Therapierefraktäre Pneumonie


Sebastian R. Ott, Bern, und Hartmut M. Lode, Berlin

Die ambulante Pneumonie zählt zu den wichtigsten Infektionskrankheiten in industrialisierten Ländern. Mit der Einführung von potenten Antibiotika ist es gelungen, die ursprünglich sehr hohe Letalität zu senken und somit die Prognose unserer Pneumoniepatienten deutlich zu verbessern. Normalerweise kommt es nach Beginn der antibiotischen Behandlung zu einer raschen klinischen Besserung, und der Großteil der Patient erreicht nach 2 bis 3 Tagen klinische Stabilität. Aber was ist, wenn der Verlauf nicht den Erwartungen entspricht und die Pneumonie nicht auf die Therapie anspricht oder sich der Patient sogar verschlechtert? Im Folgenden möchten wir einen Überblick über mögliche Ursachen für Therapieversagen bei der ambulant erworbenen Pneumonie geben. Aus dem Wissen über die Gründe eines Therapieversagen lassen sich dann Ansätze für ein diagnostische Vorgehen bei therapierefraktärer Pneumonie und schließlich therapeutischen Empfehlungen ableiten.
Arzneimitteltherapie 2013;31:3–8.

Weltweit zählen Infektionen der tiefen Atemwege zu den häufigsten Infektionserkrankungen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die ambulant erworbene Pneumonie (community-acquired pneumonia; CAP) in Deutschland noch vor arteriellem Hypertonus, Schlaganfall und Myokardinfarkt die häufigste Einzelindikation für eine stationäre Aufnahme ist [1]. Bei jährlichen Inzidenzraten zwischen 1,6 und 10,8 pro 1000 Erwachsenen in Europa erkranken somit in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 800000 bis 1 Million Erwachsene an einer CAP [2]. Der Großteil der Patienten kann ambulant behandelt werden, nur ein Viertel aller Patienten muss stationär betreut werden. Vor der Antibiotika-Ära war die CAP wegen ihrer hohen Letalität sehr gefürchtet. Erst die Einführung von wirksamen Antibiotika wie Penicillin in den 1940er Jahren führte zu einer deutlichen Abnahme der CAP-Letalität. Allerdings versterben auch heutzutage noch rund 6 bis 13% aller CAP-Patienten in der akuten Phase ihrer Erkrankung trotz aller Fortschritte in Diagnostik und Therapie [3–5]. Während im ambulanten Bereich die Letalität mit etwa 1% eher gering ist, kommt es mit zunehmender Krankheitsschwere zu einem Anstieg bis auf 30 bis 50% bei intensivpflichtigen Patienten [6, 7]. Somit ist die CAP in Deutschland die häufigste Todesursache unter den Infektionserkrankungen und im klinischen Alltag erscheint sie oft als akuter Notfall, der einer schnellen und gezielten Behandlung bedarf.

Da zum Zeitpunkt der Diagnosestellung der verursachende Erreger in der Regel nicht bekannt ist, erfolgt die antibiotische Initialbehandlung als kalkulierte Therapie, wobei sich die Wahl des antibiotischen Regimes an aktuellen Leitlinien (z.B. [12, 13]) und den regionalen Resistenzraten orientieren sollte. Selbst bei adäquater Behandlung erleiden rund 15% aller Patienten ein Therapieversagen, was zu einer signifikanten Erhöhung der Sterblichkeit der Betroffenen führt [8–11]. Deshalb ist gerade in den ersten Tagen der Behandlung eine engmaschige klinische Überwachung der Patienten erforderlich. Zusätzlich empfehlen aktuelle Leitlinien neben dem täglichen klinischen Monitoring auch eine laborchemische Reevaluation am dritten Behandlungstag [12, 13]. Hintergrund dieser Empfehlung ist die Tatsache, dass CAP-Patienten bei erfolgreicher Therapie in der Regel 48 bis 72 Stunden nach Behandlungsbeginn klinische Stabilität erlangen. Typische Zeichen eines guten Therapieansprechens sind Normalisierung der Körpertemperatur, Verbesserung des Gasaustauschs mit Normalisierung der Oxygenierung bei Raumluftatmung und eine stabile kardiovaskuläre Situation (Tab. 1) [14].

