Reimund Freye, Baden-Baden
In den kontrollierten, randomisierten Studien RECORD-1 und RECORD-3 (Renal cell cancer treatment with oral RAD001 given daily) wurde der m-Tor-Inhibitor Everolimus (Afinitor®) versus Plazebo in der zweiten Linie beim mRCC eingesetzt [2, 3]. Zuvor hatten die Patienten Sunitinib, Sorafenib oder beides erhalten. Der Zugewinn an progressionsfreiem Überleben (PFS) war mit 4,9 Monaten gegenüber 1,9 Monaten unter Plazebo signifikant (p<0,001). Bei der Subgruppenanalyse ergab sich, dass Everolimus nach Einsatz von nur einem VEGFR(Vascular endothelial growth factor receptor)-Inhibitor mit 5,4 Monaten zu einem längeren PFS führte als nach dem Einsatz von zwei (4,0 Monate). Aktuell wird Everolimus standardmäßig nach einer Behandlung mit einem VEGFR-Inhibitor in der zweiten Linie eingesetzt.
Studiendesign
Die Beobachtungsstudie CHANGE (Charakterisierung von Afinitor® nach gezielter Ersttherapie) sollte den Einsatz von Everolimus in der zweiten Linie im klinischen Alltag beleuchten [1].
Aufgenommen wurden Patienten mit mRCC, bei denen in der ersten Linie eine gegen VEGF gerichtete Therapie versagt hatte; eingesetzt waren die VEGFR-Inhibitoren Sunitinib, Sorafenib, Pazopanib oder der Anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab.
Ausgewertet werden konnten 334 Patienten aus 116 Zentren in Deutschland. Erlaubt war eine Vorbehandlung mit Interleukin 2 (IL-2), Interferon alfa (IFN-α) oder mit Bevacizumab plus IFN-α. Ebenso konnte ein zweiter VEGFR-Inhibitor versucht worden sein, sofern dessen Anwendung nicht länger als einen Monat dauerte. Die Behandlung erfolgte mit 10 mg Everolimus gemäß Fachinformation.
Bei der Auswertung wurde unterschieden zwischen einer Sicherheitspopulation und einer Effektivitätspopulation. Die Sicherheitspopulation (n=318) umfasste Patienten, bei denen mindestens eine dokumentierte Einnahme des m-TOR-Inhibitors vorlag sowie mindestens eine dokumentierte Visite nach Beobachtungsbeginn.
Die Effektivitätspopulation (n=280) umfasste alle Patienten der Sicherheitspopulation, die bis zu 90 Tage nach Beginn der Behandlung mit Everolimus dokumentiert wurden und zuvor nur eine gegen VEGF gerichtete Therapie (VEGFR-Inhibitor oder Bevacizumab) erhalten hatten, wobei in dieser Subgruppe ein zweiter Tyrosinkinaseinhibitor für weniger als einen Monat erlaubt war.
Studienergebnisse
In der Vortherapie hatten die meisten Patienten (78%) Sunitinib erhalten; Sorafenib wurde bei 20% gegeben.
Die Hauptziele der Untersuchung waren die Zeit bis zur Progression (TTP, time to progression) und das PFS. In der Sicherheitspopulation (n=318) betrug die mediane TTP 7,0 Monate und das mediane PFS 6,7 Monate. In der Effektivitätspopulation (n=280) war die mediane TTP bei 7,4 Monaten und das mediane PFS bei 7,0 Monaten.
Längere Erstlinientherapie von Vorteil
Betrachtet man das mediane PFS unter Everolimus in Abhängigkeit von der Vorbehandlungsdauer, so steigt dieses mit der Behandlungsdauer in der ersten Linie. Bei Patienten, die zuvor weniger als neun Monate behandelt worden waren, lag das PFS bei 6,6 Monaten; bei Patienten mit mindestens neun Monaten in der Erstbehandlung stieg es auf 8,1 Monate.
Bezüglich der Sicherheit waren die häufigsten unerwünschten Ereignisse Dyspnoe (17%), Anämie (15%), Fatigue (12%) und Husten (10%). Insbesondere ist die bakterielle Pneumonitis zu beachten, die bei 4% der Patienten auftrat und mit einigen der oben genannten Symptome vergesellschaftet ist. Bei 27% der Patienten in der Sicherheitspopulation erfolgte eine Dosisanpassung, bei 20% war eine Therapieunterbrechung von median 14 Tagen notwendig.
Fazit
Insgesamt zeigte die CHANGE-Studie, dass Everolimus auch unter Routinebedingungen gute Ergebnisse in der Zweitlinienbehandlung des mRCC aufweist. Das PFS lag mit 6,7 beziehungsweise 7,0 Monaten sogar über den Auswertungen der klinischen Studien. CHANGE bekräftigt damit den Einsatz von Everolimus beim mRCC in der zweiten Linie.
Quelle
Prof. Dr. med. Lothar Bergmann, Frankfurt; Hämatologisches Frühstückssymposium „Patientenfälle aus der Praxis“, veranstaltet von Novartis Oncology im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie (DGHO, ÖGHO, SGMO und SGH), Wien, 19. Oktober 2013.
Literatur
1. Bergmann L, et al. Final results of a non-interventional study with everolimus in mRCC after first-line therapy with sunitinib. DGHO 2013: Abstr. #V37. Oral presentation.
2. Motzer RJ, et al. Phase 3 trial of everolimus for metastatic renal cell carcinoma: final results and analysis of prognostic factors. Cancer 2010;116:4256–65.
3. Motzer RJ, et al. Record-3: Phase II randomized trial comparing sequential first-line everolimus (EVE) and second-line sunitinib (SUN) versus first-line SUN and second-line EVE in patients with metastatic renal cell carcinoma (mRCC). J Clin Oncol 2013;31(Suppl): Abstr. #4504 and oral presentation.
Arzneimitteltherapie 2014; 32(04)