Mukoviszidose

Ivacaftor zeigt stabile Langzeiteffekte


Ralf Schlenger, München

Das seit August 2012 zugelassene Ivacaftor ist ein selektiver Potentiator des CFTR-Kanals. Voraussetzung für den Einsatz ist das Vorliegen einer bestimmten CFTR-Mutation, somit die Genotypisierung. Aktuelle Langzeitstudiendaten zeigen eine anhaltende therapeutische Wirksamkeit von Ivacaftor bei gutem Sicherheitsprofil. Die Ergebnisse wurden auf einem Symposium der Firma Vertex anlässlich der 16. Deutschen Mukoviszidose-Tagung in Würzburg vorgestellt.

Mukoviszidose (Cystic fibrosis, CF) ist durch die Abwesenheit oder eine Fehlfunktion eines epithelialen Ionenkanals, des sogenannten CFTR (Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator), gekennzeichnet. Das Protein reguliert als Chloridionenkanal den Salz- und Wasserhaushalt.

Die Fehlfunktion und die daraus folgende Unterbrechung beim Chloridtransport führt zu CF-Symptomen. Dieser Rationale folgt der Einsatz von CFTR-Modulatoren wie Ivacaftor (Kalydeco®).

Für den epithelialen Chloridionenkanal kodiert das CFTR-Gen. Man unterscheidet fünf Klassen von CFTR-Mutationen, die allein oder kombiniert auftreten und zu mehr oder minder schweren Symptomen wie Husten, Sputumbildung und Dyspnoe führen können. Die Klassen I bis III betreffen Synthese (Mutation G542X), Reifung (G542X) und das sogenannte Gating, die „Öffnungswahrscheinlichkeit“ des CFTR-Kanals (G551D). Es sind schwerwiegende, mit Pankreasinsuffizienz verbundene Erbgutveränderungen.

Eher milde Auswirkungen haben Mutationen, welche die Leitfähigkeit (Klasse IV, R117H) und das Splicing beeinflussen (Klasse V).

Voraussetzung für eine CF-Therapie mit selektiven, Ionenkanal-beeinflussenden Substanzen wie Ivacaftor ist eine Genotypisierung bezüglich des CFTR-Gens. Einer solchen wurden bis 2012 in einem deutschen Mukoviszidose-Register 81% von 8115 Register-Patienten unterzogen.

Bei diesen lagen zu 80% zwei Mutationen im CFTR-Gen vor, 1026 (16%) wiesen eine Mutation auf und nur 290 Patienten (4%) zeigten keine Mutation.

Die häufigste Kombination mit 48% ist die Mutation von F508 auf zwei Allelen. Eine G551D-Mutation auf mindestens einem Allel lag bei nur 4% der CF-Patienten vor.

Vom Genotyp zur Therapie

Mutationsspezifisch eröffnen sich Therapieansätze durch eine Modulation des gestörten CFTR-Kanals.

  • Korrektoren genannte Moleküle zielen auf Mutationen der Klassen I, II und V. Sie fördern Synthese und Reifung der CFTR-Proteine und erhöhen die Anzahl an funktionsfähigen Chloridkanälen an der Zelloberfläche. In klinischer Prüfung befindet sich unter anderem der Korrektor Lumacaftor (VX661).
  • Potentiatoren heißen Ionenkanalaktivatoren, zu ihnen zählt Ivacaftor. Sie zielen auf die bei Klasse-III- und -IV-Mutationen gestörte Öffnung (Gating) und die Leitfähigkeit des CFTR-Kanals.

Ivacaftor ist seit August 2012 zugelassen zur Therapie von CF-Patienten ab sechs Jahren mit einer G551D-Mutation im CFTR-Gen.

Bei dieser Mutation ist ein Glycin (G) an Position 551 durch Asparaginsäure (D) ersetzt. Betroffen ist die Bindungsregion für ATP, das die Öffnung des Ionenkanals initiiert. Folge ist eine gesenkte Öffnungswahrscheinlichkeit des Kanals mit insgesamt reduziertem Chloridfluss in die Flüssigkeitsschicht auf der Atemwegsoberfläche, die sogenannte Airway-Surface-Liquid-Schicht (ASL). Durch osmotische Kräfte wird der ASL Wasser entzogen; ihre Fluidität sinkt, der Zilienschlag wird gebremst. Die verringerte mukoziliäre Clearance führt zu der für die CF typischen pulmonalen Schleimansammlung.

In zwei randomisierten Phase-III-Studien mit Mukoviszidose-Patienten von sechs bis elf Jahren (ENVISION) und ab 12 Jahren (STRIVE) mit einer G551D-Mutation auf dem CFTR-Gen führte Ivacaftor zu schnellen (15 Tage), substanziellen und nachhaltigen (über 48 Wochen) Besserungen: Der Unterschied zwischen Verum und Plazebo bei der mittleren relativen Änderung der Einsekundenkapazität (forciertes exspiratorisches Volumen, FEV1) in Prozent des Sollwerts bis Woche 24 betrug 17,1% (STRIVE) bzw. 15,8% (ENVISION).

Stabile Langzeiteffekte

144 Erwachsene und Jugendliche aus der STRIVE-Studie sowie 48 Kinder aus der ENVISION-Studie wurden in die offene Langzeitstudie PERSIST überführt. Sie untersucht vorrangig die Entwicklung von FEV1 und Körpergewicht sowie Verträglichkeit und Sicherheit der Einnahme von Ivacaftor (150 mg alle 12 Stunden). Berichtet werden stabile Effekte von Ivacaftor über 144 Wochen hinweg. Auch Patienten, die in der Vorstudie Plazebo erhalten hatten, sprachen nach dem Wechsel auf Verum anhaltend an. Diese positiven Effekte wurden bei Patienten aller Altersgruppen beobachtet. Als unerwünschte Wirkungen wurden in allen Studien Husten und obere Atemwegsinfekte registriert. 2% der Teilnehmer brachen die Langzeitstudie aufgrund schwerer unerwünschter Ereignisse wie Depression, Nebennierenrindeninsuffizienz und Leberwerterhöhung ab. Insgesamt wird die Sicherheit auch nach 144 Wochen als gut bewertet.

Quelle

Dr. Lutz Nährlich, Gießen, Priv.-Doz. Dr. Jochen Mainz, Jena, Priv.-Doz. Dr. Rainald Fischer, München, Symposium „Ein Jahr nach Zulassung von Kalydeco® – Highlights und Zukunft“, veranstaltet von Vertex Pharmaceuticals im Rahmen der 16. Deutschen Mukoviszidose-Tagung, Würzburg, 15. November 2013.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(03)