Das kastrationsresistente Prostatakarzinom


Aktuelle Therapiekonzepte

Clemens Unger, Freiburg

Das fortgeschrittene Prostatakarzinom wird nach einer bestimmten Zeit erfolgreicher Androgenablation kastrationsresistent. Unter Weiterführung der GnRH-Agonisten- oder -Antagonisten-Therapie bei Testosteron-Werten im Kastrationsbereich steigt der Wert des Prostata-spezifisches-Antigens (PSA) weiter. In dieser Situation ist die Einleitung einer Hormonmanipulation zum Beispiel mit Antiandrogenen, Glucocorticoiden oder einem Antiandrogen-Entzug häufig geeignet, den Einsatz der Chemotherapie zeitlich hinauszuschieben. Neben der Chemotherapie ist in den letzten Jahren eine Reihe weiterer Substanzen zur Behandlung des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms entwickelt worden, unter anderem Androgensynthese-Inhibitoren, Androgenrezeptor-Antagonisten, Immuntherapeutika sowie Radionuklidtherapeutika. Weitere Substanzen befinden sich in früher klinischer Erprobung. Es ist zu erwarten, dass durch das Spektrum der neuen Therapien die Behandlungsergebnisse des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms weiter verbessert werden.
Arzneimitteltherapie 2014;32:270-3

Androgendeprivation

Die Androgen Deprivation Therapy (ADT) durch Arzneimittel oder chirurgische Kastration stellt bis heute die Therapie der Wahl des metastasierten Prostatakarzinoms dar. Das chirurgische Standardvorgehen betrifft die beidseitige Orchiektomie, ein Verfahren, das allerdings zunehmend verlassen wird. Bei der medikamentösen Therapie wird ein Gonadotropin-Releasing-Hormone(GnRH)-Agonist oder -Antagonist als Monotherapie oder in Kombination mit einem Antiandrogen verabreicht. Die Monotherapie mit einem GnRH-Agonisten oder -Antagonisten stellt den Therapiestandard dar. Die alleinige Gabe von Antiandrogenen ist hinsichtlich der geringeren unerwünschten Wirkungen eine mögliche Alternative, während die komplette Androgenblockade, bestehend aus der Kombination von GnRH-Agonisten bzw. -Antagonisten mit einem Antiandrogen, aufgrund der klinisch nur geringen Vorteile nicht empfohlen werden kann. Ziel der Androgendeprivation ist die Unterdrückung der gonadalen Testosteronbiosynthese bis in das Kastrationsniveau. Kommt es unter einer GnRH-Therapie zu einem Tumorprogress, kann die Zugabe eines Antiandrogens, z.B. Bicalutamid 50 mg (z.B. Casodex®), von klinischem Vorteil sein.

Die unerwünschten Wirkungen der Androgendeprivation sind allerdings häufig erheblich: Im Vordergrund stehen Libidoverlust, Errektionsschwäche, Hitzewallungen, Abbau von Muskulatur, Osteopenie und die Gynäkomastie.

Kastrationsresistenz

Der Begriff kastrastionsresistent hat die früher häufig gebrauchte Bezeichnung hormonrefraktär ersetzt. Dieser begrifflichen Änderung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Tumorwachstum unter supprimiertem Testosteronspiegel nach wie vor über den Androgenrezeptor der Prostatakarzinomzelle reguliert wird. Es wird postuliert, dass die Signalübertragung durch Mutation oder Amplifikation des Androgenrezeptors erhalten bleibt.

Nach der „AUA Guideline on Castration-Resistant Prostate Cancer 2013“ spricht man von einem kastrationsresistenten Prostatakarzinom, wenn ein PSA-Anstieg trotz chemischer oder chirurgischer Kastration von mehr als 2 ng/ml über den Nadir bzw. auf über 125% des Nadirs erfolgt. Ein PSA-Anstieg muss zumindest mit einer wiederholten PSA-Messung nach 3 Wochen kontrolliert werden. Zusätzlich wird ein Serum-Testosteronwert <50 ng/dl (0,1 nmol/l) gefordert. Die Testosteron-Grenzwerte werden allerdings in verschiedenen Publikationen durchaus unterschiedlich beschrieben, so wird der optimale Grenzwert in einer kanadischen Publikation mit <32 ng/dl angegeben [5].

