Claudia Bruhn, Schmölln
Der rekombinante humanisierte monoklonale Antikörper Pertuzumab (Perjeta®) ist in Deutschland seit März 2013 in Kombination mit Trastuzumab (Herceptin®) und Docetaxel (z.B. Taxotere®) bei erwachsenen Patienten mit humanem epidermalem Wachstumsfaktor-Rezeptor-2-(HER2-)positivem metastasiertem oder lokal rezidivierendem, inoperablem Brustkrebs zugelassen. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass der Patient zuvor noch keine Anti-HER2-Therapie oder Chemotherapie zur Behandlung seiner metastasierten Erkrankung erhalten hat [6]. In den USA ist Pertuzumab auch für die neoadjuvante Therapie, das heißt die präoperative Behandlung von Brustkrebs im frühen Stadium, zugelassen.
Pertuzumab besitzt einen neuartigen Wirkungsmechanismus, der als HER2-Dimerisierungs-Inhibition bezeichnet wird. Er unterbindet die Dimerisierung des HER2-Rezeptors mit anderen Mitgliedern der HER-Familie, insbesondere HER3. In Kombination mit Trastuzumab soll dies eine besonders effektive Blockade von HER2-Signalwegen, die für die Tumorprogression von zentraler Bedeutung sind, bewirken.
In Studien verlängerte die zusätzliche Behandlung mit Pertuzumab das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben gegenüber der bisherigen Standardtherapie Trastuzumab plus Docetaxel signifikant. Die Behandlung war sicher und gut verträglich und erhöhte nicht die Häufigkeit unerwünschter kardialer Ereignisse [10].
Indikationsgebiet
Mammakarzinome sind keine einheitliche Erkrankung; sie können in verschiedene molekulare Subtypen (undifferenzierte, hormonabhängige und HER2-gesteuerte Karzinome) eingeteilt werden. Die Behandlung orientiert sich an der Biologie des Tumors und wird so individuell wie möglich durchgeführt [9]. Bei Patienten, die mit Pertuzumab behandelt werden sollen, muss zunächst in einem spezialisierten Labor der HER2-positive Tumorstatus mit einem validierten immunohistochemischen Test nachgewiesen worden sein [6].
HER2 ist das Produkt eines Proto-Onkogens, das einen auf Zelloberflächen lokalisierten Wachstumsfaktor-Rezeptor kodiert und bei 10 bis 30% der Mammakarzinome überexprimiert ist. Dies führt zu einer unkontrollierten Weiterleitung von Wachstumssignalen und zu raschem Tumorwachstum.
Mammakarzinome mit einem positiven HER2-Status hatten bis zur Einführung des HER2-Antikörpers Trastuzumab im Jahre 2000 eine sehr schlechte Prognose. Heute ist ein positiver HER2-Status mit einem signifikanten Überlebensvorteil assoziiert [10]. Dennoch profitieren nicht alle Patienten von Trastuzumab. Etwa 15% der Behandelten werden resistent und erleiden nach einer Trastuzumab-basierten Therapie ein Rezidiv [4].
Pharmakologie
Pharmakodynamik (Wirkungsmechanismus)
Angriffsort von Pertuzumab, wie auch von Trastuzumab, ist der humane epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2). Während Trastuzumab an dessen Subdomäne IV bindet, beruht die Wirkung von Pertuzumab auf der spezifischen Bindung an die extrazelluläre Dimerisierungsdomäne (Subdomäne II) von HER2. Diese ist mit einem transmembranären Segment, einer intrazellulären Tyrosinkinase-Domäne sowie einem intrazellulären C-Terminus verbunden und wird durch Liganden-induzierte Dimerisierung aktiviert.
