Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 2 und einer arteriellen Hypertonie sind Hochrisikopatienten für die Arteriosklerose und somit auch für Herzinfarkt und Schlaganfall. Darüber hinaus sind diese Erkrankungen auch die Hauptursachen für ein terminales Nierenversagen. Bei der arteriellen Hypertonie und beim Typ-2-Diabetes ist das Renin-Angiotensin-System (RAS) sowohl lokal in verschiedenen Geweben als auch systemisch aktiviert. Im Rahmen der IDNT(Irbesartan diabetic nephropathy)-Studie konnte gezeigt werden, dass bei hypertonen Typ-2-Diabetikern mit diabetischer Nephropathie durch die Gabe eines Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten die renale Morbidität und Mortalität günstig beeinflusst wird. Doch trotz Einsatz dieses Therapieprinzips bleibt immer noch ein hohes renales Restrisiko.
Aber auch im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse sind hypertone Diabetiker besonders gefährdet, vor allem dann, wenn zusätzlich eine diabetische Nephropathie vorliegt. Somit ist nicht nur die renale Prognose, sondern auch das Mortalitätsrisiko abhängig von der Höhe des Blutdrucks und dem Ausmaß der Proteinurie, das heißt, je niedriger der Blutdruck und die Eiweißausscheidung im Urin, umso besser ist die Prognose. Auch wenn die Gabe eines Hemmstoffs des Renin-Angiotensin-Systems die Proteinurie reduziert, ist diese doch progredient. Diese Gesichtspunkte waren die Rationale für die ALTITUDE(The aliskiren trial in type 2 diabetes using cardio-renal endpoints)-Studie, in der die Kombination des Renin-Inhibitors Aliskiren (Rasilez®) mit einem Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten oder einem ACE-Hemmer untersucht wurde.
Kein Benefit, vermehrt Hyperkaliämien
Eingeschlossen in die Auswertung dieser multizentrischen Studie wurden 8561 Typ-2-Diabetiker, die einer der folgenden Hochrisikogruppen angehörten:
- Persistierende Makroalbuminurie (Albumin-Creatinin-Quotient [UACR] ≥200 mg/g) und eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate [eGFR] ≥30 ml/min/1,73 m2
- Persistierende Mikroalbuminurie (UACR <200 mg/g und ≥20 mg/g) und eine eGFR ≥30–<60 ml/min/1,73 m2
- Kardiovaskuläres Ereignis in der Vorgeschichte und eine eGFR ≥30–<60 ml/min/1,73m2
Die Patienten wurden zunächst über vier bis zwölf Wochen auf eine Basistherapie mit einem Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten oder einem ACE-Hemmer (jedoch nicht beidem) eingestellt. Nach Randomisierung erhielten sie zusätzlich doppelblind entweder Aliskiren (über vier Wochen 150 mg einmal täglich, anschließend 300 mg einmal täglich) oder Plazebo. Der kombinierte primärer Endpunkt setzte sich zusammen aus
- kardiovaskulärem Tod,
- Wiederbelebung bei akutem Herzstillstand,
- nichttödlichem Herzinfarkt,
- nichttödlichem Schlaganfall,
- stationärer Behandlung wegen einer Herzinsuffizienz,
- Verdopplung des Creatininwerts,
- terminaler Niereninsuffizienz und
- renalem Tod.
Die mediane Behandlungszeit betrug 32,9 Monate. Danach wurde die Studie vorzeitig wegen fehlendem Benefit und möglicher Risiken beendet. Im Verlauf der Studie wurde Aliskiren von 33,8% der Patienten und Plazebo von 28,4% der Patienten abgesetzt. Die Auswertung ergab für den primären Endpunkt keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen. Während in der Aliskiren-Gruppe der primäre Endpunkt bei 18,3% der Patienten erreicht wurde, war dies in der Plazebo-Gruppe bei 17,1% der Patienten der Fall (HR 1,08; 95%-KI 0,98–1,20; p=0,12).
Auch bezüglich des kombinierten kardiovaskulären und kombinierten renalen Endpunkts gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Ebenso war die Gesamtmortalität nicht statistisch signifikant unterschiedlich: In der Aliskiren-Gruppe traten 376, in der Plazebo-Gruppe 358 Todesfälle auf (8,8% vs. 8,4%). Bezüglich der Blutdrucksenkung und der Abnahme der Albuminurie fand sich ein Trend zugunsten von Aliskiren. Schlaganfälle traten in der Aliskiren-Gruppe bei 3,4%, in der Plazebo-Gruppe bei 2,8% der Patienten auf (HR 1,22; p=0,11) – also ebenfalls kein statistisch signifikanter Unterschied.
Ein signifikanter Unterschied fand sich lediglich beim Endpunkt Wiederbelebung bei akutem Herzstillstand. Ein solches Ereignis trat in der Aliskiren-Gruppe bei 0,4%, in der Plazebo-Gruppe bei 0,2% der Patienten auf (p=0,04), wobei es sich allerdings insgesamt um ein sehr seltenes Ereignis handelte (19 Patienten in der Aliskiren-Gruppe vs. 8 Patienten in der Plazebo-Gruppe). Ursächlich dafür dürfte das erhöhte Hyperkaliämierisiko unter Aliskiren sein. Während in der Aliskiren-Gruppe ein Kaliumwert >5,5 bis 6,0 mmol/l bei 21,2% der Patienten auftrat, war dies in der Plazebo-Gruppe nur bei 16,9% der Patienten der Fall. Eine schwere Hyperkaliämie mit einem Kaliumwert >6,0 mmol/l wurde in der Aliskiren-Gruppe bei 11,2% im Vergleich zu 7,2% in der Plazebo-Gruppe dokumentiert. Auch eine Hypotonie trat in der Aliskiren-Gruppe mit 12,1% im Vergleich zu 8,3% in der Plazebo-Gruppe häufiger auf.
Fazit
Die Ergebnisse der ALTITUDE-Studie zeigen, dass bei Hochrisiko-Typ-2-Diabetikern eine duale RAS-Hemmung mit Aliskiren plus einem ACE-Hemmer oder einem Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten keine sinnvolle Therapieoption darstellt, da weder das kardiale, noch das renale, noch das zerebrale Risiko verbessert wird. Jedoch führt die duale RAS-Blockade zu einer Zunahme von Hyperkaliämien, was eventuell das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöht.
Quelle
Prof. Hermann Haller, Hannover. Satellitensymposium „Aliskiren und die ALTITUDE-Studie – Neue Bewertungen der antihypertensiven Kombinationstherapie“ veranstaltet von Novartis Pharma GmbH im Rahmen des 36. Wissenschaftlichen Kongresses der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® 2012, Berlin, 7. Dezember 2012.
Literatur
Parving H, et al. Cardiorenal end points in a trial of aliskiren for type 2 diabetes. N Engl J Med 2012;367:2204–13.
Arzneimitteltherapie 2013; 31(04)