Tab. 1. Kriterien für klinische Stabilität bei CAP-Patienten (nach [22])

Temperatur ≤37,8°C

Herzfrequenz ≤100/min

Atemfrequenz ≤24/min

Systolischer Blutdruck ≥90 mmHg

SaO2 ≥90% oder PaO2 ≥60 mmHg bei Raumluftatmung

Gesicherte orale Nahrungsaufnahme und/oder Medikamenteneinnahme #

Normaler Mentalstatus #

SaO2: arterielle Sauerstoffsättigung; PaO2: arterieller Sauerstoffpartialdruck.

# Nicht zwingend erforderlich für die Beurteilung der klinischen Stabilität, zeigt jedoch an, dass ein Wechsel auf eine orale Gabe/eine Entlassung erfolgen kann.

Tägliche Laborkontrollen (z.B. C-reaktives Protein [CRP], Leukozytenzahl oder Procalcitonin) sind bei adäquatem klinischem Verlauf nicht angezeigt. Sie sind jedoch im Rahmen der empfohlenen Reevaluation 72 Stunden nach Behandlungsbeginn unverzichtbar, da unter anderem ein ausbleibender Abfall des CRP nach drei Behandlungstagen auf unter 50% des Ausgangswerts mit einer bis fünffach erhöhten Mortalität einhergeht. Ferner bedürfen betroffene Patienten (d.h. Patienten mit CRP-Abfall um weniger als 50%) signifikant häufiger einer maschinellen Beatmung und weisen mehr infektiöse Komplikationen auf [15, 16].

Jede klinische Verschlechterung nach Behandlungsbeginn oder eine fehlende klinische Stabilität zum Zeitpunkt der Reevaluation nach 48 bis 72 Stunden trotz adäquater Therapie sollten eine kritische Neubewertung der Gesamtsituation nach sich ziehen. Hierbei sollten drei wichtige Fragen beantwortet werden:

1. Adäquate Therapie? Bestehen entscheidende Lücken in der initialen Behandlung (z.B. fehlende Erfassung von „atypischen“ Erregern, z.B. Mykoplasmen oder Legionellen) oder liegen Hinweise für einen resistenten Erreger vor? Ausreichende Dosierung?

2. Liegen infektbedingte oder nicht infektbedingte Komplikationen vor?

3. Stimmt die Diagnose CAP?

Grundsätzlich werden zwei klinische Verlaufsformen eines fehlenden Ansprechens auf die begonnene Therapie unterschieden: progrediente Pneumonie („progressive pneumonia“) und nicht ansprechende Pneumonie („non-responding pneumonia“) [11, 14, 17, 18]. In der Literatur wird die Häufigkeit eines Therapieversagens bei der Behandlung der CAP je nach Studie mit 5 bis 19% angegeben [11, 19]. Die besondere Bedeutung eines Therapieversagens liegt vor allem darin, dass es neben weiteren Risikofaktoren (Tab. 2) signifikant die Überlebenschance der Patienten verringert.

Tab. 2. Risikofaktoren für eine erhöhte CAP-Letalität, mit Angabe des Odds-Ratios (OR) für den Vergleich mit Nichtvorliegen des Risikofaktors, soweit verfügbar [18, 66]

Alter >65 Jahre (OR 5,03)

Begleiterkrankungen (OR 1,1 bis 5,9)

  • Kardiale Erkrankungen (Herzinsuffizienz, KHK)
  • Neurologische Erkrankungen
  • COPD
  • Leberzirrhose
  • Akute Niereninsuffizienz (OR 4,8)
  • Diabetes mellitus

APACHE-II-Score >24 (OR 2,2)

Zeichen eines Schocks (OR 13,0)

Multilobäre/bilaterale Infiltrate (OR 2,9)

Vorhergehende Hospitalisierung

Vorhergehende Antibiotikabehandlung

Pleuraerguss (OR 2,7)

Bewusstseinsminderung

Inadäquate Initialtherapie (OR 2,24)