Bindet ein Ligand an die extrazelluläre Domäne, induziert dies eine Konformationsänderung der HER-Rezeptoren die es ermöglicht, dass die HER-Rezeptoren sowohl miteinander homo- als auch heterodimerisieren. Dies führt zur Aktivierung der Tyrosinkinase-Domäne, wodurch wiederum intrazelluläre Signalkaskaden aktiviert werden, die für die Entstehung und das Wachstum verschiedener Tumorarten von zentraler Bedeutung sind. HER2 ist der häufigste Dimerisierungs-Partner der anderen Mitglieder der HER-Familie. Insbesondere HER2 und HER3 dimerisieren bevorzugt miteinander (Abb. 1). Das HER2/HER3-Dimerisierungspaar gilt als am stärksten onkogen.
Die Folge der Pertuzumab-Bindung ist eine Hemmung der intrazellulären Signalübertragung über zwei wesentliche Signalwege: den der mitogenaktivierten Proteinkinase (MAP) und den der Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K). Dies kann jeweils zu zellulärem Wachstumsstopp bzw. Apoptose führen. Darüber hinaus ist Pertuzumab ein Mediator für antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) [6].

Abb. 1. a) HER2/HER3-Rezeptordimer; b) HER2-Dimerisierungs-Inhibition durch Pertuzumab; c) komplementäre Wirkungsmechanismen von Pertuzumab und Trastuzumab [3]
Pharmakokinetik
Die pharmakokinetischen Daten zu Pertuzumab basieren auf einer populationspharmakokinetischen Analyse der Patientendaten aus dem klinischen Studienprogramm, in dem Pertuzumab als Mono- oder Kombinationstherapie in Dosen zwischen 2 und 25 mg/kg alle drei Wochen als 30- bis 60-minütige intravenöse Infusion verabreicht worden war. Die wichtigsten pharmakokinetischen Parameter von Pertuzumab sind in Tabelle 1 dargestellt.
Tab. 1. Pharmakokinetische Parameter von Pertuzumab [6]
Verteilungsvolumen (scheinbar) |
Zentrales Kompartiment (Vc): 3,11 l; |
Metaboliten |
Metabolismus nicht untersucht (katabolische Ausscheidung) |
Mediane Clearance |
0,235 l/Tag |
Mittlere Eliminationshalbwertszeit |
18 Tage |
Innerhalb des empfohlenen Dosierungsbereichs war die Pharmakokinetik von Pertuzumab linear. Zwischen Patienten unter 65 Jahren und Patienten ≥65 Jahren wurden keine signifikanten pharmakokinetischen Unterschiede beobachtet, auch nicht in Bezug auf Geschlecht oder ethnische Abstammung (japanisch vs. nicht japanisch).
Klinische Untersuchungen zur Wirkung von Pertuzumab auf die Nierenfunktion wurden nicht durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen der populationspharmakokinetischen Analyse war die Bioverfügbarkeit von Pertuzumab bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung (Creatinin-Clearance [CrCl] 60 bis 90 ml/min) und mäßiger Nierenfunktionsstörung (CrCl 30 bis 60 ml/min) vergleichbar zu derjenigen von Patienten mit normaler Nierenfunktion (CrCl >90 ml/min). Über die gesamte Bandbreite der CrCl wurde kein Zusammenhang zur Verfügbarkeit von Pertuzumab beobachtet.
Die wichtigsten signifikanten, die Clearance beeinflussenden Kovariablen waren die Ausgangswerte von Albumin und fettfreiem Körpergewicht. Die Clearance nahm bei Patienten mit höheren Albuminkonzentrationen ab und bei Patienten mit höherem fettfreiem Körpergewicht zu. Dennoch konnten für diese beiden Kovariablen keine signifikante Auswirkung auf die Fähigkeit, die angestrebten Steady-State-Konzentrationen zu erreichen, nachgewiesen werden. Daher ist es nicht notwendig, die Dosisanpassungen auf Grundlage dieser Kovariablen vorzunehmen [6].