Es wird immer wieder empfohlen, die ADT generell fortzusetzen, wenn Sekundärtherapien nach Progression unter der initialen Hormontherapie erfolgen [3]. Das Argument ist, dass es nach dem Absetzen der Hormontherapie zu einem Anstieg des Testosterons im Serum kommen kann, verbunden mit einem damit einhergehenden Beitrag zur Krankheitsprogression. Allerdings ist festzuhalten, dass keine randomisierte Studie den Wert einer fortgesetzten Androgendeprivation beim kastrationsrefraktären Prostatakarzinom geprüft hat.

Sekundäre endokrine Therapie

Nach Eintritt der Kastrationsresistenz werden sekundäre endokrine Therapien eingesetzt, um insbesondere die Chemotherapie hinauszuzögern. GnRH-Analoga werden zunächst nicht abgesetzt, um das Testosteron im Kastrationsniveau zu halten. Die Hinzunahme eines Antiandrogens wie Bicalutamid, Nilutamid (Anandron®, in Dtl. nicht zugelassen) oder Cyproteronacetat (z.B. Androcur®) im Sinne einer kompletten Androgenblockade bringt häufig ein erneutes Ansprechen der Erkrankung. Antiandrogene werden dabei auch sequenziell eingesetzt in der Annahme, dass die einzelnen Antiandrogene in unterschiedlicher Weise mit dem Androgenrezeptor interagieren. Den möglichen klinischen Benefit eines Switches von verschiedenen Antiandrogenen zeigt eine retrospektive Studie von 232 Patienten, die unter einer initialen kombinierten Androgenblockade progressiv waren. Der Austausch des Antiandrogens durch ein nichtsteroidales Antiandrogen resultierte bei einem Drittel der Patienten in einem Abfall des PSA-Werts von mehr als 50% [22].

Das Absetzen eines Antiandrogens (antiandrogen withdrawal) kann zu einem klinischen oder biochemischen (PSA-)Response führen, wobei der Mechanismus des Ansprechens nicht bekannt ist [17, 20].

Glucocorticoide wie Prednisolon, Dexamethason oder Hydrocortison, die in klinischen Studien Patienten in Kontrollgruppen gegeben wurden, zeigten PSA-senkende Effekte. In einer Studie wurde der Kontroll-Gruppe 40 mg Hydrocortison und der Verum-Gruppe Hydrocortison plus Suramin bei Patienten mit kastrationsrefraktärem Prostatakarzinom verabreicht. In der Kontrollgruppe zeigten 16% der Patienten einen PSA-Abfall von mehr als 50% [21]. In einer weiteren Studie wurde Mitoxantron (z.B. Novantron®) plus Hydrocortison gegen Hydrocortison allein getestet. In dem Hydrocortison-Arm kam es bei 22% der Patienten zu einem PSA-Abfall von mehr als 50% [8].

Inhibitoren der Androgenbiosynthese

Die Biosynthese der Androgene in den Hoden und Nebennieren hat auch bei der Progression des kastrationsrefraktären Prostatakarzinoms eine klinische Bedeutung. Viele Enzyme, die in die Biosynthese von Testosteron und Dihydrotestosteron involviert sind, werden von Tumorgeweben exprimiert [13]. Diese Befunde veränderten die Sicht von einer rein endokrinen Erkrankung hin zu einer Erkrankung, die auch von autokrinen/parakrinen Signalen bezüglich der Tumorprogression geprägt ist. Dieses Verständnis der Tumorprogression führte dann zur Entwicklung von Substanzen, die sowohl in die Androgenbiosynthese eingreifen als auch Androgenrezeptoren hemmen können.

