Patienten mit vaskulären Krankheiten oder Risikofaktoren

Polypille verbessert die Adhärenz und Persistenz der Arzneimitteleinnahme


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Die Polypille verbessert bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen oder multiplen Risikofaktoren die Adhärenz der Arzneimitteleinnahme und führt zu einer besseren Reduktion von systolischem Blutdruck und LDL-Cholesterol.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener

Viele ältere Menschen entwickeln Risikofaktoren für vaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck, Hyperlipidämie oder Diabetes mellitus. Daher ist sehr häufig eine Therapie mit mehreren Antihypertensiva, HMG-CoA-Reductasehemmern (CSE-Hemmern) und Antidiabetika sowie Thrombozytenfunktionshemmern notwendig. Es gibt viele Studien, die belegen, dass eine Polytherapie zu einer geringeren Adhärenz führt als eine Monotherapie. In vielen Ländern kommt hinzu, dass Patienten ihre Arzneimittel entweder komplett selbst zahlen müssen oder für jedes Arzneimittel eine Zuzahlung erforderlich ist. Dies würde eine Polypille, die mehrere Substanzen zur Prävention von Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen vaskulären Ereignissen enthält, attraktiv machen. Die eventuellen Vorteile einer solchen Applikation wurden in der UMPIRE-Studie untersucht.

Studiendesign

Es handelt sich um eine randomisierte offene Untersuchung, die in Indien, England, Irland und den Niederlanden durchgeführt wurde. Die Erhebung der Endpunkte erfolgte verblindet. Eingeschlossen wurden Menschen im Alter über 18 Jahre mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko bei bestehender koronarer Herzerkrankung, einem ischämischen Insult oder einer arteriellen peripheren Verschlusskrankheit. Eingeschlossen wurden auch Patienten mit einem 5-Jahres-Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis von 15% oder höher. Die Patienten erhielten eine Polypille mit

  • 75 mg Acetylsalicylsäure, 40 mg Simvastatin, 10 mg Lisinopril und 50 mg Atenolol oder
  • 75 mg Acetylsalicylsäure, 40 mg Simvastatin, 10 mg Lisinopril und 12,5 mg Hydrochlorothiazid oder
  • die übliche Behandlung mit den Einzelsubstanzen durch den Hausarzt.

Endpunkte der Studie waren die Adhärenz bezüglich der Medikation und Veränderungen des systolischen Blutdrucks und des LDL-Cholesterols verglichen mit den Werten der Basislinie. Die Behandlung erfolgte über ein Jahr. In die Studie wurden 2004 Patienten aufgenommen. Der primäre Endpunkt wurde nach 12 Monaten erfasst, die Patienten aber über 24 Monate weiterverfolgt.

Die Patienten waren im Mittel 62 Jahre alt. Zu Studienbeginn hatten 76% eine koronare Herzerkrankung, 15% einen Schlaganfall in der Vorgeschichte, 5% eine periphere arterielle Verschlusskrankheit und 28% einen Diabetes mellitus. Der mittlere systolische Blutdruck betrug 137/78 mmHg, das LDL-Cholesterol lag bei 91,5 ng/dl.

Studienergebnisse

Die Adhärenz nach 12 Monaten betrug mit der Polypille 86% vs. 65% mit der Standardtherapie. Dies entspricht einem relativen Risiko von 1,33 (p<0,001). Die Reduktion des systolischen Blutdrucks betrug 6,0 mmHg mit Standardtherapie und 7,8 mmHg mit der Polypille. Das LDL-Cholesterol war mit der Standardtherapie um 4,1 ng/dl und mit der Polypille um 6,3 ng/dl reduziert. Bezüglich vaskulärer Ereignisse ergaben sich in diesem Zeitraum keine signifikanten Unterschiede.

Kommentar

Die Studie aus Indien und ausgewählten europäischen Ländern zeigt, dass der Einsatz einer Polypille die Thrombozytenfunktionshemmer, einen CSE-Hemmer und Antihypertensiva enthält, zu einer höheren Adhärenz führt als die Einnahme der einzelnen Arzneimittel. Surrogat-Parameter für den Erfolg dieser Strategie waren die höhere Senkung des systolischen Blutdrucks und die stärkere Reduktion des LDL-Cholesterols. Die Studie war allerdings zu kurz und die Patientenzahl zu gering, um beurteilen zu können, ob diese Strategie auch zu einer Reduktion vaskulärer Endpunkte wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder vaskulärem Tod führt.

Quelle

Thom S, et al.; UMPIRE Collaborative Group. Effects of a fixed-dose combination strategy on adherence and risk factors in patients with or at high risk of CVD: the UMPIRE randomized clinical trial. JAMA 2013;310:918–29.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(03)