CAP: ambulant erworbene Pneumonie; KHK: koronare Herzkrankheit; COPD: chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Nach dem zeitlichen Auftreten des Therapieversagens wird ein frühes Versagen („early failure“) von einem späten Versagen („late failure“) unterschieden. Traditionell wird von einem frühen Versagen gesprochen, wenn es innerhalb der ersten 72 Stunden nach Krankheitsbeginn auftritt. Dementsprechend liegt ein spätes Versagen vor, wenn nach 72 Stunden der Behandlung kein adäquates Therapieansprechen zu beobachten ist oder wenn sich der Patient nach mehr als 72 Stunden klinisch verschlechtert (Abb. 1) [9, 11, 19, 20]. Im Wesentlichen spielen drei Ursachen eine wichtige Rolle beim Auftreten eines Therapieversagens. Dies sind neben patientenspezifischen Faktoren, zum Beispiel einer genetischen Disposition mit einer überschießenden Immunantwort, auch erkrankungs- oder erregerbedingte Faktoren wie besondere Virulenzfaktoren oder Resistenzen sowie die Wahl der antibiotischen Therapie, die unter Umständen Lücken im antimikrobiellen Spektrum aufweisen kann. In der Regel handelt es sich allerdings um ein Zusammenspiel mehrerer dieser Faktoren (Abb. 2).

Abb. 1. Einteilung des Therapieversagen bei Pneumonie nach dem zeitlichen Auftreten

Abb. 2. Einflussfaktoren für ein Therapieversagen bei ambulant erworbener Pneumonie (CAP)

Progrediente Pneumonie („progressive pneumonia“)

Die Verlaufsform der progredienten Pneumonie ist dadurch gekennzeichnet, dass trotz Einleitung einer antibiotischen Therapie eine rasche klinische Verschlechterung eintritt, die schnell in einem respiratorischen Versagen und/oder einer schweren Sepsis mit oder ohne septischen Schock münden kann. Normalerweise manifestiert sich eine progrediente Pneumonie als frühes Versagen innerhalb der ersten 72 Stunden nach Beginn der Infektion und wird meist direkt durch infektionsbedingte Faktoren verursacht. Hierzu zählt vor allem eine Erregerpersistenz, die sich besonders bei resistenten Keimen findet, aber auch darauf beruhen kann, dass ein bislang unentdeckter kausaler Erreger vorliegt, der somit möglicherweise noch nicht behandelt wurde. Es sollte aber auch daran gedacht werden, dass ein sekundäre nosokomiale Superinfektion vorliegen oder sich infektiologische Komplikationen wie Abszedierungen im Lungenparenchym oder ein Pleuraempyem entwickelt haben könnten. Ferner ist gerade in der Anfangsphase der Entzündung die Immunantwort des Patienten auf die Pneumonie von großer Bedeutung. Kommt es durch eine genetische Disposition zu einer überschießenden Produktion von proinflammatorischen Zytokinen, kann dies zu einer raschen Progredienz mit schwerem systemischem Inflammationsyndrom oder Sepsis führen. Es konnte gezeigt werden, dass initial deutlich erhöhte Serumkonzentrationen von Interleukin (IL) 6 einen unabhängigen Risikofaktor für erhöhte Pneumonieletalität darstellen, insbesondere wenn diese Werte im Verlauf persistierend erhöht bleiben [21].

Die routinemäßige Durchführung einer kurzfristigen radiologischen Verlaufskontrolle ist nicht sinnvoll. Findet sich nämlich in den ersten Tagen lediglich eine radiologische Verschlechterung, so darf dieser Befund nicht zwingend als Hinweis für ein Therapieversagen gewertet werden. Nur wenn sich ein Patient auch klinisch verschlechtert, deuten progrediente pulmonale Infiltrate auf ein Therapieversagen hin. Deshalb sollte eine kurzfristige Röntgen- oder CT-Verlaufsuntersuchung nur im Falle einer klinischen Verschlechterung erfolgen. Eine radiologische Abschlusskontrolle, wenn erforderlich (z.B. bei aktiven Rauchern, älteren Patienten [>65 Jahre] oder relevanten Komorbiditäten), sollte frühestens zwei Wochen nach Ende der Antibiotikatherapie erfolgen, da es teilweise mehrere Wochen dauern kann, bis sich pneumonische Infiltrate radiologisch vollständig wieder zurückgebildet haben [12, 22]