Klinische Ergebnisse
Daten zur Wirksamkeit
Zulassungsstudie
Die Zulassung von Pertuzumab beruht auf der randomisierten, Plazebo-kontrollierten doppelblinden Phase-III-Studie CLEOPATRA (Clinical evaluation of pertuzumab and trastuzumab) [2]. Sie schloss 808 Patienten mit einem mittleren Alter von 54 Jahren ein, die im Rahmen ihrer metastasierten Erkrankung noch nicht chemotherapeutisch behandelt worden waren. Eine vorherige (neo)adjuvante Chemotherapie (einschließlich Trastuzumab und/oder Taxan) war erlaubt, sofern das krankheitsfreie Intervall mindestens 12 Monate betrug. Die Patienten wurden in zwei Arme randomisiert (Abb. 2):
- 402 von ihnen erhielten Pertuzumab in einer initialen Dosierung von 840 mg, gefolgt von 420 mg alle drei Wochen, in Kombination mit der bisherigen Standardtherapie Trastuzumab (8 mg/kg initial gefolgt von 6 mg/kg alle drei Wochen) plus Docetaxel (75 bis 100 mg/m² alle drei Wochen über mindestens sechs Zyklen).
- Im Kontrollarm (n=406) erhielten die Patienten die bisherige Standardtherapie zusammen mit Plazebo.

Abb. 2. Studiendesign CLEOPATRA [10]; PFS: progressionsfreies Überleben
Primärer Endpunkt war das unabhängig bestimmte progressionsfreie Überleben (progression free survival, PFS). Zu den sekundären Endpunkten zählten vor allem das durch den Prüfarzt bestimmte PFS, die objektive Ansprechrate (objective response rate, ORR), das Gesamtüberleben (overall survival, OS), die Ansprechdauer und das Sicherheitsprofil (Abb. 2).
Gemäß der Auswertung eines unabhängigen Gremiums bewirkte die zusätzliche Behandlung mit Pertuzumab eine signifikante Verlängerung des PFS von median 12,4 auf 18,5 Monate. Das entspricht einer Reduktion des relativen Risikos für ein Fortschreiten der Erkrankung um 38% (Hazard-Ratio [HR] 0,62; p<0,0001, Abb. 3). Der PFS-Vorteil unter dem Pertuzumab-Regime zeigte sich konsistent in allen prospektiv geplanten Subgruppen, z.B. allen Alters- und ethnischen Gruppen sowie unabhängig davon, ob eine Chemotherapie vorausgegangen war oder nicht. Außerdem bewirkte die zusätzliche Behandlung mit Pertuzumab gegenüber der bisherigen Standardtherapie eine Verbesserung der objektiven Ansprechrate (ORR) von 69,3% auf 80,2% (p=0,0011). Nach einer auf Wunsch der Zulassungsbehörde zusätzlich durchgeführten Überlebensanalyse ergab sich ein signifikanter Überlebensvorteil für die Kombination Pertuzumab plus Trastuzumab plus Docetaxel. Das mittlere Gesamtüberleben lag in der Plazebo-Gruppe bei 37,6 Monaten und war in der Pertuzumab-Gruppe am Ende des Beobachtungszeitraums noch nicht erreicht (HR 0,66; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,52−0,84; p=0,0008) [12].

Abb. 3. Signifikanter PFS-Vorteil mit Pertuzumab in der Studie CLEOPATRA [10]
Weitere wichtige klinische Studien
Neben der Zulassungsstudie wurde und wird Pertuzumab in zahlreichen weiteren klinischen Settings und in Kombination mit anderen Therapieoptionen beim Mammakarzinom wie z.B. Capecitabin oder Trastuzumab Emtansin untersucht [11].
Eine einarmige, nicht randomisierte Phase-II-Studie bei Patienten mit metastasiertem Brustkrebs konnte zeigen, dass Pertuzumab nach einer Krankheitsprogression unter Trastuzumab wirksam ist. Die Behandlung mit beiden Antikörpern führte zu einer objektiven Ansprechrate von 24,2%. Bei weiteren 25,8% der Patienten wurde eine Stabilisierung der Erkrankung über mindestens sechs Monate erreicht [1].
