Aktualisierte ESC-Leitlinie systolische Herzinsuffizienz

Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten sind 1A-Empfehlung


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Zu den unverzichtbaren, prognostisch relevanten Therapieprinzipien bei systolischer Herzinsuffizienz gehören ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptorblocker und Betablocker. Nachdem in der EMPHASIS-HF gezeigt werden konnte, dass der Mineralocorticoid-Rezeptorantagonist Eplerenon (Inspra®) den kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärer Letalität und Hospitalisierung signifikant um 37% reduzierte, wird jetzt in den aktualisierten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) dieses Therapieprinzip als Zusatztherapie mit dem Empfehlungsgrad 1A propagiert. Die neue Leitlinie wurde im Rahmen eines von der Firma Pfizer veranstalteten Pressegesprächs anlässlich der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie im Oktober 2012 in Hamburg diskutiert.

Die Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten Erkrankungen und zugleich Todesursachen, und dies mit zunehmender Prävalenz. Trotz gewisser Fortschritte bei der medikamentösen und Device-Therapie handelt es sich weiterhin um ein Krankheitsbild mit ernster Prognose, die in fortgeschrittenen Stadien durchaus mit der einer malignen Erkrankung vergleichbar ist. Im Hinblick auf die linksventrikuläre Funktion unterscheidet man eine systolische und eine diastolische Herzinsuffizienz.

Die häufigsten Ursachen der systolischen Herzinsuffizienz sind hypertensive Herzerkrankung, Zustand nach Myokardinfarkt bei koronarer Herzkrankheit, dilatative Kardiomyopathie und Aorten- bzw. Mitralvitien.

Die unverzichtbare medikamentöse Basistherapie bei der systolischen Herzinsuffizienz sind ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker, wenn ACE-Hemmer nicht vertragen werden, sowie Betablocker. Für diese Substanzen konnte in einer Reihe von Studien gezeigt werden, dass sie nicht nur die Symptomatik verbessern, sondern auch die Prognose quoad vitam.

Aldosteron: wichtiger pathogenetischer Faktor

Bei der Pathogenese der systolischen Herzinsuffizienz kommt es zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Dabei wird sowohl systemisch als auch lokal vermehrt Aldosteron gebildet. Dadurch kommt es nicht nur zur Natrium- und Wasserretention mit konsekutiver Ödembildung und einer Erhöhung des Sympathikotonus mit Arrhythmieneigung, sondern Aldosteron stimuliert auch die kardiale Kollagen-Synthese mit konsekutiver Fibrose und Hypertrophie, was letztendlich in die diastolische oder systolische Herzinsuffizienz mündet. Aber auch bei der Thrombozytenaktivierung und der Dysfunktion des Endothels ist Aldosteron beteiligt.

EMPHASIS-HF vorzeitig beendet

Der Stellenwert des Aldosterons in der Pathogenese der Herzinsuffizienz ist die Rationale für die Gabe eines Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten wie Eplerenon (Inspra®) bei der Behandlung dieser Erkrankung, zumal die Mineralocorticoid-Rezeptoren weder durch ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker noch durch Betablocker blockiert werden.

Bereits vor vielen Jahren wurde im Rahmen der RALES (Randomized aldactone evaluation study) dieses Therapieprinzip in Form von Spironolacton bei Patienten mit chronischer systolischer Herzinsuffizienz NYHA III zusätzlich zur Standardtherapie untersucht, wobei Spironolacton seine Prognose-verbessernde Wirkung mit Signifikanz unter Beweis stellen konnte [1].

Der Mineralocorticoid-Rezeptorantagonist Eplerenon wurde jetzt im Rahmen der EMPHASIS-HF (Eplerenon in mild patients hospitalization and survival study in heart failure) untersucht. Dabei handelt es sich um eine zweiarmige doppelblinde Plazebo-kontrollierte multizentrische Studie, in die Patienten mit leichter chronischer Herzinsuffizienz (NYHA II) und linksventrikulärer systolischer Dysfunktion aufgenommen wurden. Eingeschlossen wurden Patienten mit einem Alter ab 55 Jahren, die eine linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) von 30% oder eine LVEF von 35% zusätzlich zu einer QRS-Dauer von >130 ms aufwiesen. Bei ihnen bestand während der letzten sechs Monate vor Beginn der Studie die Notwendigkeit für eine stationäre Aufnahme aus kardiovaskulären Gründen oder es wurde ein Plasmaspiegel von B-Typ-natriuretischem Peptid (BNP) von mindestens 250 pg/ml oder ein Plasmaspiegel von N-terminalem pro-BNP von 500 pg/ml bei Männern bzw. 750 pg/ml bei Frauen gemessen.

Die Behandlung mit Eplerenon wurde mit einer Dosis von 25 mg einmal täglich begonnen und nach vier Wochen auf 50 mg einmal täglich erhöht, wenn der Serum-Kalium-Spiegel <5,0 mmol/l betrug. Bei einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) von 30 bis 49 ml/min wurde Eplerenon mit einer Anfangsdosis von 25 mg jeden zweiten Tag eingenommen und die Dosis dann auf 25 mg einmal täglich erhöht.

