Chronische spontane Urtikaria

Omalizumab bewirkt schnelle Symptomkontrolle bei Urtikaria


Helga Brettschneider, Frankfurt am Main

Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria bietet die herkömmliche Therapie oft keine ausreichende Linderung. Der monoklonale Antikörper Omalizumab verringerte jetzt in einer Studie die Beschwerden dieser Patienten schnell und wirksam. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der 47. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft bei einem Symposium von Novartis Pharma vorgestellt.

Standardtherapie der chronischen spontanen Urtikaria ist der Einsatz nichtsedierender Antihistaminika. Doch oft genügt selbst deren Aufdosierung auf die vierfache Dosis nicht [1]. Zurzeit wird für Patienten mit einer Antihistaminika-refraktären Ausprägung die Wirksamkeit von Omalizumab in Studien wie ASTERIA-II untersucht. Der humanisierte, monoklonale Antikörper wird seit einigen Jahren als Xolair® bei schwerem, persistierendem allergischem Asthma bronchiale s.c. injiziert. Er bindet selektiv an Immunglobulin E (IgE); dadurch sinkt die Menge an freiem IgE für die allergische Kaskade.

Das machte den Wirkstoff auch für die chronische spontane Urtikaria interessant. Zwar ist die chronische spontane Urtikaria keine allergische Erkrankung (bei weniger als 1% der Betroffenen wurde eine Allergie als Ursache entdeckt), trotzdem zeigen viele Patienten einen erhöhten IgE-Spiegel [2]. Außerdem gibt es Hinweise, dass Autoimmun-Vorgänge eine Rolle spielen könnten. Denn bei den Patienten wurde unter anderem vermehrt IgE gegen körpereigene Schilddrüsen-Antigene gefunden. Wenn zwischen der chronischen spontanen Urtikaria und IgE ein Zusammenhang besteht, dann sollte sich also bei Reduktion des IgE die Situation der Patienten bessern [3].

Um dies zu überprüfen, erhielten 49 Patienten, die unter chronischer spontaner Urtikaria litten und entsprechende IgE-Antikörper aufwiesen, 24 Wochen lang Omalizumab oder Plazebo. Mit dem Antikörper nahm der Urtikaria-Aktivitätsscore (0–42 Punkte) durchschnittlich von rund 25 Punkten auf 7 Punkte ab – signifikant mehr als unter Plazebo (p=0,009). Insgesamt wurden damit 70,4% der Patienten frei von Quaddeln. Mit Plazebo waren es 4,5% [4].

ASTERIA-II: Weniger Juckreiz und mehr Lebensqualität

In der randomisierten, doppelblinden Phase-3-Studie ASTERIA-II wurde die Wirksamkeit von Omalizumab bei 323 Patienten mit moderater bis schwerer, therapieresistenter chronischer spontaner Urtikaria untersucht [5]. Die Teilnehmer der 55 europäischen und US-amerikanischen Studienzentren waren zwölf bis 75 Jahre alt und seit mehr als sechs Monaten erkrankt. Trotz Antihistaminika-Gabe lag ihr Juckreiz-Score (0–21) im Mittel bei 14 und der Quaddel-Score (0–21) bei 16,7 Punkten. 40,7% der Patienten litten an Angioödemen. Inklusive 16 Wochen Nachbeobachtung umfasste ASTERIA-II 28 Wochen.

Während der 12-wöchigen Behandlungsphase erhielten die Probanden als Add-on-Therapie dreimal im Abstand von vier Wochen 300 mg, 150 mg oder 75 mg Omalizumab oder ein Plazebo. Erfasst wurden Änderungen unter anderem des Juckreiz-Scores (primäres Ziel), des Quaddel-Scores und der Lebensqualität. Demnach profitierten die Patienten von Omalizumab schnell. Am wirksamsten war dabei die höchste Dosierung. So sank der Juckreiz-Score mit 300 mg innerhalb von zwei Wochen von 14 auf weniger als 6 Punkte (Plazebo: rund 10 Punkte) und in zwölf Wochen im Mittel auf rund 4 Punkte (–9,8; Plazebo: –5,1; p=0,001). Die 150-mg-Dosis wirkte ebenfalls signifikant, aber weniger stark. Ähnlich entwickelte sich der Quaddel-Score: Mit der 300-mg-Dosis nahm er in zwei Wochen von rund 16 auf etwa 6 Punkte ab (Plazebo: rund 15 Punkte) und in zwölf Wochen auf etwa 4 Punkte. Auch die Lebensqualität verbesserte sich umso mehr, je höher die Dosis war. Nach Beendigung der Therapie erreichten Juckreiz und Quaddeln innerhalb weniger Wochen wieder Plazebo-Niveau.

Noch off Label

Darüber hinaus scheint Omalizumab auch Patienten mit chronischer induzierbarer Urtikaria helfen zu können. Erste Praxisdaten weisen darauf hin: Von 34 Patienten, die zum Beispiel an Druck-, cholinerger oder Licht-Urtikaria litten, zeigten 24 ein komplettes Ansprechen und vier zumindest eine signifikante Besserung [3]. Zurzeit aber ist der Einsatz von Omalizumab bei Urtikaria noch off Label.

Der Zulassungsantrag für die Anwendung bei chronischer spontaner Urtikaria soll noch in diesem Jahr eingereicht werden.

Quelle

Prof. Dr. med. Thilo Jakob, Freiburg, Prof. Dr. med. Marcus Maurer, Berlin, Dr. med. Grit Richter-Huhn, Dresden; Symposium „Chronische Urtikaria im Spotlight“, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH im Rahmen der 47. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Dresden, 3. Mai 2013.

Literatur

1. Maurer M, et al. Unmet clinical needs in chronic spontaneous urticaria: A GA2LEN task force report. Allergy 2011;66:317–30.

2. Staubach P, et al. Patients with chronic urticaria exhibit increased rates of sensitization to Candida albicans, but not to common moulds. Mycoses 2008;52:334–8.

3. Vortrag Maurer M. Data on file.

4. Maurer M, et al. Efficacy and safety of omalizumab in patients with chronic urticaria who exhibit IgE against thyreoperoxidase. J Allergy Clin Immunol 2011;128:202–9.

5. Maurer M, et al. Omalizumab for the treatment of chronic idiopathic or spontaneous urticaria. NEJM 2013;368:924–35.

Arzneimitteltherapie 2013; 31(10)