginn und Woche 13 (gemessen mittels MRT).
PEARL-II
In der auf Nichtunterlegenheit ausgelegten PEARL-II-Studie wurde Ulipristalacetat mit Leuprorelinacetat, einem GnRH-Agonisten, der zur präoperativen Blutungskontrolle bei symptomatischen Uterusmyomen eingesetzt wird, verglichen [2]. Die Einschlusskriterien entsprachen denen der PEARL-I-Studie. Die Patientinnen erhielten entweder täglich 5 bzw. 10 mg Ulipristalacetat und einmal pro Monat eine Injektion mit physiologischer Kochsalzlösung oder täglich ein Plazebo und einmal pro Monat 3,75 mg Leuprorelinacetat intramuskulär (1:1:1). Das Studiendesign war ähnlich dem der PEARL-I-Studie, ob die Patientinnen eine Eisensubstitution erhielten, blieb jedoch dem behandelnden Arzt überlassen.
Primärer Endpunkt war der Anteil der Patientinnen, die in Woche 13 einen PBAC-Score von <75 erreicht hatten. Primäre Sicherheitsendpunkte waren die Serum-Estradiolspiegel in Woche 13 und der Anteil der Patientinnen mit mäßig bis stark ausgeprägten Hitzewallungen unter der Behandlung – Ziel war es, für Ulipristalacetat ein gegenüber Leuprorelinacetat überlegenes Nebenwirkungsprofil nachzuweisen. Weitere sekundäre Sicherheitsendpunkte waren beispielsweise verschiedene Marker des Knochenstoffwechsels.
Studienergebnisse
PEARL-I
Unter Ulipristalacetat hatten bei Studienende 91% (5 mg) bzw. 92% (10 mg) der Frauen einen PBAC-Score von <75 erreicht, in der Plazebo-Gruppe gelang dies nur in 19% der Fälle (jeweils p<0,001). In den beiden Ulipristalacetat-Gruppen betrugen die Amenorrhö-Raten 73% (5 mg) bzw. 82% (10 mg) im Vergleich zu 6% in der Plazebo-Gruppe. Bei einem Großteil der mit Ulipristalacetat behandelten Patientinnen stellte sich die Amenorrhö innerhalb von 10 Tagen ein. Das Volumen der Myome nahm unter Ulipristalacetat um 21% (5 mg) bzw. 12% (10 mg) ab, während es in der Plazebo-Gruppe um 3% zunahm.
Die häufigsten Nebenwirkungen unter Ulipristalacetat waren Kopfschmerzen und Schmerzen/Beschwerden im Bereich der Brust, diese traten allerdings nicht signifikant häufiger auf als unter Plazebo. Die Nebenwirkungsrate unterschied sich insgesamt nicht signifikant zwischen den drei Behandlungsgruppen. Auch die Rate an Hitzewallungen war in allen drei Gruppen gleich niedrig (<3%). In den Ulipristalacetat-Gruppen wurden bei etwa 60% der Frauen nach Behandlungsende Veränderungen des Endometriums festgestellt, die als benigne eingestuft wurden und sich sechs Monate später von selbst zurückgebildet hatten (Plazebo: 6%).
PEARL-II
In den Ulipristalacetat-Gruppen hatte sich der PBAC-Score nach 12 Wochen bei 90% (5 mg) bzw. 98% (10 mg) und in der Leuprorelinacetat-Gruppe bei 89% der Patientinnen auf <75 verbessert. Damit hatte Ulipristalacetat die Kriterien der Nichtunterlegenheit erfüllt. Starke Blutungen wurden mit Ulipristalacetat in beiden Dosierungen schneller kontrolliert als mit Leuprorelinacetat (jeweils p<0,001). Die mediane Dauer bis zum Eintreten einer Amenorrhö betrug unter Ulipristalacetat 7 bzw. 5 Tage im Vergleich mit 21 Tagen unter Leuprorelinacetat. In allen drei Behandlungsgruppen kam es zu einer Größenabnahme der drei größten Myome (–36 bzw. –42% unter 5 bzw. 10 mg Ulipristalacetat vs. –53% unter Leuprorelinacetat). Leuprorelinacetat reduzierte das Uterusvolumen signifikant stärker als Ulipristalacetat (47% vs. 20 bzw. 22%). Folgte auf die medikamentöse keine operative Therapie, begannen die Myome nach Absetzen der Therapie in der Leuprorelin-Gruppe innerhalb eines Monats wieder zu wachsen, während sie bei den meisten Patientinnen der Ulipristal-Gruppen innerhalb der 6-monatigen Nachbeobachtungszeit unverändert blieben.
Unter Leuprorelinacetat traten signifikant häufiger Hitzewallungen auf als unter Ulipristalacetat (40% versus 11 bzw. 10%), zudem stieg einer der Knochenresorptionsmarker (CTX) an (jeweils p<0,001).
Kommentar
Ulipristalacetat war zur präoperativen Behandlung symptomatischer Uterusmyome besser wirksam als Plazebo. Im Vergleich zur gängigen Behandlung mit Leuprorelinacetat war es nicht unterlegen und hatte ein besseres Nebenwirkungsprofil. Die histologisch festgestellten Veränderungen des Endometriums schienen keine Vorstufen maligner Tumoren zu sein und bildeten sich innerhalb von 6 Monaten nach Absetzen der Behandlung komplett zurück. Da die Behandlung nur über drei Monate erfolgte, lässt sich über die langfristige Sicherheit des Medikaments noch keine Aussage treffen.
Abgesehen von der kurzen Studiendauer weisen die beiden Studien noch einige weitere Limitationen auf: Zum einen waren im Vergleich zu anderen Studien mit innovativen Medikamenten zur Myomtherapie nur wenige Frauen mit schwarzer Hautfarbe eingeschlossen, die ein höheres Myomrisiko, häufiger ausgeprägtere Befunde und ein geringeres Erkrankungsalter haben als weiße Frauen. Zum anderen waren die Patientinnen tendenziell schlanker als der Durchschnitt der Myom-Patientinnen und auch die Größe der Uteri bei Studienbeginn war vergleichsweise mäßig. Dennoch sind die Studienergebnisse vielversprechend. Ob sich Ulipristalacetat für eine dauerhafte, intermittierende Therapie eignet oder ob sich eine Vorbehandlung mit Ulipristalacetat auf die Operationsergebnisse auswirkt, muss in weiteren Studien geklärt werden [3].
Quellen
1. Donnez J, et al. Ulipristal acetate versus placebo for fibroid treatment before surgery. N Engl J Med 2012;366:409–20.
2. Donnez J, et al. Ulipristal acetate versus Leuproreline acetate for uterine fibroids. N Engl J Med 2012;366:421–32.
3. Stewart EA. Uterine fibroids and evidence-based medicine – not an oxymoron. N Engl J Med 2012;366:471–3.
Arzneimitteltherapie 2012; 30(04)