Abirateron wurde auf Basis von Struktur-Wirkungs-Analysen der Substanz Pregnenolon entwickelt. Abirateron (Zytiga®) hemmt irreversibel das Enzym Cytochrom P450-17 (CYP17) [1]. Zwei Phase-III-Studien sind publiziert, die Abirateron plus Prednison versus Prednison im Kontrollarm prüften bei asymptomatischen beziehungsweise minimal symptomatischen Patienten vor (COU-AA-301) oder nach Docetaxel (z.B. Taxotere®) (COU-AA-301) [6, 16]. Bei den mit Docetaxel vorbehandelten Patienten zeigte sich ein Überlebensgewinn von 15,8 gegenüber 11,2 Monaten im Kontrollarm, bei den Chemotherapie-naiven Patienten betrug der Überlebensgewinn 35,3 gegenüber 30,1 Monaten im Kontrollarm.

Abirateronacetat wird kontinuierlich täglich oral (1000 mg/Tag) zusammen mit Prednison (10 mg/Tag) eingenommen. Studien mit einer geringeren täglichen Dosis von Prednisolon sind unterwegs.

Die Nebenwirkungen von Abirateron erklären sich durch die Wirkung der Substanz auf die Androgenbiosynthese. CYP17, das Target von Abirateron, reguliert die Umwandlung von Pregnenolon und verwandten Steroiden in Androgene. Durch die Hemmung der 17-Alpha-Hydroxylase mit konsekutiver Hemmung der Cortisolsynthese und Anstieg von ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) kommt es zur vermehrten Produktion von Mineralocorticoiden. Dies führt zu Hypokaliämie, arteriellem Hypertonus und zu vermehrter Flüssigkeitsretention.

Androgenrezeptor-Antagonisten

Enzalutamid (Xtandi®) bindet an den Androgenrezeptor, hemmt dadurch die nukleäre Translokation und somit die Interaktion des Rezeptors mit der Kern-DNA.

Für Enzalutamid wurden erste Daten einer Phase-III-Studie (AFFIRM) publiziert, in der Patienten mit chemotherapeutisch vorbehandeltem, kastrationsrefraktärem Prostatakarzinom behandelt wurden. 1199 Patienten wurden entweder mit Enzalutamid (160 mg/d) oder Plazebo in einem 2:1-Design behandelt [19].

Unter Enzalutamid kam es zu einem Gesamtüberleben von 18,4 Monaten, dagegen lebten die Patienten unter Plazebo lediglich 13,6 Monate. Die Überlebenszeitverlängerung zeigte sich konstant in allen Subgruppen. Enzalutamid war signifikant besser als Plazebo in allen sekundären Endpunkten wie PSA-Response (>50% Abfall bei 54% vs. 2% der Patienten), Weichteiltumor Response (29% vs. 4%), Lebensqualitätsverbesserung (43% vs. 18%), progressionsfreiem Intervall in Bezug auf PSA-Anstieg (8,3 vs. 3 Monate) und progressionsfreiem Intervall in der Bildgebung (16,7 vs. 13,3 Monate).

Die Behandlung mit Enzalutamid wurde allgemein gut toleriert. Für Patienten unter Enzalutamid kam es häufiger zu Fatigue (34% vs. 29%), Diarrhö (21% vs. 18%), Hitzewallungen (20% vs. 10%), Gelenkschmerzen (14% vs. 10%) und Kopfschmerz (12% vs. 6%). Das einzige unerwünschte Ereignis von gravierender Bedeutung war das Auftreten von epileptischen Anfällen bei 9 Patienten (0,9%), während diese in der Plazebo-Gruppe nicht vorkamen.

