Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
Die Langzeitbehandlung der Psoriasis mit systemisch wirksamen Biologika oder Nichtbiologika geht oft mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Sicherheits- und Verträglichkeitsproblemen einher. Weitere Probleme stellen Wirksamkeitsverluste oder Probleme bei der Verabreichung (Injektion vs. oral) dar.
Die Arzneistoffentwicklung bei der Psoriasis zielt heute auf die Signalübertragung zwischen inflammatorischen Zellen, wie T-Zellen und myeloischen dentritischen Zellen ab. Biologika richten sich gegen spezifische inflammatorische Zytokine, beispielsweise Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) und die Interleukine 12, 17 und 23. Ein weiteres Target stellt die Phosphodiesterase 4 (PDE-4), ein intrazelluläres Enzym, dar, das den sekundären Botenstoff cAMP abbaut, was zu einer erhöhten Produktion von proinflammatorischen Zytokinen führt. In Zellen des Immunsytems, einschließlich dentritischen Zellen, Monozyten und Neutrophilen, ist die PDE-4 die vorherrschende Phosphodiesterase. Sie wird auch in Keratinozyten exprimiert.
Apremilast ist ein neuer niedermolekularer Inhibitor der PDE-4, der oral verabreicht werden kann. Die Substanz wirkt intrazellulär und moduliert eine Reihe von entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Mediatoren. Erste Ergebnisse mit Tieren und Menschen sprechen für eine Wirksamkeit bei Psoriasis.
Studienziel und -design
In einer randomisierten, multizentrischen und Plazebo-kontrollierten Phase-IIb-Studie wurden die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von verschiedenen Apremilast-Dosen bei der Behandlung von Patienten mit moderater und schwerer Plaque-Psoriasis untersucht. Durchgeführt wurde die Studie zwischen September 2008 und Oktober 2009 an 35 klinischen Zentren in den USA und Kanada. Rekrutiert wurden 352 erwachsene Patienten, die Kandidaten für eine Phototherapie beziehungsweise systemische Behandlung waren. Ihr Wert auf der „Psoriasis area-and-severity index“(PASI)-Skala (siehe Kasten) lag für mindestens sechs Monate bei ≥12 Punkten und mindestens 10% der Körperoberfläche waren von Hautläsionen betroffen. Die Studienteilnehmer wurden randomisiert in folgende Behandlungsgruppen aufgeteilt:
- Plazebo (n=88 Patienten)
- 10 mg Apremilast (n=89 Patienten)
- 20 mg Apremilast (n=87 Patienten)
- 30 mg Apremilast (n=88 Patienten)
Die Studienmedikation wurde jeweils zweimal täglich oral verabreicht. Die demographischen und Ausgangscharakteristika waren in den Behandlungsgruppen vergleichbar. Die meisten Patienten waren männlich, weiß und fettleibig. In Woche 16 wurden die Patienten der Plazebo-Gruppe auf zweimal täglich 20 oder 30 mg Apremilast umgestellt. In den ersten 16 Wochen war die Behandlung sowohl für das Studienpersonal als auch die Patienten verblindet. In den Wochen 16 bis 24 wussten beide Seiten, dass die Patienten Apremilast erhielten, allerdings war die Dosis weiterhin verblindet. Primärer Studienendpunkt war der Anteil der Patienten, bei denen in Woche 16 eine mindestens 75%ige Reduktion des PASI im Vergleich zum Ausgangswert erreicht werden konnte.
PASI
Der PASI (Psoriasis area and severity index) dient der Quantifizierung der Symptome (Erythem, Infiltration und Schuppung) sowie des Ausmaßes des Befalls der vier Körperregionen Kopf, Rumpf, Arme und Beine. Bei einem PASI <10 gilt die Psoriasis als mild, ab einem PASI von 10 als mittelschwer bis schwer, der rechnerische Maximalwert ist 72.
Alternativ kann der Prozentsatz der befallenen Körperoberfläche (BSA =Body surface area) als Schweremaß dienen. Ein BSA >10% gilt als Merkmal für eine mittelschwere bis schwere Psoriasis.
Studienergebnis
In der 16. Behandlungswoche wurde eine mindestens 75%ige Besserung des PASI von signifikant mehr Patienten in der 20-mg- und 30-mg-Apremilast-Gruppe im Vergleich mit der Plazebo-Gruppe erreicht (Tab. 1). In der 10-mg-Apremilast-Gruppe war der Unterschied gegenüber Plazebo nicht signifikant (Tab. 1).
