Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
RE-ALIGN war eine prospektive randomisierte Phase-II-Studie mit Probanden zwischen 18 und 75 Jahren. Zum einen wurden Patienten eingeschlossen, die aktuell eine mechanische Herzklappe in der Aorten- oder Mitralposition erhielten, zum anderen solche mit Mitralklappenersatz, der bereits mehr als drei Monate zurücklag. Die Studienteilnehmer wurden entweder mit Dabigatran oder Warfarin behandelt; das Randomisierungsverhältnis betrug 2:1. Im Rahmen der Studie wurde die Dosis von Dabigatran so eingestellt, dass die Patienten einen minimalen Plasmaspiegel von 50 ng/ml erreichten. Die initiale Dosis betrug je nach Nierenfunktion 150 mg zweimal täglich und konnte dann bis auf zweimal täglich 300 mg erhöht werden. Patienten, die den erforderlichen Blutspiegel nicht erreichten, wurden auf einen Vitamin-K-Antagonisten umgestellt. In der Warfarin-Gruppe betrug der angestrebte INR (International normalized ratio) bei Patienten mit niedrigem Risiko (Aortenklappenersatz ohne zusätzliche Risikofaktoren) 2,0 bis 3,0 und bei den übrigen Patienten 2,5 bis 3,5. Die Beobachtungszeit erstreckte sich auf 12 Wochen. Als primärer Endpunkt galt der Blutspiegel von Dabigatran; sekundäre Endpunkte waren Schlaganfall, systemische Embolien, transient-ischämische Attacken, Thrombosen an der Herzklappe, Blutungskomplikationen, venöse Thromboembolien, Myokardinfarkte und Tod.
Von den bis Studienabbruch 252 randomisierten Patienten erhielten 168 Dabigatran und 84 Warfarin. Beim Großteil der Patienten wurde die Aortenklappe ersetzt. Die Patienten waren im Mittel 56 Jahre alt; 70% wiesen ein hohes thromboembolisches Risiko auf. Die pharmakologischen Untersuchungen zeigten, dass die Patienten in der Dabigatran-Gruppe 86% der Zeit einen unteren Plasmaspiegel von mindestens 50 ng/ml hatten. Die Mehrheit der Patienten wurde mit zweimal täglich 220 mg Dabigatran behandelt.
In der Dabigatran-Gruppe traten neun Schlaganfälle und drei Myokardinfarkte auf (5 bzw. 2%), in der Warfarin-Gruppe traten diese Komplikationen nicht auf. Zu schwerwiegenden Blutungen kam es siebenmal in der Dabigatran-Gruppe und zweimal in der Warfarin-Gruppe; alle Blutungen traten perikardial auf.
Das Sicherheitskomitee beendete die Studie vorzeitig.
Kommentar
Die RE-ALIGN-Studie war primär als Dosisfindungsstudie zur Vorbereitung auf eine größere Phase-III-Studie angelegt. Überraschend war das Ergebnis, das eindeutig zeigt, dass die Therapie mit Warfarin einer oralen Antikoagulation mit Dabigatran in dieser Patientenpopulation sowohl bezüglich der Verhinderung vaskulärer Ereignisse als auch der Vermeidung von schwerwiegenden Blutungskomplikationen überlegen ist. Dies spricht dafür, dass thromboembolischen Komplikationen bei Patienten mit künstlichen Herzklappen ein etwas anderer Mechanismus zugrunde liegt als bei Patienten mit Vorhofflimmern. Da die meisten Patienten die minimale erforderliche Plasmakonzentration von Dabigatran erreichten, kann das Ergebnis nicht mit einer zu niedrigen Konzentration von Dabigatran erklärt werden. Das Ergebnis hat klare klinische Implikationen: Patienten mit künstlichen Herzklappen müssen weiterhin mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden.
Quelle
Eikelboom JW, et al.; the RE-ALIGN Investigators. Dabigatran versus warfarin in patients with mechanical heart valves. N Engl J Med 2013; 369:1206–14.
Arzneimitteltherapie 2013; 31(11)