Aflibercept

Fusionsprotein zur Behandlung von metastasiertem Kolorektalkarzinom


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Mit dem Fusionsprotein Aflibercept ist ein Angiogenesehemmer in der klinischen Prüfung, der mindestens drei angiogene Liganden binden kann und damit die Tumorangiogenese besonders wirksam unterbinden soll. Die Ergebnisse der Phase-III-Studie VELOUR zeigten eine gute Wirksamkeit bei Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom. Sie wurden im Rahmen eines von Sanofi veranstalteten Fachpresse-Workshops im April dieses Jahres in Königstein vorgestellt.

Die Angiogenese ist Bestandteil eines komplexen Systems im Tumor. Neben dem Vascular endothelial growth factor (VEGF) spielen viele weitere Faktoren eine Rolle in der Regulation des Wachstums der Tumorgefäße, beispielsweise der Placenta growth factor (PlGF).

Die Wirkung einer antiangiogenetischen Behandlung ist ebenfalls komplex. So spielt die direkte Hemmung der Gefäßneubildung eine Rolle, darüber hinaus kommen aber auch antimetastatische Wirkungen, die Verbesserung der antitumoralen Immunantwort, die Verbesserung der Diffusion von Chemotherapeutika ins maligne Gewebe und Off-target-Effekte zum Tragen.

Bisher verfügbare Angiogenesehemmer wie Bevacizumab binden vorwiegend an VEGF-A. Eine Blockade mehrerer Liganden könnte die Wirksamkeit verbessern.

Aflibercept ist ein Fusionsmolekül, das aus Anteilen von VEGFR-1, VEGFR-2 und dem Fc-Fragment von Immunglobulin G besteht. Das auch als VEGF-Trap bezeichnete Molekül fängt („to trap“) VEGF-A, VEGF-B und PlGF ab, indem es stabile 1:1-Komplexe mit diesen Substanzen bildet.

VELOUR: Phase-III-Studie bei Patienten mit Kolonkarzinom

In der randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie VELOUR wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Aflibercept in Kombination mit dem Chemotherapieregime FOLFIRI (Fluorouracil, Folinsäure, Irinotecan) mit FOLFIRI allein bei 1226 Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom verglichen. Alle Patienten waren zuvor mit Oxaliplatin behandelt worden.

Primärer Endpunkt war eine Verlängerung des Gesamtüberlebens, sekundäre Endpunkte waren die Wirkung auf das progressionsfreie Überleben, die Ansprechraten sowie die Verträglichkeit. Der primäre Endpunkt der Studie wurde erreicht: Durch die zusätzliche Gabe von Aflibercept verlängerte sich das Gesamtüberleben der Patienten von 12,06 auf 13,50 Monate im Median, was einem Hazard-Ratio von 0,817 entsprach (p=0,0032) (Abb. 1). Eine vorherige Therapie mit Bevacizumab hatte keinen Einfluss auf das Ergebnis. Das progressionsfreie Überleben verlängerte sich von 4,67 auf 6,90 Monate im Median (p=0,00007). Auf die Therapie mit Aflibercept sprachen 19,8%, ohne Aflibercept 11,1% der Patienten an (p=0,0001).

Abb. 1. VELOUR-Studie: primärer Endpunkt Gesamtüberleben [nach Tabernero, Eur J Cancer 2011;47(2):Abstract 6LBA]

Nebenwirkungen wie Durchfall oder Mundschleimhautentzündungen sind auf die mukosale Toxizität der Substanz zurückzuführen. Darüber hinaus kam es vermehrt zu Hypertonie, Asthenie und Proteinurien.

Viele Fragen offen

Mit Aflibercept und dem Tyrosinkinase-Inhibitor Regorafenib (Bayer AG) befinden sich derzeit zwei vielversprechende Substanzen in Phase III der klinischen Prüfung bei Patienten mit Kolorektalkarzinom. Viele Fragen zur antiangiogenetischen Therapie sind aber noch offen. So fehlen Biomarker, die zur primären Therapiesteuerung oder unter der Behandlung bestimmt werden könnten. Unklar sind die Mechanismen der Resistenzentwicklung und die genauen Mechanismen der Wirkung. Welche Substanz in welcher Therapielinie am sinnvollsten ist, muss ebenfalls in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Quelle

Prof. Dr. med. Stefan Kubicka, Reutlingen, Prof. Dr. med. Ralf-Dieter Hofheinz, Mannheim, Fachpresse-Workshop „1. Expertise CRC“, Königstein, 19. April 2012, veranstaltet von Sanofi.

Arzneimitteltherapie 2012; 30(07)