Michael Koczorek, Bremen
Akute Herzinsuffizienz (Acute heart failure, AHF) ist die häufigste Ursache für eine Hospitalisierung bei Menschen über 65 Jahre. Etwa 50% der Patienten, die wegen AHF stationär behandelt werden, werden innerhalb von sechs Monaten wieder ins Krankenhaus eingewiesen. Dabei ist jede erneute Hospitalisierung wegen AHF-Dekompensation mit einer Verschlechterung der kardialen Prognose verbunden und die Wahrscheinlichkeit, eine weitere Episode zu überleben, sinkt. Die Prognose bei AHF hat sich in den vergangenen 10 bis 20 Jahren nicht entscheidend verbessert. Die Einjahresmortalität liegt in Europa bei 25 bis 30% und über 50% bei Patienten, die einen kardiogenen Schock entwickeln [1].
Auslösender Faktor der AHF ist häufig ein inadäquater Blutdruckanstieg, den das insuffiziente Herz nicht mehr kompensieren kann [2]. Gleichzeitig ist die Hypertonie ein prognostischer Marker: Bei Patienten, deren systolischer Blutdruck bei der Einweisung hoch ist, ist die Krankenhaus-Mortalität signifikant geringer als bei Patienten mit niedrigen Werten [3].
Biomarker hilfreich für die Diagnose
Führendes Symptom des AHF ist Dyspnoe, wie Daten des Registers ADHERE (Acute decompensated heart failure national registry) zeigen [4]. Die Diagnose erfolgt über körperliche und bildgebende Untersuchungen. In der Akutsituation ist die Differenzierung gegenüber pulmonaler Dyspnoe jedoch nicht immer einfach.
Über verschiedene Biomarker kann die Diagnose gesichert werden. So steigen bei Patienten mit AHF die kardialen Marker BNP (B-type natriuretic peptide) und das N-terminale Fragment NT-pro BNP signifikant an.
Ein weiterer Marker ist das hochsensitive Troponin, das aus dem geschädigten Myokard freigesetzt wird. Ein an Tag 2 um 20% erhöhter Wert verdoppelt das Mortalitätsrisiko in den ersten sechs Monaten [5].
Erhöhte Cystatin-C-Werte zeigen eine Verschlechterung der Nierenfunktion an, die bei etwa einem Viertel der stationär aufgenommenen AHF-Patienten auftritt und mit einer ungünstigen Prognose assoziiert ist.
Auch erhöhte Werte der Leberenzyme Aspartat-Aminotransferase (AST) und Alanin-Aminotransferase (ALT) weisen als Zeichen einer Leberschädigung bei AHF auf eine schlechte Prognose hin.
Ein wichtiger Prognosemarker ist auch „Dyspnoe-Relief“: Patienten, bei denen sich die Luftnot im Verlauf bessert, sind kürzer im Krankenhaus und sterben seltener [6].
RELAX-AHF: Dyspnoe signifikant gebessert
Als neuer Arzneistoff, der die Biomarker günstig beeinflussen, die Dyspnoe deutlich verringern und das langfristige Überleben verbessern kann, ist Serelaxin (RLX030) – die rekombinante Form des humanen Hormons Relaxin-2 – in der klinischen Erprobung (Kasten).
Zulassungsstatus Serelaxin
Am 22.05.2014 bestätigte das CHMP (Committee for medicinal products for human use), nachdem Novartis eine erneute Evaluation beantragt hatte, sein negatives Votum.
Zwar sieht auch das CHMP einen Nutzen nach fünf Tagen, bezweifelt jedoch die klinische Relevanz. Auch die methodische Qualität der Studien wird infrage gestellt. Weitere Studien seien notwendig, um die Wirksamkeit von Serelaxin bei der Behandlung der akuten Herzinsuffizienz nachzuweisen.
Studiendesign
In der internationalen, randomisierten Doppelblindstudie RELAX-AHF (Relaxin in acute heart failure) [7, 8] wurde die Effektivität und Sicherheit von RLX030 versus Plazebo bei 1161 Patienten verglichen. Einschlusskriterien waren Hospitalisierung wegen AHF, Dyspnoe, Stauungszeichen, normaler oder erhöhter Blutdruck sowie Nierenfunktionsstörung. Das Arzneimittel wurde innerhalb von 16 Stunden nach Klinikaufnahme als intravenöse Infusion (30 µg/kg/Tag) zusätzlich zur AHF-Standardtherapie verabreicht.
