Schlaganfallprävention bei lakunären Infarkten

ASS plus Clopidogrel nicht besser wirksam als ASS-Monotherapie


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Bei Patienten mit lakunären ischämischen Insulten ist die Kombination von Clopidogrel und Acetylsalicylsäure (ASS) einer Monotherapie mit ASS nicht überlegen. Zudem erhöht die Kombination signifikant das Risiko für Tod und schwerwiegende Blutungskomplikationen. Das ergab die multizentrische SPS3(Secondary prevention of small subcortical strokes)-Studie mit über 3000 Patienten.

Patienten mit nichtkardioembolischen Schlaganfällen werden in der Sekundärprävention mit Thrombozytenfunktionshemmern wie Acetylsalicylsäure (ASS, z.B. Aspirin®) oder der Kombination aus Acetylsalicylsäure und Dipyridamol (Aggrenox®) behandelt.

Es gibt Hinweise darauf, dass die Kombination von Acetylsalicylsäure und Clopidogrel (z.B. Plavix®) in der ganz frühen Sekundärprävention nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) oder einem ischämischem Insult einer Monotherapie mit ASS überlegen sein könnte. Die Ergebnisse der MATCH-Studie (Management of atherothrombosis with clopidogrel in high-risk patients with recent TIA or ischemic stroke) zeigen, dass die Kombination von Acetylsalicylsäure und Clopidogrel in der Langzeitprophylaxe einer Monotherapie mit Clopidogrel nicht überlegen ist und zu vermehrten Blutungskomplikationen führt [1]. In der SPS3-Studie (Secondary prevention of small subcortical strokes) wurde nun untersucht, ob eine Kombinationstherapie mit ASS und Clopidogrel einer ASS-Monotherapie bei Patienten mit lakunärem Infarkt (einem subkortikalen Verschluss kleinster Blutgefäße, meist als Folge einer Mikroangiopathie) überlegen ist [2].

Studienziel und -design

Es handelt sich um eine doppelblinde, multizentrische, randomisierte Studie mit 3020 Patienten mit lakunären Infarkten. Die Diagnose eines lakunären Infarkts stützte sich auf eine Magnetresonanztomographie. Die Patienten erhielten entweder 75 mg Clopidogrel oder Plazebo einmal täglich; zusätzlich wurden alle Patienten mit 325 mg Acetylsalicylsäure pro Tag behandelt. Der primäre Endpunkt war jedweder erneute Schlaganfall – unabhängig davon, ob es ein ischämischer Schlaganfall oder eine intrakranielle Blutung war.

Studienergebnisse

1503 Patienten erhielten eine ASS-Monotherapie, 1517 die Kombination. Das mittlere Alter der Patienten betrug 63 Jahre, knapp zwei Drittel waren Männer. 28% der Teilnehmer nahmen zum Zeitpunkt des für die Studie qualifizierenden Infarkts bereits ASS ein. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 3,4 Jahre.

In der ASS-Monotherapie-Gruppe erlitten 138 Patienten einen Schlaganfall, mit der Kombinationstherapie 125 Patienten. Dies entspricht einer jährlichen Rate von 2,7% unter ASS und von 2,5% unter ASS plus Clopidogrel (Hazard-Ratio [HR] 0,92, 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,72–1,16); der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Es ergaben sich auch keine Unterschiede zwischen den beiden Therapien, wenn ischämische Insulte und intrakranielle Blutungen getrennt ausgewertet wurden. Auch bei Herzinfarkten und vaskulären Todesfällen gab es keine Unterschiede.

Die Gesamtmortalität war unter der dualen Thrombozytenfunktionshemmung mit 113 Todesfällen signifikant höher als in der ASS-Monotherapie-Gruppe, in der 77 Patienten verstarben (HR 1,52; 95%-KI 1,14–2,02; p=0,004).

Schwerwiegende Blutungskomplikationen traten in der Kombinationstherapie-Gruppe etwa doppelt so häufig auf wie in der Monotherapie-Gruppe, nämlich bei 105 versus 56 Patienten (HR 1,97; 95%-KI 1,41–2,71; p<0,001).

Kommentar

Mit der SPS3-Studie wurden die Ergebnisse der MATCH-Studie und der CHARISMA-Studie (Clopidogrel for high atherothrombotic risk and ischemic stabilization, management, and avoidance) [3] bestätigt. In der MATCH-Studie wurde ASS plus Clopidogrel mit Clopidogrel verglichen und in der CHARISMA-Studie ASS plus Clopidogrel mit einer ASS-Monotherapie.

Allen Studien gemeinsam ist, dass die Kombinationstherapie einer Monotherapie nicht überlegen war und zu vermehrten Blutungskomplikationen führte. Das bedeutet, dass es eindeutige Unterschiede zwischen der kardiologischen und der neurologischen Indikation gibt: Für das akute Koronarsyndrom ist die Langzeitprophylaxe mit ASS plus Clopidogrel einer Monotherapie mit ASS klar überlegen.

Für deutsche Verhältnisse bedeutet dies, dass in der Langzeittherapie nach TIA und ischämischem Insult nur Acetylsalicylsäure oder die Kombination von Acetylsalicylsäure mit Dipyridamol in Betracht kommt.

Quellen

1. Diener HC, et al. Aspirin and clopidogrel compared with clopidogrel alone after recent ischaemic stroke or transient ischaemic attack in high-risk patients (MATCH): randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2004;364(9431):331–7.

2. SPS3 Investigators. Effects of clopidogrel added to aspirin in patients with recent lacunar stroke. N Engl J Med 2012;367:817–25.

3. Bhatt DL, et al. Clopidogrel and aspirin versus aspirin alone for the prevention of atherothrombotic events. N Engl J Med 2006;354:1706–17.

Arzneimitteltherapie 2012; 30(11)