Chronische spontane Urtikaria

Neue Therapieoption mit Anti-IgE-Antikörper


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Wenn unter einer Standardtherapie der chronischen spontanen Urtikaria mit H1-Antihistaminika – auch in bis zu vierfach erhöhter Dosierung – keine zufriedenstellende Reduktion von Quaddeln und Schwellung erreicht wird, steht mit Omalizumab eine neue Behandlungsoption zur Verfügung. Der bereits für die Zusatztherapie beim allergischen Asthma bronchiale zugelassene rekombinante humanisierte monoklonale Anti-IgE-Antikörper hat in einem umfangreichen Studienprogramm eine schnelle und ausgeprägte Abnahme der Urtikaria-Symptome gezeigt.

Ist die Vermeidung von Triggerfaktoren nicht möglich oder erfolglos, sollte die medikamentöse Therapie bei chronischer spontaner Urtikaria nach einem Stufenplan erfolgen [1, 2]: Auf Stufe 1 stehen moderne nichtsedierende H1-Antihistaminika in Standarddosierung [2]. Zeigt sich innerhalb von zwei Wochen keine ausreichende Symptomverbesserung, folgt die Stufe 2. Hier wird die Dosis der Antihistaminka bis zu vierfach erhöht. Bleibt auch Stufe 2 erfolglos, kann der Arzt nach ein bis vier Wochen auf Stufe 3 übergehen und zusätzlich zu der Standardtherapie mit H1-Antihistaminika Omalizumab (Xolair®), Ciclosporin oder einen Leukotrien-Rezeptorantagonisten einsetzen (Abb. 1), wobei allerdings ausschließlich der monoklonale Anti-IgE-Antikörper Omalizumab für die therapierefraktäre chronische spontane Urtikaria zugelassen ist [3].

Abb. 1. Therapiealgorithmus bei chronischer spontaner Urtikaria [4, Novartis Pharma GmbH]

Die chronische Urtikaria ist zwar keine Allergie, doch sind die IgE-Spiegel oft stark erhöht, was letztendlich auch die mechanistische Begründung für den Einsatz von Omalizumab darstellt [1]. Bei akuten Exazerbationen der spontanen Urtikaria sieht der neue Therapiealgorithmus die kurzfristige (maximal 10-tägige) Gabe von Glucocorticoiden vor [2].

Rascher Rückgang der Krankheitsaktivität

Studiendesign

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Omalizumab wurde in einem umfangreichen Phase-III-Studienprogramm bei knapp 1000 Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria, die auf eine Standardtherapie mit H1-Antihistaminika nicht angesprochen hatten, überprüft.

So wurden in der vierarmigen ASTERIA-II-Studie 323 Patienten auf drei subkutane Injektionen (im Abstand von vier Wochen) mit Omalizumab (75 mg, 150 mg oder 300 mg) oder Plazebo randomisiert [4].

Primärer Endpunkt war eine Veränderung im Weekly Itch Severity Score (ISS), der den Juckreiz zwischen 0 und 21 Punkte bewertet.

Studienergebnisse

Juckreiz und Quaddelbildung gingen rasch und dosisabhängig zurück. Aber nur in den beiden höheren Dosierungen (150 und 300 mg) zeigte sich ein signifikanter Vorteil gegenüber Plazebo. Die Verbesserungen im ISS betrugen nach 12 Wochen 8,1 (p=0,001) und 9,8 Punkte (p<0,001), während es im Plazebo-Arm zu einer Verbesserung um 5,1 Punkte kam (Abb. 2).

Abb. 2. ASTERIA-II-Studie: Abnahme des Juckreizes unter Omalizumab [6]

44% der Patienten, die 300 mg Omalizumab erhielten, waren nach 12 Behandlungswochen frei von Juckreiz und Quaddelbildung (p<0,0001 vs. Plazebo). Nach dem Ende der zwölfwöchigen Behandlungsphase stieg die Krankheitsaktivität erneut an.

Die mit dem Dermatology Life Quality Index (DLQI) erfasste Lebensqualität verbesserte sich unter der Behandlung mit 150 mg und 300 mg Omalizumab ebenfalls signifikant im Plazebovergleich (p=0,02 bzw. p<0,001) [4]. Die Nebenwirkungsrate war in den vier Studienarmen vergleichbar.

Praxis

Omalizumab ist seit Februar 2014 als Zusatztherapie bei Patienten ab 12 Jahren mit chronischer spontaner Urtikaria zugelassen, die nicht adäquat auf H1-Antihistaminika ansprechen [3].

Empfohlen wird eine Dosierung von 300 mg (zwei subkutane Injektionen von je 150 mg zusätzlich zur Antihistaminika-Therapie in Standarddosierung) im 4-Wochen-Rhythmus.

Der monoklonale Antikörper ist bereits seit 2005 für die Therapie des schweren persistierenden allergischen Asthma bronchiale bei Jugendlichen und Erwachsenen zugelassen.

Literatur

1. Prof. Dr. Thilo Jakob, Freiburg, Prof. Dr. Marcus Maurer, Berlin; Zulassungspressekonferenz „Xolair®: Neuer Therapieansatz für Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria (csU)“, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH, Berlin, 26. März 2014.

2. Zuberbier T, et al. The EAACI/GA2LEN/EDF/AAAA/WAO/Guideline for the definition, classification, diagnosis and management of Urticaria. The 2013 revision and update. Allergy 2014 (im Druck).

3. Fachinformation Xolair®, Stand: Februar 2014.

4. Maurer M, et al. Omalizumab for the treatment of chronic idiopathic or spontaneous urticaria. N Engl J Med 2013;368:924–35.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(06)