Rosemarie Ziegler, Albershausen
Morbus Crohn ist eine chronische, unspezifische Entzündung, die im gesamten Verdauungstrakt auftreten kann. Meist ist jedoch der Dünn- oder Dickdarm betroffen. Während der Entzündung sezernieren Makrophagen der befallenen Schleimhaut den Entzündungsmediator Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α). Anti-TNF-α-Wirkstoffe wie Infliximab (Remicade®), Adalimumab (Humira®) und Etanercept (Enbrel®) beeinflussen auf unterschiedliche Weise die Zytokin-Rezeptor-Wechselwirkung und hemmen so die Auslösung oder Verstärkung der entzündlichen Reaktion. Ein Drittel der Morbus-Crohn-Patienten allerdings reagiert nicht auf eine Behandlung mit TNF-α-Antagonisten, ein weiteres Drittel spricht nur vorübergehend an. Oft hilft dann weder eine Dosiserhöhung noch der Umstieg auf einen anderen TNF-α-Blocker.
Präklinische Studien haben gezeigt, dass auch die Zytokine Interleukin 12 (IL-12) und Interleukin 23 (IL-23) an der Pathophysiologie von M. Crohn beteiligt sind. Das zur Behandlung von schwerer Plaque-Psoriasis zugelassene Ustekinumab (Stelara®) ist ein rein humaner monoklonaler IgG1κ-Antikörper. Er bindet an die p40-Untereinheit von IL-12/23, wodurch diese nicht mehr mit ihren Rezeptoren an der Oberfläche von Immunzellen (z.B. T-Zellen) interagieren können. So wird eine wichtige Botenstoff-Funktion von IL-12 und IL-23 behindert und die Signalkaskade unterbrochen, die über T-Zell-Differenzierung und -Aktivierung zur Entzündungsreaktion führt. In einer früheren Studie der Phase IIa wurde gezeigt, dass Ustekinumab auch bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Crohn-Erkrankung eine Wirkung aufweist. Darauf aufbauend wurde nun eine internationale Phase-IIb-Studie, die CERTIFI (Crohn’s evaluation of response to ustekinumab anti-interleukin-12/23 for induction)–Studie durchgeführt.
Studiendesign
Teilnehmer waren 526 mindestens 18-jährige Patienten mit mäßigem bis schwerem M. Crohn: sie hatten 220 bis 450 Punkte auf der 0 bis 600 Punkte umfassenden Crohn’s Disease Activity Index (CDAI)-Skala. Alle hatten auf TNF-α-Antagonisten nicht angesprochen oder zeigten nach deren Gabe nicht tolerierbare Nebenwirkungen. In der Induktionsphase (Woche 0–8) erhielten sie randomisiert intravenös 1, 3 oder 6 mg Ustekinumab pro kg Körpergewicht oder Plazebo. Für die Erhaltungstherapie (Woche 8–36) wurden die Patienten erneut randomisiert, je nachdem, ob sie nach sechs Wochen auf Ustekinumab angesprochen hatten (n=145) oder nicht, und erhielten in der 8. und der 16. Woche jeweils eine subkutane Injektion von 90 mg Ustekinumab oder Plazebo.
Primärer Endpunkt war eine klinische Besserung (≥100 Punkte auf der CDAI-Skala) nach sechs Wochen.
Studienergebnisse
Den primären Endpunkt erreichten 36,6%, 34,1% und 39,7% der Teilnehmer mit 1, 3 bzw. 6 mg Ustekinumab/kg Körpergewicht im Vergleich zu 23,5% mit Plazebo (p=0,005 für den Vergleich mit der Höchstdosisgruppe, Abb. 1).

Abb. 1. Anteil der Patienten, bei dem eine klinische Besserung (≥100 Punkte auf der CDAI-Skala) nach 6 Wochen Therapie auftrat. *gemäß Studienprotokoll nicht signifikant, weil mit der höheren Dosis (3 mg/kg) kein signifikanter Unterschied erreicht wurde.
Die Responder der Induktionsphase sprachen in der Erhaltungsphase (Kontrolle in der 22. Woche) zu 69,4% (vs. 42,5% mit Plazebo) auf das Verum an (p<0,001), 41,7% (vs. 27,4%, p=0,03) erreichten eine Remission.
Patienten, die nicht auf die Einleitungsphase angesprochen hatten, zeigten auch in der Dauertherapie kein Ansprechen. Die Ansprechraten in Woche 22 betrugen in der Ustekinumab-Gruppe 20,2% und in der Plazebo-Gruppe 18,2% (p=0,71).
Wie bei allen Biologika kommt es bei Ustekinumab zur Immunsuppression; bei sechs Patienten in der Einleitungsphase und bei vier Patienten in der Erhaltungsphase traten schwere Infektionen auf. Ein Patient entwickelte ein Basaliom.
Fazit
Für Patienten mit refraktärem M. Crohn kann Ustekinumab eine Alternative sein. Ergebnisse aus größeren Studien mit längerer Beobachtungszeit müssen jedoch noch abgewartet werden.
Quelle
Sandborn WJ, et al. Ustekinumab induction and maintenance therapy in refractory Crohn’s disease. N Engl J Med 2012;367:1519–28.
Arzneimitteltherapie 2013; 31(03)