Osteoporosetherapie

Romosozumab erhöht Knochendichte


Dr. Iris Hinneburg, Halle (Saale)

In einer Phase-II-Studie wurde der Effekt des monoklonalen Antikörpers Romosozumab auf die Knochendichte bei postmenopausalen Frauen untersucht. Der Arzneistoff bietet möglicherweise ein neues Wirkprinzip bei Osteoporose.

Der Knochenstoffwechsel ist ein komplexes System aus anabolen und resorptiven Prozessen. Ist das Gleichgewicht gestört, kann die Knochendichte abnehmen. Eine verringerte Knochendichte gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Osteoporose. Zu den Faktoren, die den Knochenstoffwechsel steuern, gehört Sklerostin: Das Glykoprotein wird in Osteozyten gebildet und hemmt die anabole Aktivität der Osteoblasten. Der monoklonale Antikörper Romosozumab richtet sich gegen Sklerostin und soll so die Knochenneubildung verstärken. Dieser Effekt wurde in einer Phase-II-Studie [1] untersucht.

Studiendesign

In der Studie wurden verschiedene Dosierungsschemata von Romosozumab als subkutane Injektion gegen Plazebo, die orale Gabe von Alendronsäure (70 mg einmal wöchentlich, z.B. Fosamax®) oder die subkutane Injektion von Teriparatid (20 μg pro Tag; Forsteo®) verglichen (achtarmiges Parallelgruppendesign mit randomisierter Zuteilung). Zusätzlich erhielten die Probanden 1000 mg Calcium und 800 IE Vitamin D pro Tag. Eine Verblindung erfolgte nur für die unterschiedlichen Dosierungen von Romosozumab.

In die Studie wurden 419 postmenopausale Frauen im Alter zwischen 55 bis 85 Jahre eingeschlossen, bei denen eine niedrige Knochendichte festgestellt worden war (T-Wert zwischen –2,0 und –3,5, gemessen an der Lendenwirbelsäule, Hüfte oder Oberschenkelhals). Ausschlusskriterien waren unter anderem ein vorausgegangener Wirbelbruch oder Ermüdungsbruch an Handgelenk, Oberarm, Hüfte oder Becken nach dem 50. Geburtstag, metabolische Knochenerkrankungen, niedriger Vitamin-D-Status (<20 ng/ml), Störungen des knochenrelevanten Hormon- oder Mineralstoffwechsels sowie die Einnahme von Arzneimitteln mit Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel.

Als primärer Endpunkt wurde die prozentuale Veränderung der Knochendichte an der Lendenwirbelsäule nach 12 Monaten, bezogen auf den Ausgangswert, ausgewertet. Sekundäre Endpunkte waren die prozentuale Veränderung der Knochendichte an anderen Stellen und an Markern von anabolen und katabolen Vorgängen des Knochenstoffwechsels.

Studienergebnisse

Nach 12 Monaten wurde für alle Dosierungen von Romosozumab eine höhere Zunahme der Knochendichte an der Lendenwirbelsäule festgestellt als in der Behandlungsgruppe (Tab. 1). Für die Dosierungen 140 mg einmal monatlich und 210 mg einmal monatlich fanden sich statistisch signifikant höhere Werte als in der Vergleichsgruppe, die mit Alendronsäure behandelt wurden (jeweils p<0,001). Die höchste Dosierung von Romosozumab ließ die Knochendichte signifikant stärker steigen als die Gabe von Teriparatid (p<0,001).

Im Vergleich zu Plazebo verbesserte Romosozumab in allen Dosierungen die Knochendichte an Hüfte und Oberschenkelhals, allerdings fand sich keine Veränderung im unteren Bereich des Radius. Veränderungen in den Markern des anabolen Knochenstoffwechsels waren für alle Dosierungen von Romosozumab vorübergehend, während sich bei der Gabe der höchsten Dosierung nach 12 Monaten ein niedrigerer Wert bei den katabolen Markern als zu Beginn der Behandlung zeigte.

Tab. 1. Veränderungen der Knochendichte an der Lendenwirbelsäule nach 12 Monaten

Behandlungsgruppe (Anzahl der ausgewerteten Patienten)

Prozentuale Veränderung der Knochendichte, bezogen auf den Ausgangs-T-Wert (95%-KI)

Plazebo (n=47)

–0,1 (–1,2 bis 0,9)

Alendronsäure, 70 mg pro Woche (n=47)

4,1 (3,0–5,1)

Teriparatid (n=46)

7,1 (6,1–8,2)

Romosozumab 140 mg alle drei Monate (n=49)

5,4 (4,4–6,5)

Romosozumab 210 mg alle drei Monate (n=51)

5,5 (4,4–6,6)

Romosozumab 70 mg einmal im Monat (n=44)

5,4 (4,3–6,4)

Romosozumab 140 mg einmal im Monat (n=46)

9,1 (8,0–10,2)

Romosozumab 210 mg einmal im Monat (n=49)

11,3 (10,3–12,4)

KI: Konfidenzintervall

Als häufigste unerwünschte Ereignisse traten lokale Reaktionen an der Injektionsstelle auf. Allerdings war die Anzahl der untersuchten Patienten insgesamt zu gering, um aussagekräftige Ergebnisse zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen erhalten zu können.

Diskussion

Ein begleitender Kommentar [2] zur Studie sieht in Romosozumab einen möglichen Durchbruch in der Osteoporosetherapie. Begründet wird diese Einschätzung damit, dass Romosozumab die Knochendichte erhöhen kann (osteoanaboler Effekt) und damit nicht nur antiresorptiv wirkt wie etwa die Bisphosphonate. Günstig sei auch die im Vergleich zu Teriparatid seltenere Applikationshäufigkeit, sodass die Patienten nur einmal monatlich statt täglich eine subkutane Injektion auf sich nehmen müssen. Allerdings stehen derzeit noch keine Daten zur Verfügung, ob Romosozumab tatsächlich auch das Risiko für Frakturen senkt – das dürfte für Patienten der wesentliche Effekt einer Osteoporosebehandlung sein. Die Senkung des Frakturrisikos wird aber in einer derzeit laufenden Phase-III-Studie untersucht. Diese Studie soll auch Aufschluss über die optimale Therapiedauer geben und die Frage beantworten, ob bei längerer Anwendung der osteoanabolen Substanz Nebenwirkungen auftreten, die durch das gesteigerte Wachstum von Knochen entstehen können, etwa die Verschlechterung einer Spinalstenose oder Kompression und Lähmungen von Hirnnerven.

Literatur

1. McClung MR, et al. Romosozumab in postmenopausal women with low bone mineral density. N Engl J Med 2014;370:412–20.

2. Becker CB. Sclerostin inhibition for osteoporosis – a new approach. N Engl J Med 2014;370:476–7.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(06)