Metastasierendes Kolorektalkarzinom

Regorafenib als neue Option


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Claudia Bruhn, Schmölln

Der oral einzunehmende Multi-Kinase-Inhibitor Regorafenib erhielt im August 2013 in der Europäischen Union die Zulassung für die Behandlung erwachsener Patienten mit metastasierendem Kolorektalkarzinom, die zuvor mit verfügbaren Therapien behandelt wurden oder für diese nicht geeignet sind. Aktuelle Daten, unter anderem aus der Zulassungsstudie, wurden auf einer Pressekonferenz der Bayer Vital GmbH im September in Berlin vorgestellt.

Die Besonderheit von Regorafenib (Stivarga®) besteht im parallelen Angriff auf den Tumor über drei verschiedene Wirkungsmechanismen: die Substanz hemmt nicht nur Kinasen, die eine essenzielle Rolle in den Signalwegen der Angiogenese spielen (VEGFR-1,-2,-3, TIE-2), sondern auch solche, die für die Onkogenese (KIT, RET, BRAF, BRAFV600E) und die Mikroumgebung des Tumors (FGFR-1, PDGFR-β) von wesentlicher Bedeutung sind.

Studiendesign

Die Zulassung von Regorafenib basiert auf Ergebnissen der randomisierten, Plazebo-kontrollierten, doppelblinden Phase-III-Studie CORRECT (Colorectal cancer treated with regorafenib or placebo after failure of standard therapy). Darin waren Patienten eingeschlossen, bei denen eine Standardbehandlung (mit Fluorouracil, Oxaliplatin, Irinotecan, Bevacizumab sowie Cetuximab/Panitumumab bei Patienten mit KRAS-Wildtyp) versagt hatte oder nicht vertragen wurde.

  • In 28-Tages-Zyklen erhielten 505 Patienten Regorafenib in einer Dosierung von 160 mg (Tag 1 bis 21) sowie eine bestmögliche unterstützende Behandlung (Best supportive care, BSC, z.B. mit Antibiotika, Analgetika, Radiotherapie, Wachstumsfaktoren oder Transfusionen).
  • 255 Studienteilnehmer erhielten Plazebo plus BSC.

Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS). Sekundäre Endpunkte umfassten das progressionsfreie Überleben (PFS), die objektive Gesamtansprechrate (ORR), die Krankheitskontrollrate (DCR) und die Sicherheit.

Studienergebnisse

Es zeigte sich eine signifikante Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens im Regorafenib-Arm gegenüber dem Plazebo-Arm um 1,4 Monate (6,4 vs. 5,0 Monate, p=0,0052; HR 0,77, Abb. 1). Dies entspricht einer Reduktion des Mortalitätsrisikos um 23%. Der Überlebensvorteil unter Regorafenib war unabhängig davon, ob ein KRAS-Wildtyp oder eine Mutation dieses Gens vorlag. Regorafenib erwies sich darüber hinaus im medianen progressionsfreien Überleben (progression free survival, PFS) gegenüber Plazebo signifikant überlegen, wobei es das Risiko für Progression oder Tod um 51% reduzierte (HR 0,49; p<0,0001).

Abb. 1. Gesamtüberleben in der CORRECT-Studie [mod. nach Grothey et al.] HR: Hazard-Ratio; KI: Konfidenzintervall

Sicherheit

Unerwünschte Wirkungen von Regorafenib traten zumeist während der ersten beiden Behandlungszyklen auf. Häufigste arzneimittelbedingte unerwünschte Ereignisse vom Grad 3/4 waren Hand-Fuß-Hautreaktion (17%), Fatigue (9%), Hypertonie (7%), Diarrhö (7%) und Hautausschlag (6%). Die therapiebedingte Abbruchrate lag bei 8,2%, unter Plazebo bei 1,2%.

Dosierung

Die empfohlene tägliche Dosis Regorafenib beträgt 160 mg, das heißt vier Tabletten Stivarga®. Sie sollten jeweils zur gleichen Tageszeit unzerkaut mit Wasser nach einer fettarmen (<30% Fett) Mahlzeit eingenommen werden.

Wurde versehentlich eine Dosis ausgelassen, sollte der Patient sie am selben Tag einnehmen, sobald er dies bemerkt. Eine zusätzliche Dosis Regorafenib darf nicht eingenommen werden, weder nach Auslassen einer Dosis noch nach Erbrechen.

Ein Einnahmezyklus besteht aus vier Wochen: nach dreiwöchiger Einnahme von Regorafenib folgt eine Woche Pause. Die Behandlung wird nach Ermessen des Arztes so lange fortgesetzt, wie ein Nutzen besteht, oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität.

Neue Indikation in Sicht

Bereits vor der europäischen Zulassung war Regorafenib in die Konsensus-Behandlungsrichtlinien der ESMO (European Society für Medical Oncology) für das nichtresektable metastasierende Kolorektalkarzinom aufgenommen worden.

In einigen Ländern besitzt Regorafenib auch eine Zulassung zur Therapie von gastrointestinalen Stromatumoren.

Fazit

Regorafenib zeigt Vorteile für das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben bei metastasierenden Kolorektalkarzinomen nach dem Versagen der Standardtherapie und bietet somit eine neue Therapieoption bei therapierefraktären Verlaufsformen.

Quelle

Priv.-Doz. Dr. med. Ullrich Graeven, Mönchengladbach, Prof. Dr. med. Arndt Vogel, Hannover, Dr. Erich Enghofer, Leverkusen, Pressekonferenz „Innovativer Multi-Kinase-Inhibitor Stivarga® (Regorafenib) erweitert Perspektiven für Patienten mit mCRC“, Berlin, 23. September 2013, veranstaltet von Bayer Vital GmbH.

Literatur

Grothey A, et al. Regorafenib monotherapy for previously treated metastatic colorectal cancer (CORRECT): an international, multicentre, randomised, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2013;381:303–12.

Fachinformation Stivarga® 40-mg-Filmtabletten, Bayer Pharma AG, Deutschland, Stand August 2013.

Schmoll HJ, et al. ESMO Consensus Guidelines for management of patients with colon and rectal cancer. a personalized approach to clinical decision making. Ann Oncol 2012;23:2479–516.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(01)