Andrea Warpakowski, Itzstedt
Eine Faldaprevir-basierte Dreifachtherapie könnte im zweiten Halbjahr 2014 für Patienten mit chronischer HCV-Infektion vom Genotyp 1 zur Verfügung stehen.
Der Genotyp 1 ist in Europa häufiger als die anderen sechs bekannten Genotypen. Er spricht schlechter auf die Standardmedikationen Interferon und Ribavarin an als die Genotypen 2 und 3.
Basis des Zulassungsantrags für Faldaprevir ist das Studienprogramm STARTVerso™, in dem therapienaive und vorbehandelte HCV-Patienten sowie Patienten mit einer HIV/HCV-Koinfektion therapiert wurden.
Therapienaive Patienten
In den beiden identisch angelegten doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Studien STARTVerso™ 1 (n=652) und 2 (n=657) erhielten therapienaive Patienten mit HCV-Genotyp 1 Peginterferon plus Ribavirin (PR) und zusätzlich Faldaprevir (120 oder 240 mg) oder Plazebo. Nach 12 bzw. 24 Wochen erfolgte in Abhängigkeit vom Ansprechen auf die Therapie eine vordefinierte Änderung des Regimes [4].
Insgesamt 84% der Patienten unter Faldaprevir (120 oder 240 mg) plus PR sprachen früh auf die Therapie an und erfüllten damit in dieser Studie die Kriterien für eine Verkürzung der Behandlungsdauer auf 24 Wochen. Die SVR12-Raten (Sustained virological Response 12 Wochen nach Therapieende, definiert als Abwesenheit nachweisbarer Virus-RNA im Serum) zwischen Patienten, die über 12 Wochen, und Patienten, die über 24 Wochen mit Faldaprevir plus PR behandelt wurden, waren mit 88% bzw. 83% vergleichbar (Abb. 1).

Abb. 1. Anteil therapienaiver Patienten mit SVR12 (Sustained virological Response 12 Wochen nach Therapieende) nach Bahandlung mit unterschiedlichen Regimen [4]; FDV: Faldaprevir; PR: Peginterferon plus Ribavirin
Vorbehandelte Patienten
In der Studie STARTVerso™ 3 wurden 678 vorbehandelte Patienten mit HCV-Genotyp 1, die unter der Vortherapie einen Relapse hatten, ebenfalls mit PR behandelt und erhielten zusätzlich Plazebo-kontrolliert Faldaprevir (240 mg). Auch hier variierten die Regime in den einzelnen Armen in Abhängigkeit vom Ansprechen auf die Therapie [3].
Insgesamt 70% der Relapser erreichten eine SVR12. Bis zu 87% der Patienten in der Relapse-Gruppe, die mit Faldaprevir plus PR behandelt wurden, erreichten einen ETS (Early treatment success) und erfüllten damit in dieser Studie die Kriterien für eine Verkürzung der Behandlungsdauer auf 24 Wochen (Abb. 2). Bei Patienten, die auf die Vorbehandlung partiell angesprochen hatten, betrug die SVR12-Rate bis zu 58% und bei Nullrespondern 33%. Die Faldaprevir-basierte Dreifachtherapie über 24 Wochen erbrachte keinen zusätzlichen Nutzen im Vergleich zu der 12-wöchigen Dreifachtherapie.

Abb. 2. Anteil vorbehandelter Patienten mit ETS (Early treatment success) nach Bahandlung mit unterschiedlichen Regimen [3]; FDV: Faldaprevir; PR: Peginterferon plus Ribavirin
Sowohl bei therapienaiven als auch bei vorbehandelten Patienten waren die häufigsten unerwünschten Ereignisse, die mindestens eine mittelschwere Ausprägung hatten, gastrointestinale Ereignisse (bis zu 20%) und Anämie (rund 14%), wobei letztere auf die Ribavirin-Gabe zurückgeführt wurde.
HIV/HCV-koinfizierte Patienten
Therapienaive und vorbehandelte HCV-Patienten Genotyp 1 mit einer HIV-Koinfektion profitieren ebenfalls von der Faldaprevir-basierten Dreifachtherapie wie eine Interimsanalyse der Studie STARTVerso™ 4 (n=310) belegte [6]. Bis zu 84% der HCV/HIV-koinfizierten Patienten erreichten eine nicht nachweisbare Viruslast vier Wochen nach Ende der Dreifachtherapie (SVR4) mit Faldaprevir (Abb. 3). Am häufigsten berichteten die Patienten über Übelkeit (37%), Müdigkeit (34%), Diarrhö (27%), Kopfschmerzen (25%), Asthenie (23%) und Appetitlosigkeit (21%).