Nicht ansprechende Pneumonie („non-responding pneumonia“)

Wie bereits erwähnt, erreichen die meisten CAP-Patienten innerhalb von 72 Stunden nach Behandlungsbeginn klinische Stabilität. Deshalb sollten Patienten, bei denen bis zu diesem Zeitpunkt bei fehlender Verschlechterung eine klinische Besserung ausbleibt, als nicht ansprechende Pneumonie klassifiziert werden. Glücklicherweise handelt es sich bei rund 50% dieser Patienten lediglich um ein verzögertes Ansprechen und nicht um ein Therapieversagen im eigentlichen Sinne. Gründe für ein verzögertes Ansprechen können die initiale Schwere der Pneumonie mit deutlich längeren Intervallen bis zur klinischen Besserung bei schweren Pneumonien oder ein höheres Patientenalter und Begleiterkrankungen sein. Hilfreich ist hier die Verlaufsbestimmung der CRP-Serumkonzentration, wobei ein Abfall von weniger als 50% nach drei Behandlungstagen auf ein Nichtansprechen hindeutet [23]. Sollte es sich lediglich um ein verzögertes Ansprechen handeln, sind in der Regel keine weiteren diagnostischen oder therapeutischen Schritte erforderlich und die begonnene Therapie kann unter engmaschiger klinischer Beobachtung des Patienten fortgesetzt werden.

Trotzdem sollte eine nicht ansprechende Pneumonie immer auch an eine Beteiligung von seltenen Erregern denken lassen, die entweder eine primäre (z.B. Pilze, Mykobakterien, P. jirovecii) oder erworbene (z.B. P. aeruginosa) Resistenz gegen häufig zur Behandlung einer CAP verordnete Antibiotika aufweisen. Außerdem sollte in den Fällen mit einem ausbleibenden Ansprechen immer die initiale Diagnose einer pulmonalen Infektion hinterfragt werden. Verschiedene Krankheitsbilder können klinisch, aber auch radiologisch wie eine Pneumonie imponieren. Hierzu zählen Neoplasien (broncho-alveoläres Karzinom), akutes (kardiales/toxisches) Lungenödem, Lungeninfarkt, pulmonale Hämorrhagie, Erkrankungen aus dem rheumatischen Kreis wie Kollagenosen, verschiedene interstitielle Lungenerkrankungen und medikamentös-toxische Reaktionen.

Mikrobiologie

Bestimmte Bakterien werden vermehrt mit einem Therapieversagen in Verbindung gebracht. Hierzu zählen insbesondere Streptococcus pneumoniae, Legionella spp., Staphylococcus aureus (einschließlich Methicillin-resistenter Stämme [MRSA]), Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter spp. Diese Erreger werden unter Umständen mit einer kalkulierten Initialtherapie nicht erfasst, vor allem wenn es sich um resistente oder sogar multiresistente Stämme handelt [9]. Interessanterweise finden sich Legionella spp. und gramnegative Bakterien besonders oft bei frühem Therapieversagen, und in einer Studie war P. aeruginosa sogar der am häufigsten im Zusammenhang mit einem Versagen nachgewiesene Erreger [9]. Aus diesem Grund zählen primäre oder sekundäre Resistenzen oder eine diskordante Initialbehandlung zu den häufigsten Gründen für ein frühes Versagen. Risikofaktoren für eine Infektion mit resistenten Erregern sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abb. 3. Risikofaktoren für eine Pneumonie durch resistente und multiresistente Erreger; MDR: multi-drug resistant

Auch Pneumokokken werden gehäuft im Zusammenhang mit Therapieversagen gefunden. Allerdings ist hier die Bedeutung von Antibiotikaresistenzen als Ursache des Therapieversagens nicht so eindeutig geklärt wie zum Beispiel bei P. aeruginosa [19]. Während in der Literatur bislang keine Fälle von Pneumokokkenpneumonie beschrieben sind, bei denen eine Penicillinresistenz ursächlich mit einem Versagen in Verbindung gebracht werden konnte, sind bei Makrolid- und Chinolonresistenz sehr wohl progrediente Verläufe unter Therapie und sogar Durchbruchresistenzen beschrieben worden [19, 24–27]. Interessanterweise findet sich diese Assoziation zwischen Chinolonresistenz und schlechterem Outcome nicht bei Behandlung mit einem modernen respiratorischen Fluorochinolon. Bei den neueren Vertretern dieser Substanzklasse kommt es im Vergleich zu alternativen Behandlungen wie zum Beispiel einer Betalactam-Monotherapie sogar seltener zu Therapieversagern. Somit lässt sich der beschriebene Zusammenhang zwischen Therapieversagen und Chinolonresistenz nicht ohne Weiteres auch auf die modernen Fluorchinolone übertragen [8, 28–30].