Tab. 1. Anteil der Patienten, die den primären Endpunkt, eine 75%ige Besserung des PASI-Ausgangswerts nach 16 Behandlugswochen, erreichten
Plazebo (n=88) |
Apremilast 10 mg (n=89) |
Apremilast 20 mg (n=87) |
Apremilast 30 mg (n=88) |
|
Anzahl der Patienten, mit einer 75%igen Besserung des PASI [n] (%) |
5 (6) |
10 (11) |
25 (29) |
36 (41) |
Odds-Ratio (95%-KI) |
2,10 |
6,69 |
11,5 |
|
p-Wert vs. Plazebo |
p=0,19 |
p<0,0001 |
p<0,0001 |
Auch Patienten, die nach einer 16-wöchigen Plazebo-Behandlung 20 oder 30 mg Apremilast erhielten, zeigten nach acht Wochen eine rasche Besserung der Symptome (≥75%ige Besserung des PASI bei 23,5 bzw. 33,3% der Patienten).
Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (96%) verliefen leicht oder moderat. Mindestens 5% der Patienten litten an Schwindel, Infektionen der oberen Atemwege, Diarrhö, Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, Gastroenteritis oder Dyspepsie. In der 30-mg-Apremilast-Gruppe traten am häufigsten Kopfschmerzen, Übelkeit und Durchfall auf; mindestens die Hälfte dieser Nebenwirkungen trat innerhalb der ersten beiden Behandlungswochen auf und besserte sich innerhalb einer Woche. Insgesamt wurden sieben schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen während der doppelblinden Phase beobachtet, jeweils zwei unter Plazebo und 30 mg Apremilast, drei unter 20 mg Apremilast. Keiner dieser unerwünschten Effekte war jedoch auf Apremilast zurückzuführen. Auch hatte die Einnahme des PDE-4-Inhibitors keinen Einfluss auf die Ergebnisse von hämatologischen, immunologischen, serologischen oder elektrokardiographischen Untersuchungen.
Fazit
Der erste orale PDE-4-Inhibitor Apremilast war in der vorliegenden Phase-II-Studie in Dosierungen von zweimal täglich 20 mg oder 30 mg bei der Behandlung der Plaque-Psoriasis Plazebo deutlich überlegen. Obwohl es keine Vergleichsstudie war, ähneln die Ergebnisse denen der Biologika Etanercept (Enbrel®) und Efalizumab (Raptiva®, 2009 wegen Fällen von progressiver multifokaler Leukoenzephalopathie [PML] vom Markt genommen). Mit Apremilast traten keine opportunistischen Infektionen auf, die unerwünschten Arzneimittelwirkungen verliefen leicht bis moderat, Leber- und Nierenfunktion mussten nicht ständig überprüft werden. Derzeit laufen weiterführende Studien, um die Langzeitwirksamkeit und Sicherheit der Substanz zu untersuchen. Weiterhin wird der Einsatz von Apremilast bei anderen Indikationen, beispielsweise bei Psoriasis-Arthritis überprüft.
Quelle
Papp K, et al. Efficacy of apremilast in the treatment of moderate to severe psoriasis: a randomised controlled trial. Lancet 2012;380:738–46.
Phase-III-Studie ESTEEM 1
Erste Daten zur Phase-III-Studie ESTEEM 1 wurden vor Kurzem veröffentlicht [1]. In die Studie wurden 844 Patienten mit moderater oder schwerer Plaque-Psoriasis eingeschlossen und zweimal täglich mit 30 mg Apremilast oder Plazebo behandelt. Den primären Endpunkt, eine 75%ige Besserung des PASI nach 16 Wochen, erreichten 33,1% in der Apremilast-Gruppe im Vergleich mit 5,3% in der Plazebo-Gruppe (p<0,0001). Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen in der Verum-Gruppe waren Durchfall, Übelkeit und Kopfschmerzen. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse oder schwerwiegende opportunistische Infektionen war nicht erhöht.
Die Wirksamkeit war in dieser Phase-III-Studie niedriger als in der Phase-IIb-Studie (33,1% vs. 41% erreichten eine 75%ige Besserung des PASI nach 16 Wochen) und bedeutet eine niedrigere Wirksamkeit im Vergleich mit Biologika wie Etanercept. Die Ergebnisse weiterer Phase-III-Studien, auch im Vergleich mit alternativen Therapien, sind allerdings noch offen.
[1] Pressemitteilung der Firma Celgene International Sàrl vom 2. März 2013. Oral apremilast achieves statistical significance for the primary endpoint of PASI-75 in the first phase III study (ESTEEM 1) in patients with psoriasis.
Red.
Arzneimitteltherapie 2013; 31(06)