Lymphome

Neuer Signalweg kann effektiv gehemmt werden


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Annette Junker, Wermelskirchen

In zwei Studien wurde der orale Bruton’s-Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) sowohl in der Erst- als auch der Zweitlinientherapie eingesetzt und führte auch bei Hochrisikopatienten zu sehr guten Ansprechraten und einer langen Therapiewirksamkeit bei akzeptabler Toxizität. Diese Studien wurden während der 54. Jahrestagung der amerikanischen Hämatologen (ASH) im Dezember 2012 in Atlanta vorgestellt. Optimisten titulierten Ibrutinib während der Tagung bereits als „das Imatinib der CLL“.

Die Bruton’s Tyrosinkinase (BTK) gehört zu den Tyrosinkinasen der Tec-Familie, die vor allem in B-Zellen exprimiert sind. BTK übernimmt wichtige Funktionen in der Amplifikation von Signalen von mehreren Rezeptoren an der Zelloberfläche und bei der Vermittlung des B-Zell-Rezeptor-Signals ins Zellinnere, und das sowohl bei gesunden als auch bei entarteten B-Zellen. Im Hinblick auf Proliferation und Überleben sind die meisten B-Zell-Tumoren abhängig von der BTK. Insofern verspricht sich die Fachwelt viel von Inhibitoren dieses Signalwegs, unter anderem auch bei der B-CLL und Mantelzell-Lymphomen, zumal herkömmliche Chemotherapie-basierte Behandlungsoptionen teilweise mit erheblichen Nebenwirkungen einhergehen.

In einer während der ASH-Tagung vorgestellten multizentrischen Phase-I/II-Studie wurde der orale BTK-Inhibitor Ibrutinib bei 116 Patienten mit CLL oder kleinzelligem Lymphom entweder in der Erst- oder Zweitlinientherapie mit zwei verschiedenen Dosierungen (420 mg/Tag oder 840 mg/Tag) eingesetzt [1]. Auch Patienten mit erhöhtem genetischem Risiko wie den Deletionen del17p oder del11q wurden rekrutiert. 35% der Patienten hatten eine del17p- und 39% eine del11q-Mutation. 32% der RR(relapsed or refractory)-Patienten hatten weniger als drei und 68% drei oder mehr Vortherapien hinter sich. Patienten, die in der First-Line behandelt wurden (n=31), wiesen eine objektive Ansprechrate (ORR, objective response rate) von 68% auf, rückfällige/refraktäre Patienten eine ORR von 71%. Nach 26 Monaten betrug das progressionsfreie und das Gesamtüberleben 96%. Von den RR-Patienten waren noch 75% progressionsfrei und 83% dieser Patienten lebten nach 26 Monaten noch. Mehr als die Hälfte dieser Patienten wiesen eine del17p-Mutation auf. Zu hämatologischen Nebenwirkungen der Grade 3 und 4 kam es bei den vorbehandelten Patienten etwas häufiger als bei den nicht vorbehandelten Patienten (13% vs. 6%). An nichthämatologischen Nebenwirkungen trat häufiger eine Diarrhö auf, die aber selten die Grade 3/4 erreichte.

Für Hochrisiko-Patienten, typische Mutationen verlieren ihren Schrecken

In einer weiteren Studie wurden die positiven Ergebnisse des BTK-Inhibitors Ibrutinib bestätigt, insbesondere bei Hochrisikopatienten [2]. In der Studie von Burger und Kollegen wurde der BTK-Inhibitor in Kombination mit Rituximab (MabThera®) gerade bei den CLL-Patienten eingesetzt, deren Erkrankung aufgrund ihrer Genmutationen als schwer therapierbar galten. Dabei handelte es sich um Patienten mit del17p-, del11q- oder p53-Mutationen oder um solche mit einer Remissionsdauer von weniger als drei Jahren nach der Erstlinientherapie.

Ibrutinib (420 mg) wurde kontinuierlich einmal am Tag oral und Rituximab (375 mg/m2) im ersten Monat wöchentlich und in den Monaten 2 bis 6 nur noch einmal pro Monat appliziert. Bei 83% der Patienten kam es innerhalb der Monate 3 bis 6 zu einem Therapieansprechen (ORR). Besonders auffällig war die Verbesserung des Zielkriteriums TTF (Zeit bis zum Fehlschlagen der Therapie) unter der Therapie mit Rituximab im Vergleich zu einer bisher üblichen Rezidivtherapie der 17p-Mutation (Abb. 1).

Abb. 1. Zeit bis zum Therapieversagen unter Ibrutinib + Rituximab bzw. konventioneller Therapie bei CLL-Patienten mit del17p-Mutation

An unerwünschten Wirkungen kam es auch in dieser Studie häufig (25%) zu Diarrhö, aber überwiegend der Grade 1/2, und zu Anämien, die aber nur selten (<5%) Grad 4 erreichten.

Auch bei den ebenfalls schwer therapierbaren Entitäten Mantelzell-Lymphom sowie diffus großzelliges Lymphom wurde der BTK-Inhibitor bereits getestet. Zwei Studien hierzu [3, 4] wurden ebenfalls während der ASH-Tagung vorgesellt. Auch hier zeigten sich wieder eine sehr gute Wirksamkeit und eine gute Verträglichkeit.

Wenn sich diese Daten zum progressionsfreien und Gesamtüberleben bei solchen Hochrisikogruppen in Phase-III-Studien bestätigen lassen, gehört der Schrecken von 17p- und 11q-Deletionen sowie von Mantelzell- und diffus großzelligen Lymphomen vielleicht wirklich bald der Vergangenheit an.

Literatur

1. Byrd JC, et al. The Bruton’s tyrosine kinase (BTK) inhibitor ibrutinib (PCI-32765) promotes high response rate, durable remissions, and is tolerable in treatment naïve (TN) and relapsed or refractory (RR) chronic lymphocytic leukemia (CLL) or small lymphocytic lymphoma (SLL) patients including patients with high-risk (HR) disease: New and updated results of 116 patients in a phase Ib/II study.

2. Burger JA, et al. The BTK inhibitor ibrutinib (PCI-32765) in combination with rituximab is well tolerated and displays profound activity in high-risk chronic lymphocytic leukemia (CLL) patients.

3. Wang M, et al. Interim results of an international, multicenter, phase 2 study of Bruton’s tyrosine kinase (BTK) inhibitor, ibrutinib (PCI-32765), in relapsed or refractory mantle cell lymphoma (MCL): Durable efficacy and tolerability with longer follow-up.

4. Wilson W, et al. The Bruton’s tyrosine kinase (BTK) inhibitor, ibrutinib (PCI-32765), has preferential activity in the ABC subtype of relapsed/refractory de novo diffuse large B-cell lymphoma (DLBCL): Interim results of a multicenter, open-label, phase 2 study.

Arzneimitteltherapie 2013; 31(04)