Enzalutamid wurde ebenfalls bei kastrationsrefraktären Patienten mit Prostatakarzinom, die Chemotherapie-naiv waren, im Rahmen einer Phase-III-Studie (PREVAIL) evaluiert [4]. In dieser Studie wurden 1717 Patienten vor Docetaxel den beiden Behandlungsgruppen Enzalutamid oder Plazebo zugeordnet. Die Studie wurde nach einer geplanten Interimsanalyse abgebrochen, weil sich in der Enzalutamid-Gruppe ein Überlebensvorteil zeigte. Nach einer 22-monatigen Studiendauer war die Überlebenszeit in der Enzalutamid-Gruppe gegenüber Plazebo signifikant verlängert (32,4 vs. 30,2 Monate). Es fand sich eine signifikante Risikominderung bezüglich durch Bildgebung nachgwiesener Progression (12 Monate progressionsfreies Intervall 65% vs. 14%) sowie ein statistisch signifikanter Benefit bezüglich aller sekundären Studienendpunkte einschließlich Zeit bis zum Beginn der Chemotherapie, Zeit bis zum Auftreten von ersten Knochenmetastasen sowie Zeit bis zur PSA-Progression.

Chemotherapie

Bereits vor 10 Jahren wurden Taxane in der Therapie des kastrationsrefraktären Prostastakarzinoms etabliert. Die Studie TAX-327 mit 1006 Patienten zeigte einen Gesamtüberlebensvorteil für den Arm Docetaxel plus Prednison im Vergleich zu Mitoxantron plus Prednison [23]. Docetaxel wurde mit Dosierungen von 75 mg/m² dreiwöchentlich und 30 mg/m² wöchentlich, Mitoxantron 12 mg/m² dreiwöchentlich i.v. gegeben.

Die Überlebenszeit im dreiwöchentlichen Docetaxel-Arm war signifikant länger als die im Mitoxantron-Arm (19,2 vs. 16,3 Monate). Grad-3/4-Neutropenie war ein häufiges unerwünschtes Ereignis im Docetaxel-Arm mit der dreiwöchentlichen Dosierung (32% vs. 2% bei Docetaxel wöchentlich vs. 22% bei Mitoxantron). Ein Abbruch der Behandlung aufgrund unerwünschter Wirkungen war selten in allen drei Regimen (3 vs. 0 vs. 2%). Diese Ergebnisse etablierten Docetaxel 75 mg/m² alle drei Wochen plus Prednison 2×5 mg/Tag als Behandlungsstandard für das kastrationsrefraktäre Prostatakarzinom. Weitere Phase-III-Studien, in denen zusätzliche Substanzen zu Docetaxel hinzugefügt wurden, zeigten keine Verbesserungen gegenüber dem etablierten Standardregime.

Ein semisynthetisches Taxanderivat ist Cabazitaxel (Jevtana®). Cabazitaxel zeigt eine verlängerte Überlebenszeit bei Patienten, die zuvor unter Docetaxel progredient waren. In der Phase-III-Studie TROPIC wurden 755 Patienten eingeschlossen, die zuvor unter Docetaxel progredient waren. Die Patienten erhielten im Arm A Cabazitaxel (25 mg/m²) plus Prednison (10 mg/Tag) und im Arm B Mitoxantron (12 mg/m²) [7]. Eine Prämedikation zur Prophylaxe allergischer Reaktionen wurde mit Antihistaminika, Glucocorticoiden und H2-Antagonisten durchgeführt. Cabazitaxel zeigte gegenüber Mitoxantron eine Verlängerung der Überlebenszeit (15,1 vs. 12,7 Monate). Das progressionsfreie Überleben war ebenfalls signifikant verlängert (2,8 vs. 1,4 Monate). Das Cabazitaxel-Regime war allerdings signifikant toxischer als Mitoxantron. Potenzielle behandlungsassoziierte Todesfälle waren deutlich häufiger in der Cabazitaxel-Gruppe (4,9 vs. 2,4%). Grad-3/4-Neutropenie wurde in 82% der Patienten unter Cabazitaxel beobachtet, die Rate der febrilen Neutropenie lag bei 8%, Diarrhöen wurden in 47% der Patienten beschrieben.

Immuntherapeutische Ansätze

Prostatakarzinomzellen exprimieren verschiedene Tumor-assoziierte Antigene, die als potenzielle Targets für eine Immuntherapie infrage kommen. Beispiele für potenzielle Targets sind die saure Prostata-Phosphatase (SPP), das Prostata-spezifische Antigen (PSA) und das Prostata-spezifische Membranantigen (PMSA).