Abb. 3. Anteil HIV-koinfizierter Patienten mit SVR4 (Sustained virological Response 4 Wochen nach Therapieende) nach Behandlung mit unterschiedlichen Regimen [6]; FDV: Faldaprevir; PR: Peginterferon plus Ribavirin
Interferonfreie Therapieregime
In dem interferonfreien Studienprogramm HCVerso™ wurde Faldaprevir mit dem nichtnukleosidischen Polymerasehemmer Deleobuvir und Ribavirin bei therapienaiven Genotyp-1b-Patienten kombiniert. In der Studie SOUND-C3 (n=32) erreichten 95% der therapienaiven Patienten mit Genotyp 1b mit einer 16-wöchigen Kombinationstherapie aus Faldaprevir (1-mal täglich 120 mg), Deleobuvir 2-mal täglich 600 mg, ohne Induktionsphase) und Ribavirin (gewichtsadaptiert) eine SVR (19/20), während nur zwei von 12 Patienten mit HCV-Genotyp 1a und dem günstigen Polymorphismus IL28B geheilt wurden [2].
Eine Interferon- und Ribavirin-freie Dreifachtherapie aus den drei direkt antiviral wirkenden Substanzen (DAA, directly acting antiviral drugs) Faldaprevir (1-mal täglich 120 mg), Deleobuvir (2-mal täglich 600 mg) und dem HCV-NS5A-Inhibitor PPI-668 (1-mal täglich 200 mg) wurde an 36 therapienaiven HCV-Patienten mit Genotyp 1a untersucht [5]. Zwei Drittel der Patienten hatten den schwer zu behandelnden non-CC-IL28B-Genotyp und ein Drittel Mutationen im Hepatitis-C-Virus (HCV-NS5A- und/oder NS5B-Resistenzen), die das Ansprechen auf eine HCV-Therapie beeinflussen können. Die Patienten erhielten Faldaprevir (1-mal täglich 120 mg), Deleobuvir (2-mal täglich 600 mg oder 2-mal täglich 400 mg) und PPI-668 (1-mal täglich 200 mg) mit und ohne Ribavirin. Die Interimsanalyse ergab für 97% (28/29) der Patienten ein rasches virologisches Ansprechen nach vier Behandlungswochen. Bei 100% (13/13) der Patienten, die bisher die 12-wöchige Therapie abgeschlossen hatten, konnte zum Therapieende keine HCV-RNA mehr nachgewiesen werden.
Nach Auswertung der bisherigen Ergebnisse der Studien HCVerso®1 und 2 hat Boehringer Ingelheim beschlossen die Entwicklung Deleobuvir-haltiger Regime nicht fortzusetzen. Laufende Zulassungsverfahren von Faldaprevir seien davon nicht betroffen [1].
Quelle
Prof. Zeuzem, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Christoph Sarrazin, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Pressekonferenz „A World of Difference – ein interaktiver Blick in die Zukunft der HCV-Therapie“, Frankfurt, 3. Dezember 2013, veranstaltet von Boehringer Ingelheim.
Literatur
1. Boehringer Ingelheim. Pressemeldung „Boehringer Ingelheim Announces Phase 3 SVR12 Results in HCV/HIV Co-Infected Patients Treated with Faldaprevir, 06.03.2014.
2. Dufour JF, et al. Interferon-free treatment with faldaprevir, deleobuvir (BI 207127) and ribavirin in SOUND-C3:95% SVR12 in HCV-GT1b. The Livermeeting 2013; Abstract 1102.
3. Jacobson I, et al. STARTVerso 3: A randomized, double-blind, placebo-controlled phase III trial of faldaprevir in combination with pegylated interferon alfa-2a and ribavirin in treatment-experienced patients with chronic hepatitis C genotype-1 infection. The Livermeeting 2013; Abstract 1100.
4. Jensen D, et al. A pooled analysis of two randomized, double-blind placebo-controlled phase III trials (STARTVerso 1&2) of faldaprevir plus pegylated interferon alfa-2a and ribavirin in treatment-naive patients with chronic hepatitis C genotype-1 infection. The Livermeeeting 2013; Abstract 1088.
5. Lalezari J, et al. Rapid and consistent virologic responses in a phase 2 trial of a new all-oral combination of faldaprevir, deleobuvir, and PPI-668, with and without ribavirin, in patients with HCV genotype-1a infection. The Livermeeting 2013; Abstract LB20.
6. Rockstroh J, et al. STARTVerso 4 phase III trial of faldaprevir plus peg interferon alfa-2a and ribavirin (PR) in patients with HIV and HCV genotype 1 co-infection: end of treatment response. The Livermeeting 2013; Abstract 1099.
Arzneimitteltherapie 2014; 32(04)