Dr. Annette Junker, Wermelskirchen
Panitumumab nicht unselektiv einsetzen
In der Phase-II/III-Studie REAL-3 [1] war bei 553 Patienten die Kombination aus Epirubicin/Oxaliplatin/Capecitabin (EOC; E: 50 mg/m2, O: 130 mg/m2, C: 1250 mg/m2 täglich) mit dem modifizierten, Dosis-reduzierten EOC-Schema (E: 50 mg/m2, O: 100 mg/m2, C: 1000 mg/m2/Tag) in der Kombination mit Panitumumab (9 mg/kg) (mEOC + P) verglichen worden. Nach einem medianen Follow-up von 5,0 bzw. 5,2 Monaten zeigte sich im primären Endpunkt Gesamtüberleben (OS) ein signifikanter Nachteil für die Gruppe mit dem Antikörper. Das mediane OS betrug im EOC-Arm 11,3 Monate, im mEOC+P-Arm dagegen nur 8,8 Monate (Hazard-Ratio 1,37; 95%-KI 1,07–1,76; p=0,013). Die Studie wurde daraufhin gestoppt und Panitumumab aus dem Therapieschema eliminiert.
Im mEOC+P-Arm war es zu mehr Diarrhö Grad 3/4 (17% vs. 11%) und mehr Hautausschlägen (Rash) (14% vs. 1%) gekommen, aber zu weniger Hämatotoxizität (>Grad-3-Neutropenie 14% vs. 31%).
Bemerkenswert im mEOC+P-Arm war allerdings der Vergleich von Patienten, die einen Rash entwickelt hatten (Grad 1 bis 3) (77%, n=209), mit Patienten ohne Hautreaktionen (23%, n=63): Bei Patienten mit Rash betrug das mediane OS 10,2 Monate, bei Patienten ohne Rash dagegen nur 4,3 Monate (p<0,001). Eine multivariate Analyse des Gesamtüberlebens bei diesen Patienten wies auf eine negative prognostische Rolle von K-ras-Mutationen und PIK3CA-Mutationen hin.
Resümee aus dieser Studie war, dass bei unselektierten Patienten die zusätzliche Gabe von Panitumumab zum EOC-Regime das Gesamtüberleben verkürzt. Eine Rolle könnte hierbei auch die niedrigere Dosis von Oxaliplatin und Capecitabin im mEOC+P-Protokoll gespielt haben. Der Befund, dass die Wirkung auf das Gesamtüberleben bei den Patienten in der mEOC+P-Gruppe mit den Hautreaktionen korrelierte, lässt darauf schließen, dass Patienten, die eventuell von Panitumumab profitieren könnten, möglicherweise anhand von Biomarkern ausgewählt werden können.
Radio-Chemotherapie mit FOLFOX führt zu weniger Todesfällen
In einer weiteren Studie wurden Patienten mit inoperablem, aber lokalisiertem Ösophaguskarzinom mit zwei verschiedenen Radio-Chemotherapie-Protokollen behandelt [2]. Die Strahlendosis betrug in beiden Armen 50 Gy (2 Gy/fr, 5 Tage/Woche für 5 Wochen). Die Patienten des Arms A erhielten zusätzlich als Chemotherapie sechs Zyklen des FOLFOX-Regimes (Fluorouracil, Folinsäure, Oxaliplatin) zweiwöchentlich, die des Arms B vier Zyklen Fluorouracil/Cisplatin dreiwöchentlich. Nach einem medianen Follow-up von 25,3 Monaten betrug das progressionsfreie Überleben, der primäre Studienendpunkt, 9,7 vs. 9,4 Monate und das Gesamtüberleben 20,2 vs. 17,5 Monate. Beide Werte waren nicht signifikant unterschiedlich, auch die hämatologischen Toxizitäten waren mit beiden Regimen ähnlich. Unter FOLFOX kam es zwar zu mehr peripheren Neuropathien (18,3% vs. 0,8%; p=0,0001), aber zu weniger Mukositis (26,7% vs. 32%), weniger Alopezie (1,5% vs. 9,4%) und geringerem Anstieg des Creatininspiegels (3,0% vs. 11,7%). Bei vergleichbarer Effektivität und Toxizität war es allerdings auffallend, dass es im FOLFOX-Arm einen Trend zu weniger Todesfällen durch die Nebenwirkungen (1,1% vs. 6,4%; p=0,06) und weniger Todesfällen innerhalb der ersten 15 Tage der Chemotherapie kam (1,1% vs. 3,2%, p=0,06). Auch wegen der einfacheren Handhabung im ambulanten Bereich könnte die Kombination aus Radiotherapie und FOLFOX eventuell zur präferierten Option bei Patienten mit lokalisiertem Ösophaguskarzinom werden.
Fazit
Auch bei intensiver Suche nach neuen, effektiveren Chemotherapieoptionen für Patienten mit Ösophaguskarzinomen konnten keine wesentlichen Fortschritte erzielt werden. Eine unlängst veröffentlichte Studie weist allerdings darauf hin, dass es vorteilhaft sein kann, eine neoadjuvante Chemotherapie mit einer Strahlentherapie zu kombinieren [3].
Literatur
1. Waddell TS, et al. A randomized multicenter trial of epirubicin, oxaliplatin, and capecitabine (EOC) plus panitumumab in advanced esophagogastric cancer (REAL3). J Clin Oncol 2012;30(Suppl): abstr LBA4000.
2. Hong TS, et al. Phase III randomized trial of definitive chemoradiotherapy (CRT) with FOLFOX or cisplatin and fluorouracil in esophageal cancer (EC): Final results of the PRODIGE 5/ACCORD 17 trial. J Clin Oncol 2012;30(Suppl): abstr LBA4003.
3. van Hagen P, et al. Preoperative chemoradiotherapy for esophageal or junctional cancer. N Engl J Med 2012;366:2074–84.
Arzneimitteltherapie 2012; 30(10)