Die geringe Immunantwort vieler Tumoren beruht zu einem guten Teil auf der geringen Immunogenität der Oberflächenantigene, die zu einer nicht ausreichenden Stimulation von Immun-Effektorzellen führt. Autologe dendritische Zellen können als Vehikel genutzt werden, um Prostatatumorantigene effektiv T-Lymphozyten zu präsentieren. Sipuleucel-T ist eine autologe dendritische Zellvakzine, die eine T-Zell-Immunantwort gegen das Prostataantigen SPP generiert. Die Vakzine ist zur Therapie des kastrationsrefraktären Prostatakarzinoms in den USA zugelassen und im Handel. In randomisierten Studien verlängerte Sipuleucel-T die Überlebenszeit gegenüber dem Plazebo-Arm, der mit dendritischen Zellen vakziniert wurde. Die Nebenwirkungen der Vakzinierung sind gering. In die Phase-III-Studie IMPACT (Immunotherapy for prostate adenocarcinoma treatment) wurden 512 Patienten eingeschlossen. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 34 Monaten zeigten die Patienten, die mit Sipuleucel-T behandelt wurden, ein signifikant längeres Überleben von 25,8 gegenüber 21,7 Monaten für die Patienten im Kontrollarm [9]. Die Nebenwirkungen, die mit Sipuleucel-T zu erwarten sind, betreffen Fatigue, Fieber, Übelkeit und Kopfschmerzen [24].

Weitere immuntherapeutische Ansätze werden derzeit in klinischen Studien geprüft. Dazu gehört Ipilimumab, ein Anti-CTLA4-Antikörper, der bereits zur Behandlung des malignen Melanoms zugelassen ist (Yervoy®). Die erste große Phase-III-Studie zeigte keine Verlängerung des Überlebens [11], weitere Phase-III-Studien sind derzeit unterwegs und noch nicht auswertbar.

Monoklonale Antikörper gegen PMSA werden derzeit ebenfalls untersucht. Radiomarkierte und nichtmarkierte Antikörper (huJ591) sind seit längerer Zeit in der klinischen Überprüfung [2, 12].

Ein weiterer immuntherapeutischer Ansatz, der derzeit in klinischen Studien untersucht wird, benutzt eine Vakzine mit dem Fowlpox-Virus (Geflügelpocken), das gentechnisch verändert ist und eine Kopie des humanen PSA-Gens trägt (PROSTVAC-VF). Das Virus ist mit einem Cocktail von Immunadjuvanzien versetzt, um die lokale Immunantwort zu verstärken [10]. Eine Phase-III-Studie (NCT01322490) mit asymptomatischen oder minimal symptomatischen Patienten mit kastrationsrefraktärem Prostatakarzinom wurde kürzlich begonnen. Der primäre Endpunkt dieser Studie ist das Gesamtüberleben.

Radionuklidbehandlung mit Radium-223

Radium-223-Dichlorid ist ein Alpha-Strahler, der – entsprechend seiner calciumanalogen Eigenschaften – bevorzugt in sich neu bildende Knochensubstanz eingebaut und so vermehrt in osteoplastischen Knochenmetastasen angereichert wird. Dort gibt er dann seine Strahlung ab. Aufgrund seiner geringen Eindringtiefe von wenigen Mikrometern wird das benachbarte Knochenmark wenig geschädigt. Das radioaktive Isotop zerfällt mit einer Halbwertszeit von 11,4 Tagen. Radium-223 (Xofigo®) wird intravenös in einer Bolusinjektion verabreicht, es wird in vierwöchentlichen Abständen insgesamt sechsmal appliziert. Xofigo® wurde im Mai 2013 in den USA und im November 2013 in der EU für Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom zugelassen, deren Tumor ausschließlich in die Knochen und nicht in andere Organe metastasiert ist.

