Akuter ischämischer Insult

Albumin ist nicht wirksam


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Eine randomisierte, Plazebo-kontrollierte Studie zeigte, dass eine Behandlung mit hoch dosiertem Albumin in der Behandlung des akuten ischämischen Insults nicht wirksam ist.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener

Die einzige bisher als wirksam belegte und zugelassene medikamentöse Therapie des akuten ischämischen Insults ist die systemische Thrombolyse in einem Zeitfenster von 4,5 Stunden. Ebenfalls wirksam ist die Behandlung auf Stroke-Units. Alle Versuche, den akuten ischämischen Insult mit Neuroprotektiva zu behandeln, sind bisher gescheitert. In Tierexperimenten war die Gabe von hoch dosiertem Albumin neuroprotektiv wirksam. Dies galt in einem Zeitfenster von bis zu vier Stunden. Am Menschen konnte gezeigt werden, dass Albumin die zerebrale Perfusion verbessert. In einer kleinen Phase-II-Studie mit 82 Patienten erwies sich Albumin als relativ sicher und es gab einen Trend für eine positive Wirkung [1]. Dies sollte jetzt in einer größeren Phase-III-Studie untersucht werden.

Studiendesign

Die ALIAS-Studie war eine randomisierte doppelblinde Parallelgruppenstudie mit Plazebo-Kontrolle, die zwischen Februar 2009 und September 2012 durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Patienten mit ischämischem Insult im Alter zwischen 18 und 83 Jahren und einem Schweregrad auf der NIHSS (National institutes of health stroke scale; 0–42) von 6 oder mehr. Die Patienten mussten innerhalb von fünf Stunden randomisiert werden. Sie erhielten entweder 25%iges Albumin (entspricht 2 g/kg) mit einer Maximaldosis von 57 ml oder physiologische Kochsalzlösung. Der primäre Endpunkt war ein guter Outcome, definiert als ein Wert auf der modifizierten Rankin-Skala (0–6) von 0 oder 1 oder dem NIHSS-Score von 0 oder 1 nach 90 Tagen. Eine systemische Thrombolyse war erlaubt.

Studienergebnisse

In der Studie erhielten 422 Teilnehmer Albumin und 419 physiologische Kochsalzlösung.

Das Sicherheitskomitee beendete die Studie im September 2012 vorzeitig, weil es keine Hinweise auf eine Wirksamkeit der Albumin-Therapie gab. Den primären Endpunkt erreichten 186 Patienten in der Albumin-Gruppe und 185 in der Plazebo-Gruppe, entsprechend 44% mit einem Risk-Ratio von 0,96. Die Behandlung mit Albumin führte signifikant häufiger zu einem Lungenödem mit einer Häufigkeit von 13 vs. 1%. Symptomatische Blutungen innerhalb von 24 Stunden waren mit 4 vs. 2% in der Albumin-Gruppe ebenfalls häufiger.

Kommentar

Diese Neuroprotektiva-Studie ist ein weiteres Beispiel für eine negative Phase-III-Studie nach positiven Hinweisen einer kleinen Phase-II-Studie. Mit jetzt über 170 negativen Neuroprotektiva-Studien beim akuten ischämischen Insult muss ernsthaft überlegt werden, ob es medizinisch und ethisch gerechtfertigt ist, mit diesem Therapieansatz weitere Studien durchzuführen. Besonders bedenklich an dieser Studie ist, dass die Behandlung nicht nur nicht wirksam war, sondern zu einem signifikanten erhöhten Risiko von Lungenödemen und zerebralen Blutungen führte.

Quelle

Ginsberg MD, Palesch YY, Hill MD, Martin RH, et al.; ALIAS and Neurological Emergencies Treatment Trials (NETT) Investigators. High-dose albumin treatment for acute ischaemic stroke (ALIAS) part 2: a randomised, double-blind, phase 3, placebo-controlled trial. Lancet Neurol 2013;12:1049–58.

Literatur

1. Ginsberg MD, Hill MD, Palesch YY, Ryckborst KJ, et al. The ALIAS Pilot Trial: a dose-escalation and safety study of albumin therapy for acute ischemic stroke – I: Physiological responses and safety results. Stroke 2006;37:2100–6.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(03)