Eine Immunschwäche des Patienten (z.B. eine bislang nicht diagnostizierte HIV-Infektion), hämatologische Erkrankungen oder Veränderungen der pulmonalen Anatomie, die mit einer lokalen Abwehrschwäche oder einer poststenotischen Situation einhergehen können, wie schwere COPD, Bronchiektasien oder Neoplasien, können ebenfalls den klinischen Verlauf negativ beeinflussen und somit das therapeutische Ansprechen beeinträchtigen. Zusätzlich muss bei diesen Patienten auch vermehrt mit seltenen, opportunistischen oder resistenten Erregern gerechnet werden. Bei immunkompromittierten Patienten sollte deshalb immer auch an M. tuberculosis, atypische Mykobakterien, Pneumocystis jirovecii, Aspergillen und Nocardia spp. gedacht und nach diesen gesucht werden.

Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen

Jedes Therapieversagen bei der Behandlung der CAP sollte eine ausgedehnte Ursachensuche nach sich ziehen. Allerdings dürfen die diagnostischen Maßnahmen oder das Warten auf Befunde unter keinen Umständen eine Therapieanpassung verzögern, da jede Verzögerung mit einer Letalitätserhöhung einhergeht [31]. Im Fall einer progredienten Pneumonie steigt die assoziierte Letalität bis um den Faktor 10 und rund Zweidrittel der betroffenen Patienten benötigen eine intensivmedizinische Behandlung.

Die therapeutischen Maßnahmen bei der progredienten Pneumonie sind primär auf eine Erhaltung der Vitalfunktionen ausgerichtet. Parallel dazu sollte bei einer progredienten wie bei einer nicht ansprechenden Pneumonie eine zügige Anpassung der antibiotischen Therapie erfolgen. Dies wird hauptsächlich durch eine Erweiterung des antimikrobiellen Spektrums erreicht, mit dem Ziel, vorbestehende Lücken zu schließen. Hierfür wird die Verordnung einer Kombinationstherapie empfohlen, die sich an den aktuellen Leitlinien zur Therapie der schweren, intensivpflichtigen CAP orientiert (Tab. 3) [12]. Bei der Wahl der antibiotischen Kombinationstherapie sollte darauf geachtet werden, dass mindestens eine Substanzklasse gewählt wird, die zuvor nicht gegeben wurde, da es unter der initialen Therapie zu einer Selektion von resistenten Stämmen gekommen sein könnte. Ferner muss immer auf eine ausreichende Wirksamkeit gegen Pneumokokken, den häufigsten Erreger bei CAP, geachtet werden. Falls anfänglich eine orale Applikation erfolgte, sollte immer auf eine parenterale Antibiotikagabe umgestellt werden, um ausreichend hohe Serum- und Gewebespiegel zu gewährleisten.

Tab. 3. Empfehlungen zur antibiotischen Kombinationstherapie bei Therapieversagen [nach 12]

Wirkstoffe

Dosierung (pro Tag)

Gesamttherapiedauer

Pseudomonasaktives Beta-Lactam

  • Piperacillin/Tazobactam

3×4,5 g i.v.

8–15 Tage

  • Cefepim

3×2,0 g i.v.

8–15 Tage

  • Imipenem

3×1,0 g i.v.

8–15 Tage

  • Meropenem

3×1,0 g i.v.

8–15 Tage

Plus Fluorchinolon

  • Levofloxacin

2×500 mg i.v.

*

  • Ciprofloxacin

3×400 mg i.v.