Radium-223 verlängert sowohl das Gesamtüberleben als auch das progressionsfreie Auftreten von Skelettkomplikationen. In einer internationalen Multicenterstudie der Phase III (ALSYMPCA, Alpharadin in symptomatic prostate cancer) zeigten Patienten unter Radium-223 im Vergleich zu Plazebo eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens von 14,9 gegenüber 11,3 Monaten. Dieser Effekt war in allen untersuchten Subgruppen, insbesondere auch bei Patienten ohne oder nach Docetaxel-Chemotherapie vorhanden [15, 18]. Die Behandlung mit Radium-223 war mit einem günstigen Nebenwirkungsprofil verbunden. Es gab keine Unterschiede zu Plazebo bei der Anzahl der Grad-3/4-Nebenwirkungen. Die Langzeitbeobachtung über 18 Monate zeigte keine bedeutsamen Sicherheitsbedenken [14].

Gibt es eine optimale Therapiesequenz beim kastrationsrefraktären Prostatakarzinom?

Eine optimale Therapiesequenz kann aufgrund der vorliegenden Daten und der unterschiedlichen Krankheitsbedingungen aktuell nicht empfohlen werden. Allerdings sollte bei alleinigem PSA-Anstieg ohne klinisch dokumentierte Krankheitsprogression der Einsatz der Chemotherapie hinausgeschoben werden. Bei Eintritt einer kastrationsrefraktären Situation kommt zunächst die Hormonmanipulation zum Einsatz. Ist diese nicht oder nicht mehr effektiv, folgt in der Regel Abirateron. Erfordert die klinische Situation den Einsatz einer initialen Chemotherapie, kann Abirateron auch nach Docetaxel eingesetzt werden. Nach Docetaxel ist der Einsatz von Cabazitaxel als Salvage-Therapie möglich. Enzalutamid ist nach Zulassungsstatus erst nacherfolgter Docetaxel Therapie einsetzbar, dieses wird sich allerdings in Kürze ändern, da die Studienlage den Einsatz von Enzalutamid vor Chemotherapie favorisiert. Immuntherapien und weitere experimentelle Therapien bleiben klinischen Studien vorbehalten.

Interessenkonflikterklärung

CU gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Literatur

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21. Small EJ, Meyer M, Marshall ME, et al. Suramin therapy for patients with symptomatic hormone-refractory prostate cancer: Results of a randomized phase III trial comparing suramin plus hydrocortisone to placebo plus hydrocortisone. J Clin Oncol 2000;18:1440–50.

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23. Tannock IF, de Wit, Berry WR, et al. Docetaxel plus prednisone for advanced prostate cancer. N Engl J Med 2004;351:1502–12.

24. United States Food and Drug Administration. Package insert. www.fda.gov/downloads/BiologicsBloodVaccines/CellularGeneTherapy/ApprovedProducts/UCM210031.pdf (Zugriff am 12.09.2014).

Prof. Dr. med. Clemens Unger, Zentrum für Krebsmedizin, Breisacher Straße 84b, 79110 Freiburg, E-Mail: info@zentrum-krebsmedizin.de

Castrate-resistant prostate carcinoma: current therapeutic concepts

Castrate-resistant prostate cancer occurs when the disease is progressing in the presence of castrate levels of androgens and remains sensitive to further hormonal manipulation. For many years the chemotherapeutic agent docetaxel was the treatment of choice in advanced castrate-resistant prostate cancer. However, several new compounds have been approved recently. Cabazitaxel as a semisynthetic taxane derivative was developed for patients with resistance to docetaxel. Androgen synthesis inhibitor abiraterone and androgen receptor antagonist enzalutamide have been proved to be novel promising agents with improved overall survival rates. Sipuleucel-T, an immunotherapeutic vaccine is now available. Additional immune based therapeutics like PROSTVAC and ipilimumab are currently in clinical trials. Bone targeted radiopharmaceuticals like radium-223, an alpha particle emitting agent, prolong overall survival in patients with only symptomatic bone metastases. Taken together the treatment options for patients with castrate-resistant prostate cancer expanded remarkably in recent times.

Key words: Prostate carcinoma, castrate-resistant, therapy, cabazitaxel, docetaxel, abiraterone, enzalutamide, sipuleucel-T, radium-233.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(10)