Studienergebnisse
Dyspnoe, gemessen mit einer visuellen Analog-Skala (VAS, 0 bis 100 mm), wurde unter der Therapie bis Tag 5 signifikant gebessert (Abb. 1) und, gemessen anhand der Likert-Skala, numerisch reduziert. Damit wurde einer der beiden primären Endpunkte erreicht. Zudem reduzierte RLX030 die Inzidenz der Verschlechterung der Herzinsuffizienz im Krankenhaus.

Abb. 1. Verbesserung der Dyspnoe bis Tag 5, gemessen mit einer visuellen Analog-Skala (VAS, 0 bis 100 mm); die Beurteilung erfolgte mit der Fläche unter der Kurve (AUC). KI: Konfidenzintervall; SD: Standardabweichung [7]
Die sekundären Endpunkte Überleben außerhalb der Klinik bis Tag 60, kardiovaskulärer Tod oder Rehospitalisierung aufgrund von Herz- oder Niereninsuffizienz wurden nicht erreicht. Die Gesamtmortalität und die kardiovaskulär bedingten Todesfälle nach sechs Monaten – als vordefinierte Sicherheitsendpunkte – konnten jedoch um 37% reduziert werden: von 11,3% auf 7,3% (p=0,02) und von 9,6% auf 6,1% (p=0,028). Die mittlere Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus beziehungsweise auf der Intensivstation verringerten sich um 0,9 Tage (p=0,039) beziehungsweise um 0,4 Tage (p=0,029).
Besonders profitierten Patienten, die älter waren, im vergangenen Jahr nicht wegen Herzinsuffizienz hospitalisiert wurden, zum Zeitpunkt der Randomisierung keine Betablocker erhielten und Patienten mit stärkerer Einschränkung der Nierenfunktion (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate [eGFR] <50 ml/min/1,73 m2). Daten zur Sicherheit zeigten keine klinisch relevanten Unterschiede hinsichtlich unerwünschter Ereignisse gegenüber Plazebo.
Ausblick
Seit September 2013 rekrutiert die RELAX-AHF-2-Studie. Geplant sind 6000 Patienten, an denen die wichtigsten Ergebnisse aus RELAX-AHF repliziert werden sollen. Dabei wird die kardiovaskuläre Mortalität als primärer Endpunkt bewertet.
Quelle
Prof. Dr. med. Stephan Felix, Greifswald, Prof. Dr. med. Roland E. Schmieder, Erlangen; Pressekonferenz „Neue Therapieoptionen für die Behandlung der AHF aus Sicht der Kardiologen und Nephrologen“, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH im Rahmen der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Mannheim, 25. April 2014.
Literatur
1. Harjola VP, et al. Characteristics, outcomes, and predictors of mortality at 3 months and 1 year in patients hospitalized for acute heart failure. Eur J Heart Failure 2010;12:239–48.
2. Mebazaa A, et al. The impact of early standard therapy on dyspnoea in patients with acute heart failure: the URGENT-dyspnoea study. Eur Heart J 2010;31:832–41.
3. Gheorghiade M, Systolic blood pressure at admission, clinical characteristics, and outcomes in patients hospitalized with acute heart failure. et al. JAMA 2006;296:2217–26.
4. Adams KF, et al. Characteristics and outcomes of patients hospitalized for heart failure in the United States: rationale, design, and preliminary observations from the first 100,000 cases in the Acute Decompensated Heart Failure National Registry (ADHERE). Am Heart J 2005;149:209–16.
5. Metra M, et al. Effect of serelaxin on cardiac, renal, and hepatic biomarkers in the Relaxin in Acute Heart Failure (RELAX-AHF) development program: correlation with outcomes. J Am Coll Cardiol 2013;61:196–206.
6. Metra M, Dyspnoea in patients with acute heart failure: an analysis of its clinical course, determinants, and relationship to 60-day outcomes in the PROTECT pilot study. et al. Eur J Heart Failure 2010;12:499–507.
7. Teerlink JR, et al. Serelaxin, recombinant human relaxin-2, for treatment of acute heart failure (RELAX-AHF): a randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2013;381:29–39.
8. Ponikowski P, et al. Design of the RELAXin in acute heart failure study. Am Heart J 2012;163:149–55.
Arzneimitteltherapie 2014; 32(07)