*

Oder**

Plus Aminoglykosid und Makrolid***

Amikacin

15 mg/kg KG i.v.****

3 Tage*

Gentamicin

5–7 mg/kg KG i.v.****

3 Tage*

Tobramycin

5–7 mg/kg KG i.v.****

3 Tage*

*Bei klinischem Ansprechen ist eine Deeskalation auf eine Therapie mit Beta-Lactam/Makrolid oder ein Fluorchinolon, wenn möglich unter Berücksichtigung der Antibiotika-Empfindlichkeitsprüfung, indiziert. Aminoglykoside sollten wegen erhöhter Toxizität im Regelfall nicht länger als 3 Tage verabreicht werden.

**Bei vorausgegangener Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 3 Monate wird ein Wechsel der zuletzt verwendeten Substanzgruppe empfohlen, dies gilt insbesondere für eine vorausgegangene Fluorchinolon-Therapie

*** Azithromycin (1x500 mg p.o. tgl. für 3 Tage) oder Clarithromycin (2x500 mg i.v. oder p.o. tgl. für 5–7 Tage) oder Roxithromycin (1x300 mg tgl. für 5–7 Tage)

****Weitere Dosierung nach Spiegelbestimmung

Die diagnostischen Maßnahmen, die unmittelbar zu ergreifen sind, sollten hauptsächlich darauf ausgerichtet sein, Ursachen zu finden, die im direkten Zusammenhang mit der akuten Infektion stehen, um eine bessere Kontrolle der Infektionssituation erlangen zu können. Hierzu zählt neben einer erneuten mikrobiologischen Diagnostik auch der Ausschluss von infektiologischen Komplikationen wie Abszess- oder Empyembildung. Ferner sollten auch wichtige nichtinfektiologische Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden (Tab. 4). In diesem Zusammenhang kommt auch Begleiterkrankungen eine große Bedeutung zu, da sie im Rahmen der akuten, unter Umständen systemischen Inflammation, exazerbieren können. Dies kann im klinischen Alltag ebenfalls wie ein Nichtansprechen auf die Therapie imponieren. Besonderes Augenmerk verdient hier die koronare Herzkrankheit. Aus mehreren Studien ist bekannt, dass es gerade in der Anfangsphase einer CAP gehäuft zum Auftreten von akuten Koronarsyndromen bis hin zu Myokardinfarkten kommen kann [32, 33].

Tab. 4. Wichtige nichtinfektiöse Ursachen einer therapierefraktären Pneumonie

Kardiopulmonale Ursachen

  • Akute Lungenembolie
  • Dekompensierte Herzinsuffizienz
  • Akutes Koronarsyndrom/Myokardinfarkt

Immunologische Ursachen

  • Kollagenosen (z.B. systemischer Lupus erythematodes
  • Vaskulitiden (z.B. Wegener-Granulomatose)
  • Kryptogen organisierende Pneumonie (COP)
  • Akute und chronische eosinophile Pneumonie
  • Sarkoidose
  • Akute interstitielle Pneumonie
  • Exogen allergische Alveolitis

Medikamentöse Ursachen

  • „Amiodaronlunge“
  • „Methotrexatlunge“

Tumoren

  • Lungentumoren/Lungenkarzinome
  • Lymphome

Deshalb sind bei einem Nichtansprechen auf eine adäquate CAP-Therapie je nach klinischem Erscheinungsbild weiterführende diagnostische Schritte unverzichtbar (CT-Thorax, Bronchoskopie einschließlich broncho-alveolärer Lavage und/oder transbronchiale Biopsien, Serologien für den Ausschluss von Kollagenosen, Echokardiographie). Abbildung 4 zeigt eine mögliche Vorgehensweise bei Patienten mit einer therapierefraktären Pneumonie, die sowohl bei Patienten mit frühem als auch spätem Versagen Anwendung finden kann.

Abb. 4. Mögliches Vorgehen bei therapierefraktärer Pneumonie TBS: Tracheobronchialsekret; BK: Blutkultur; PCR: Polymerase-Kettenreaktion; WBC: Leukozytenzahl (white blood cell count); CRP: C-reaktives Protein; PCT: Procalcitonin; BAL: bronchoalveoläre Lavage; PSB: geschützte Bürste (protected specimen brush); CT: Computertomographie

Weitere wichtige Punkte, an die bei Patienten mit therapierefraktärer Pneumonie besonders im ambulanten Bereich gedacht werden sollte, sind Malcompliance, schlechte Medikamentenresorption nach oraler Einnahme und Arzneimittelinteraktionen.

