Ovarialkarzinom

Erhaltungstherapie mit Pazopanib verlängert krankheitsfreies Überleben


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Eine Erhaltungstherapie mit Pazopanib (Votrient®) kann das krankheitsfreie Überleben von Frauen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom nach Behandlung mit Operation und Chemotherapie im Vergleich zu Plazebo signifikant um durchschnittlich 5,6 Monate verlängern. Dies ergab die Phase-III-Studie AGO-OVAR16, deren Ergebnisse von Prof. Dr. med. Andreas Du Bois, Essen, bei der Jahrestagung der American Society of Oncology (ASCO) vorgestellt wurden.

Das fortgeschrittene Ovarialkarzinom ist eine aggressive Erkrankung. Die Therapiemöglichkeiten sind zwar in den letzten Jahren besser geworden, dennoch erleiden trotz erfolgreicher erster Behandlung mit Operation und Chemotherapie rund 70% der Frauen einen Rückfall, davon die Hälfte im ersten Jahr. Derzeit gibt es keine Marker oder Tests, mit denen das Risiko einer Patientin für einen Rückfall eingeschätzt werden könnte. Das Rezidivrisiko kann aber möglicherweise durch eine Erhaltungstherapie verringert werden. In der EU ist hierzu bislang der VEGF-Hemmer Bevacizumab (Avastin®) zugelassen, wenn er zusammen mit Chemotherapie als Erstlinientherapie angewendet worden war.

Pazopanib zur Erhaltungstherapie?

Pazopanib ist ein Multikinasehemmer, der an mehreren Rezeptoren angreift, zum Beispiel am Vascular-Endothelial-Growth-Factor (VEGFR) 1, 2 und 3, am Platelet-Derived-Growth-Factor-Rezeptor (PDGFR) alpha und beta sowie an c-KIT. Bislang ist Pazopanib für die Behandlung von Patienten mit Nierenzellkarzinom und bestimmten Subtypen des fortgeschrittenen Weichteilsarkoms zugelassen. In einer von GlaxoSmithKline unterstützten Phase-III-Studie der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie (AGO) wurden nun Sicherheit und Verträglichkeit von Pazopanib und Plazebo in der Erhaltungstherapie bei Frauen mit Ovarialkarzinom verglichen. In die Studie wurden von Juni 2009 bis August 2010 940 Patientinnen mit histologisch nachgewiesenem Ovarialkarzinom vorwiegend im Stadium III/IV aufgenommen, deren Erkrankung nach einer Operation und mindestens fünf Zyklen einer Platin-Taxan-Chemotherapie nicht progredient war. Sie wurden randomisiert mit Pazopanib 800 mg/Tag (n=472) oder Plazebo (n=468) bis zu zwei Jahre behandelt. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) nach RECIST (Response evaluation criteria in solid tumors), zu den sekundären Endpunkten gehörten das PFS beurteilt nach den Kriterien der GCIG (International gynecologic cancer society), ferner Sicherheit und Lebensqualität.

Im Median dauerte es von der Diagnose bis zur Randomisierung im Plazebo-Arm 7,1 Monate, im Pazopanib-Arm 7,0 Monate. Die PFS-Bewertung begann mit dem Zeitpunkt der Randomisierung.

PFS durch Erhaltungstherapie verlängert

Die Frauen wurden im Median 24 Monate nachbeobachtet. Das PFS war bei den Frauen im Pazopanib-Arm im Vergleich zu Plazebo signifikant um 5,6 Monate verlängert, und zwar von 12,3 auf 17,9 Monate im Median (Hazard-Ratio 0,766; 95%-Konfidenzintervall 0,64–0,91; p=0,0021) (Abb. 1). Sensitivitäts- und Subgruppenanalysen waren konsistent mit der primären Analyse. Die erste Interimsanalyse zum Gesamtüberleben mit nur 189 Ereignissen (20,1% der Gesamtgruppe) ergab keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Abb. 1. AGO-OVAR-16-Studie: Der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben wurde durch eine Erhaltungstherapie mit Pazopanib signifikant um 5,6 Monate verlängert [nach Du Bois]

In der Pazopanib-Gruppe traten häufiger und mehr schwere unerwünschte Wirkungen auf als unter Plazebo. Am häufigsten waren Bluthochdruck, Durchfall, Kopfschmerzen, Fatigue und Neutropenie. Dies sind bekannte Klasseneffekte der Tyrosinkinasehemmer. Ein tödliches unerwünschtes Ereigniss erlitten drei Frauen in der Pazopanib- und eine Frau in der Plazebo-Gruppe.

Fazit

Damit liegt die erste Phase-III-Studie in der Erhaltungstherapie vor, die einen signfikanten Vorteil für eine gezielt wirkende Therapie belegt. Pazopanib könnte eine wertvolle Therapieoption für Frauen mit Ovarialkarzinomen im FIGO-Stadium II bis IV werden, deren Erkrankung nach der Erstlinien-Chemotherapie noch nicht fortgeschritten ist.

Nach Aussage von Dr. Carol Aghajanian, Expertin der ASCO für gynäkologische Onkologie, belegen die Ergebnisse, dass VEGF als Target einer Therapie beim Ovarialkarzinom wichtig sei. Das Leben von Frauen mit Ovarialkarzinom könne verlängert werden. Noch sei aber unklar, welches die beste Substanz und der richtige Zeitpunkt für die Erhaltungstherapie seien und ob eine Verlängerung der Initialtherapie oder ein Wechsel der Substanz besser seien.

Quelle

Du Bois A, et al. Randomized, double-blind, phase III trial of pazopanib versus placebo in women who have not progressed after first-line chemotherapy for advanced epithelial ovarian, fallopian tube, or primary peritoneal cancer (AEOC): results of an international Intergroup trial (AGO-OVAR16). ASCO Annual Meeting, 31. Mai bis 4. Juni 2013, Chicago. J Clin Oncol 31, 2013(suppl); abstr #LBA5503:

Arzneimitteltherapie 2013; 31(10)