Michael Koczorek, Bremen
Die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, früher: Wegener’sche Granulomatose) und die mikroskopische Polyangiitis (MPA) sind seltene Autoimmunerkrankungen, die zu den ANCA(antineutrophile zytoplasmatische Antikörper)-assoziierten Vaskulitiden (AAV) zählen. Sie sind charakterisiert durch eine nekrotisierende Entzündung vorwiegend der kleinen Gefäße, die alle Organe betreffen kann. GPA manifestiert sich bevorzugt am Kopf mit Befall der Augen und des HNO-Bereichs, der fast immer betroffen ist. Häufig betroffen sind auch Trachea und Lunge, in der es zu bedrohlichen Einblutungen kommen kann. Die MPA befällt vor allem die Nieren und die Lunge. Nierenbefall ist mit einer schlechten Prognose assoziiert: Die Glomerulonephritis entwickelt sich schleichend und wird häufig erst in späten Stadien diagnostiziert. Die Klinik reicht von initial lokalisiertem Befall des Respirationstrakts, der in Verbindung mit Allgemeinsymptomen anfangs häufig als Infekt der oberen Atemwege fehlgedeutet wird, über frühsystemische und generalisierte Stadien bis zu schweren Organ- oder lebensbedrohlichen systemischen Manifestationen.
Chronisch rezidivierende Erkrankung
Die Diagnose ist eine interdisziplinäre Herausforderung und umfasst laborchemische Untersuchungen (Entzündungsparameter), Autoantikörperdiagnostik (C-ANCA, P-ANCA), Ausschluss anderer Ursachen der Vaskulitis (zum Beispiel Infektion), bildgebende Verfahren und Biopsie der betroffenen Organe. Die Mortalität bei GPA beziehungsweise MPA ist unbehandelt mit 80% innerhalb von zwei Jahren beziehungsweise bis zu 23% im ersten Jahr hoch.
Standard der Therapie ist die Induktion einer Remission mit Cyclophosphamid und Glucocorticoiden, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Azathioprin, unter deren Optimierung sich die akut lebensbedrohliche in eine chronisch rezidivierende Erkrankung gewandelt hat. Die 10-Jahres-Überlebensraten erreichen heute über 80%. Bei einer Rezidivrate von 50% in sieben Jahren war der Bedarf an zusätzlichen Therapiemöglichkeiten hoch.
Mit der Zulassungserweiterung von Rituximab (MabThera®) steht eine neue Therapieoption zur Verfügung. Der in der Therapie des Non-Hodgkin-Lymphoms (seit 1998) und der rheumatoiden Arthritis (seit 2006) bewährte monoklonale CD40-Antikörper ist seit April 2013 in Kombination mit Glucocorticoiden zur Induktion einer Remission bei erwachsenen Patienten mit schwerer, aktiver GPA und MPA zugelassen. Empfohlene Dosis: 375 mg/m2 Körperoberfläche einmal wöchentlich als intravenöse Infusion über vier Wochen.
RAVE-Studie: Rituximab versus Cyclophosphamid
Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der multizentrischen, Plazebo-kontrollierten, doppelverblindeten Nichtunterlegenheitsstudie RAVE [1], an der 197 Patienten mit neu diagnostizierter oder rezidivierter schwerer, aktiver AAV teilnahmen. Nach initial ein bis drei Pulsen Glucocorticoid intravenös erhielten sie
- Cyclophosphamid (2 mg/kg/Tag per os) plus Plazebo oder
- Rituximab in der empfohlenen Dosis plus Plazebo jeweils kombiniert mit Prednison (1 mg/kg/Tag).
Nach Monat 3 bis 6 folgte eine Erhaltungstherapie mit Azathioprin im Standardarm beziehungsweise Plazebo im experimentellen Arm bis Monat 18. Primärer Endpunkt war eine komplette Remission mit vollständig abgesetztem Prednison gemessen am BVAS/WG (Birmingham vasculitis activity score for GPA).
Ergebnisse
Für die Gesamtpopulation (Neudiagnose oder Rezidiv) zeigten sich gleich gute Ansprechraten mit Remission bei 64% (Rituximab) und 53% (Cyclophosphamid) nach sechs Monaten (p=0,09).
Bei Patienten mit vorausgegangenem Rezidiv war das Ansprechen unter Rituximab signifikant besser mit 67% versus 42% unter Cyclophosphamid (p=0,01) (Abb. 1). Den sekundären Endpunkt (Remission mit <10 mg Prednison) erreichten 71% versus 62% (p=0,16). Die Verträglichkeit war in beiden Gruppen vergleichbar gut, Therapieabbrüche unter Rituximab leicht seltener (14% vs. 17%). Langzeitdaten zeigten, dass nach 18 Monaten 36% und 31% noch in Remission waren [2].

Abb. 1. RAVE-Studie: Bei Patienten mit vorausgegangenem Rezidiv ist Rituximab dem bisherigen Standard Cyclophosphamid signifikant überlegen [mod. nach 1]
Dass Rituximab auch in der Erhaltungstherapie – für die es keine Zulassung hält – sinnvoll sein kann, demonstrierte die prospektive Studie MAINRITSAN (Maintenance of remission using Rituximab in systemic ANCA-associated vasculitis) [3]): Unter Erhaltung mit Rituximab (500 mg alle sechs Monate) gab es nur zwei Rezidive gegenüber 18 unter Azathioprin.
Quelle
Priv.-Doz. Dr. Frank Moosig, Bad Bramstedt, Dr. Peer Malte Aries, Hamburg; Pressekonferenz „Zulassungserweiterung für MabThera®: Von A nach B – Moderne Therapieoption für die ANCA-assoziierten Vaskulitis-Formen GPA & MPA mit der B-Zell-Therapie“, Hamburg, 18. Juni 2013, veranstaltet von Roche Pharma AG.
Literatur
1. Stone JH, et al. Rituximab versus cyclophosphamide for ANCA-associated vasculitis. NEJM 2010;363:221–32.
2. Specks W, et al. Long-term efficacy of rituximab in ANCA-associated vasculitis. Ann Rheum Dis 2011;70(Suppl 3):85, Abstract OP0054.
3. Guillevin L, et al. Rituximab versus azathioprine for maintenance in ANCA-associated vasculitis. ACR 2012, Abstract Number 1652.
Arzneimitteltherapie 2013; 31(10)