Als primärer Endpunkt wurde die Kombination aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz festgesetzt. Sekundäre Endpunkte waren Gesamtsterblichkeit oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Letalität, Hospitalisierung jeglicher Ursache und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz.

Nach dem Studienprotokoll sollten 3100 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Doch die Studie wurde nach einer zweiten Zwischenanalyse gestoppt, da der primäre Wirksamkeitsendpunkt nach den im Studienprotokoll definierten Kriterien vorzeitig erreicht wurde. Somit lag die durchschnittliche Beobachtungszeit bei 21 Monaten.

Signifikante Risikoreduktion

Insgesamt konnten 2737 Patienten randomisiert und ausgewertet werden, wobei 1364 Patienten Eplerenon und 1373 Patienten Plazebo erhielten. Die Patienten erhielten eine Standardtherapie mit Diuretika (85%), ACE-Hemmern (78%), Angiotensin-Rezeptorblockern (19%), Betablockern (87%) und Digitalisglykosiden (27%).

Durch Eplerenon konnte der primäre Endpunkt der Studie (kardiovaskuläre Letalität oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz) im Vergleich mit Plazebo von 25,9% auf 18,3% gesenkt werden (RR 0,63; 95%-KI 0,54–0,74; p<0,001). Somit wurde das relative Risiko dieses Endpunkts signifikant um 37% reduziert. Die Überlegenheit von Eplerenon fand sich in allen Subgruppen. Der sekundäre Endpunkt Gesamtsterblichkeit wurde durch Eplerenon von 15,5% auf 12,5% gesenkt, dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 24%. An kardiovaskulären Ursachen starben unter Eplerenon 10,8%, unter Plazebo 13,5%. Die Hospitalisierungsrate wegen Herzinsuffizienz wurde um 42%, nämlich von 18,4% auf 12,0% gesenkt.

Daraus ergibt sich eine Number needed to treat (NNT) von 19 zur Verhinderung eines Ereignisses des primären Endpunkts pro Jahr und von 51, um einen Todesfall pro Jahr zu verhindern [2, 3].

Die gefürchtetste Komplikation einer Therapie mit einem Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten ist die Hyperkaliämie. Schwere Hyperkaliämien mit einem Serumkalium-Spiegel >6,0 mmol/l traten unter Eplerenon jedoch nicht signifikant häufiger auf als unter Plazebo (2,5% unter Eplerenon vs. 1,9% unter Plazebo). Doch die Gesamtzahl an Hyperkaliämien mit einem Serumkalium-Spiegel >5,5 mmol/l trat in der Eplerenon-Gruppe mit 11,8% häufiger auf als in der Plazebo-Gruppe mit 7,2%. Dagegen war eine Hypokaliämie mit einem Serumkalium-Spiegel <3,5 mmol/l unter Eplerenon mit 7,5% signifikant seltener als unter Plazebo mit 11,0%.

Empfehlungsgrad 1A

Mit den Ergebnissen der EMPHASIS-HF liegen nun für die Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten für das gesamte Spektrum der Herzinsuffizienz, angefangen von der Herzinsuffizienz-Dekompensation nach Myokardinfarkt über die stabile Herzinsuffizienz (NYHA II) bis zur hochgradigen Herzinsuffizienz (NYHA III bis IV) ausreichend Daten vor, die eine Empfehlung der Klasse IA in den aktualisierten ESC-Leitlinien rechtfertigen. Die neuen Leitlinien empfehlen den Einsatz von Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten bei Patienten der NYHA-Klasse II bis IV mit einer Auswurffraktion 35%, wenn trotz Behandlung mit einem ACE-Hemmer bzw. Angiotensinrezeptor-Blocker und einem Betablocker weiterhin Symptome bestehen. Die Reihenfolge der Empfehlung gründet sich darauf, dass Eplerenon in der EMPHASIS-HF vor dem Hintergrund einer kompletten Herzinsuffizienz-Medikation geprüft wurde [4, 5].

Quellen

Prof. Johann Bauersachs, Hannover; Prof. Michael Böhm, Homburg; Pressegespräch „Eplerenon (Inspra®) – Selektiver MRA bei chronischer Herzinsuffizienz: Studienlage und ESC Leitlinien“ veranstaltet von Pfizer Pharma GmbH im Rahmen der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Hamburg, 11. Oktober 2012.

1. Pitt B, et al. N Engl J Med 1999;341:1349–55.

2. Zannad F, et al. N Engl J Med 2011;364:11–21.

3. Pitt B, et al. ESC Congress 2011, Paris, 27.–31. August 2011.

4. ESC Heart Failure Congress 2012. Belgrad, 19.–22. Mai 2012.

5. McMurray J, et al. Eur Heart J 2012; doi: 10.1093/eurheartj/ehs104, published online May 19, 2012.

Arzneimitteltherapie 2013; 31(01)