Neurotraumatologie

Neuroprotektivum CDP-Cholin zeigt beim Schädel-Hirn-Trauma keine Wirksamkeit


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Für CDP-Cholin, ein Neuroprotektivum, konnte in einer randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie mit 1213 Patienten, die mittelschwere Schädel-Hirn-Traumen aufwiesen, keine Wirksamkeit gezeigt werden.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Trotz der Einführung von Sicherheitsgurten und Airbags gibt es noch immer viele traumatische Hirnschäden durch Verkehrsunfälle. In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von neuroprotektiven Strategien untersucht, von denen aber keine bei der Behandlung von Schädel-Hirn-Traumen wirksam war. CDP-(Cytidin-5’-diphospho-)Cholin (engl. Citicoline; Abb. 1) ist in 59 Ländern zur Behandlung des Schädel-Hirn-Traumas zugelassen, obwohl es bisher nur kleinere randomisierte Studien gibt.

Abb. 1. Bei CDP-Cholin handelt es sich um ein Diphosphat des Cytidins, verknüpft mit Cholin

CDP-Cholin

CDP-Cholin ist in Deutschland als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke erhältlich (Ceraxon®).

Studiendesign

Die doppelblinde, randomisierte, klinische COBRIT-Studie (Citicoline brain injury treatment) [2] wurde zwischen 2007 und 2011 in den Vereinigten Staaten durchgeführt. Die Finanzierung erfolgte durch das National Institute of Child Health and Human Development (NICHD) in den USA. Aufgenommen wurden 1213 Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma und Nachweis einer substanziellen Hirnschädigung in der zerebralen Bildgebung. Die eine Hälfte der Patienten erhielt 90 Tage lang 2000 mg CDP-Cholin pro Tag, die andere Hälfte Plazebo. Der primäre Endpunkt war eine Kombination von neun neuropsychologischen Instrumenten, die üblicherweise bei Studien mit Schädel-Hirn-Traumen verwendet werden. Diese Skalen wurden am Tag 90 nach dem Schädel-Hirn-Trauma eingesetzt. Für die Auswertung wurde ein globaler statistischer Test verwendet. Sekundäre Endpunkte waren die funktionelle und kognitive Verbesserung der Ausfälle nach 30, 90 und 180 Tagen.

Studienergebnisse

Für keinen der eingesetzten neuropsychologischen Tests, kognitiven Funktionstests und Skalen ergab sich nach 90 Tagen ein signifikanter Unterschied zwischen den Patienten, die mit CDP-Cholin oder mit Plazebo behandelt worden waren. Dies galt auch für die Auswertezeit nach 30 und 180 Tagen.

Kommentar

Diese öffentlich finanzierte Studie in den USA, die sehr gut geplant und durchgeführt wurde, ergibt keinerlei Hinweise für die Wirksamkeit von CDP-Cholin bei Patienten mit traumatischen Hirnschäden. Die Studie war deswegen vorzeitig abgebrochen worden. Damit zeigt eine große Studie, das CDP-Cholin nicht nur beim Schlaganfall unwirksam ist [1], sondern auch beim Schädel-Hirn-Trauma. Es bleibt abzuwarten, wie die Zulassungsbehörden in den Ländern reagieren, in denen CDP-Cholin zur Behandlung von Schlaganfall und traumatischer Hirnschädigung zugelassen ist.

Literatur

1. Davalos A, et al. Citicoline in the treatment of acute ischaemic stroke: an international, randomised, multicentre, placebo-controlled study (ICTUS trial). Lancet 2012;380:349–57. Epub 2012/06/14.

2. Zafonte RD, et al. Effect of citicoline on functional and cognitive status among patients with traumatic brain injury: Citicoline Brain Injury Treatment Trial (COBRIT). JAMA 2012;308:1993–2000.

Arzneimitteltherapie 2013; 31(11)