Zusammenfassung

Im klinischen Alltag kommen therapierefraktäre Pneumonien nicht selten vor. Bei etwa 15% aller CAP-Patienten muss mit einem Versagen der Initialtherapie gerechnet werden. Die Gefährlichkeit des Therapieversagens liegt vor allem in der signifikanten Erhöhung der Pneumonie-assoziierten Letalität. Nach dem zeitlichen Auftreten wird ein frühes (<72 h nach Behandlungsbeginn) von einem späten Versagen (>72 h) unterschieden. Normalerweise erreichen CAP-Patienten nach drei Tagen adäquater antibiotischer Behandlung klinische Stabilität. Deshalb wird zu diesem Zeitpunkt eine routinemäßige Reevaluation empfohlen, um Therapieversager sicher erkennen zu können. Entsprechend dem klinischen Verlauf findet sich entweder eine progrediente Pneumonie oder eine nicht ansprechende Pneumonie. Neben direkt infektionsbedingten Ursachen muss auch immer an nichtinfektiöse Ursachen gedacht werden. Deshalb sollte jede Form der therapierefraktären Pneumonie eine ausgiebige Ursachensuche nach sich ziehen. Je nach Situation umfasst die erforderliche Diagnostik neben mikrobiologischen Untersuchungen auch laborchemische und serologische Analysen, weiterführende bildgebende (z.B. CT-Thorax, Pleurasonographie) und endoskopische Untersuchungen (Bronchoskopie mit BAL, ggf. transbronchiale Biopsien). Therapeutisch stehen eine Sicherung der Vitalfunktionen und eine Anpassung der antibiotischen Behandlung im Vordergrund. Ziel der Umstellung der Antibiotikatherapie ist es, eventuell vorher bestehende Lücken des antimikrobiellen Spektrums zu beseitigen sowie die Dosierung und Applikationsform zu optimieren. Wichtig ist, dass die erforderlichen diagnostischen Maßnahmen unter keinen Umstände die Therapieanpassung verzögern, da dies zu einer weiteren Zunahme der Letalität führen kann.

Interessenkonflikte

SRO: Beratungs- und Vortragshonorare von Pfizer und Bayer Healthcare.

HL: Keine relevanten Interessenkonflikte

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Dr. Sebastian R Ott, Universitätsklinik für Pneumologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, 3010 Bern, Schweiz, E-Mail: sebastian.ott@insel.ch

Prof. Dr. Hartmut M Lode, RCCOS – affil. Institut für Klinische Pharmakologie, Charitè – Universitätmedizin Berlin, Reichsstr. 2, 14052 Berlin

Therapy-resistant pneumonia

In the treatment of community-acquired pneumonia (CAP), a dissatisfying response to initial therapy can commonly be observed. Approximately 15% of all CAP patients will deteriorate after treatment initiation (“progressive pneumonia”) or fail to improve despite treatment (“non-responding pneumonia”) and, thus, have to be classified as treatment failures. These patients are at elevated risk of death, because treatment failure is directly linked to an increase in CAP mortality. Based on the timing of the appearance of treatment failure, an early failure with onset within the first 72 hours of treatment can be distinguished from late failure (>72 hours). Usually, most CAP patients reach clinical stability within 72 hours of sufficient treatment. Therefore, current treatment guidelines recommend a routine re-evaluation of all CAP patients at this time point. Worsening of clinical status or inadequate improvement despite adequate antibiotic therapy should promptly trigger a re-evaluation of the original clinical findings in order to identify infectious and non-infectious causes of therapy resistant pneumonia. This may require further diagnostic procedures like chest radiography or computed tomography, bronchoscopy, microbiological and serological sampling and additional laboratory test. The primary therapeutic strategies in therapy resistant pneumonia are maintenance of vital functions and immediate adjustment of antibiotic therapy, mainly by the broadening of antimicrobial and optimizing dosages and route of administration. However, the required diagnostic work-up should never delay the adjustment of antibiotic treatment.

Arzneimitteltherapie 2013; 31(01)