In der Phase-II-Vergleichsstudie NeoSphere (Neoadjuvant study of pertuzumab and herceptin in early regimen evaluation) [7] zur Prüfung auf neoadjuvante Wirksamkeit wurden 417 Patienten mit neu diagnostiziertem, frühem, entzündlichem, lokal fortgeschrittenem, HER2-positivem Brustkrebs, die keine vorangegangene Behandlung mit Trastuzumab erhalten hatten, vor der Operation in eine von vier Behandlungsgruppen randomisiert. Der primäre Endpunkt der Studie war eine pathologische Komplettremission (pCR). Es zeigte sich unter der Kombination von Docetaxel, Trastuzumab und Pertuzumab eine pCR von 45,8%, während sie unter den anderen Regimen deutlich geringer war: 29% (p=0,0141) für Docetaxel plus Trastuzumab, 16,8% (p=0,0198) für Trastuzumab plus Pertuzumab und 24% (p=0,003) für Docetaxel plus Pertuzumab.
Tests auf neutralisierende Antikörper
In der Zulassungsstudie CLEOPATRA [2] wurden etwa 2,8% (11 von 386 Patienten) unter Pertuzumab und 6,2% (23/272) der mit Plazebo plus bisherige Standardtherapie behandelten Patienten positiv auf neutralisierende Antikörper getestet. Infusions- oder Überempfindlichkeitsreaktionen, die eindeutig mit neutralisierenden Antikörpern in Verbindung standen, wurden jedoch nicht beobachtet. Derzeit sind die Daten zur Beurteilung der Auswirkung von neutralisierenden Antikörpern auf die Wirksamkeit der Kombination Pertuzumab plus Trastuzumab plus Docetaxel noch nicht ausreichend [7].
Daten zur Verträglichkeit
Häufigste unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Die häufigsten unter einer Pertuzumab-Behandlung beobachteten unerwünschten Ereignisse waren Diarrhö, Alopezie, Neutropenie, Nausea, Fatigue, Rash und periphere Neuropathie, mit jeweils unterschiedlichen Schweregraden. Wegen der kombinierten Gabe mit Trastuzumab und Docetaxel ist es schwierig, einen kausalen Zusammenhang zwischen einem unerwünschten Ereignis und einem bestimmten Wirkstoff herzustellen.
Die Häufigkeiten ausgewählter unerwünschter Ereignisse sind in Tabelle 2 dargestellt. Die Diarrhö sprach gut auf eine proaktive Behandlung mit Antidiarrhoika an.
Tab. 2. Häufigkeit ausgewählter unerwünschter Ereignisse [2, 6]
Unerwünschtes Ereignis |
Häufigkeit [%] |
|
Behandlungsgruppe (n=402) |
Plazebo-Gruppe (n=406) |
|
Leukopenie |
62,4 |
58,2 |
Neutropenie Grad 3–4 |
85,9 (61,01) |
86,6 (64,31) |
Febrile Neutropenie |
13,8 (26,02) |
7,6 (12,02) |
Diarrhö |
66,8 (7,93) |
46,3 (5,03) |
Exanthem |
45,2 |
36,0 |
1Neutropenie Grad 4 gemäß NCI-CTCAE-Kriterien; 2bei asiatischen Patienten; 3Diarrhö Grad 3/4 gemäß NCI-CTCAE-Kriterien; CTCAE: Common terminology criteria for adverse events; NCI: National Cancer Institute
Die meisten Exanthem-Fälle waren vom Schweregrad 1 oder 2, traten während der ersten beiden Zyklen auf und sprachen auf eine Standardbehandlung (z.B. topische oder orale Akne-Behandlung) an.
Zu Todesfällen, die in der Mehrzahl auf febrile Neutropenie und/oder Infektion zurückzuführen waren, kam es bei 1,2% der Patienten unter der Kombination mit Pertuzumab und bei 1,5% in der Plazebo-Gruppe.
Die Abbruchraten aufgrund unerwünschter Ereignisse waren unter dem Pertuzumab-Regime und der alleinigen Kombination Trastuzumab plus Docetaxel insgesamt vergleichbar (6,1% vs. 5,3%) [6].
Daten zu Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Wechselwirkungen zwischen Pertuzumab und Trastuzumab oder zwischen Pertuzumab und Docetaxel wurden in bisherigen Untersuchungen nicht beobachtet. Auch bei gleichzeitiger Verabreichung von Pertuzumab und Gemcitabin, Erlotinib oder Capecitabin ergaben sich keine Hinweise auf solche Interaktionen. Die Pharmakokinetik von Pertuzumab war in diesen Untersuchungen mit der in Monotherapie-Studien beobachteten vergleichbar [6].
Dosierung, Einsatz und Handhabung
Dosierung
Die empfohlene Initialdosis von Pertuzumab beträgt 840 mg, verabreicht als 60-minütige intravenöse Infusion. Daran schließen sich Erhaltungsdosen von 420 mg an, die im Abstand von drei Wochen über einen Zeitraum von 30 bis 60 Minuten verabreicht werden. Nach jeder Pertuzumab-Infusion wird vor der nachfolgenden Infusion von Trastuzumab oder Docetaxel eine Beobachtungszeit von 30 bis 60 Minuten empfohlen [6].
Verabreichung der Kombinationspartner
Die empfohlene Initialdosis von Trastuzumab liegt bei 8 mg/kg KG i.v., gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 6 mg/kg KG alle drei Wochen. Docetaxel soll mit einer Initialdosis von 75 mg/m2 mit Pertuzumab kombiniert werden, die danach alle drei Wochen verabreicht wird. Wenn die Initialdosis Docetaxel gut vertragen wird, kann sie in den darauffolgenden Zyklen auf bis zu 100 mg/m2 gesteigert werden. Die Reihenfolge der Verabreichung ist bei Kombination von Pertuzumab und Trastuzumab beliebig. Erhält der Patient Docetaxel, soll dieses nach Pertuzumab und Trastuzumab verabreicht werden [6].
Eine gleichzeitige Verabreichung der Kombinationspartner mit Pertuzumab ist nicht untersucht und wird nicht empfohlen. Laut einer Studie war eine Mischung aus Pertuzumab und Trastuzumab in einem Infusionsbeutel mit 0,9%iger NaCl-Lösung über 24 Stunden physikalisch und chemisch stabil, wenn sie bei 5°C oder 30°C gelagert wurde [8].
Dosierung bei eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion und im höheren Lebensalter
Bei Patienten mit leichter oder mäßiger Nierenfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung von Pertuzumab notwendig. Aufgrund begrenzter pharmakokinetischer Daten können für Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung keine Dosierungsempfehlungen gegeben werden, ebenso wenig wie für Patienten mit Leberfunktionsstörung, da diese nicht untersucht wurden. Bei älteren Patienten (≥65 Jahre) ist keine Dosisanpassung erforderlich, wobei zu Patienten über 75 Jahren nur sehr begrenzte Daten vorliegen [6].
Überwachung der LVEF
HER2 spielt nicht nur bei der Tumorgenese eine Rolle, sondern ist auch in Stoffwechselprozesse von Kardiomyozyten involviert. Obwohl die Spiegel in Herzen von Erwachsenen deutlich niedriger sind als in Brustkrebszellen, besteht bei Wirkstoffen, die die HER2-Aktivität hemmen, ein potenzielles Risiko für eine symptomatische linksventrikuläre systolische Dysfunktion (LVSD) inklusive einer kongestiven Herzinsuffizienz. Daher muss vor Behandlungsbeginn und während der Behandlung bei jedem dritten Zyklus die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) untersucht werden, um sicherzustellen, dass sie im Normalbereich liegt. Gegebenenfalls ist ein Absetzten von Pertuzumab und Trastuzumab in Erwägung zu ziehen.
In der Hauptstudie CLEOPATRA war die Anwendung von Pertuzumab in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel im Vergleich zu Plazebo in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel nicht mit einer höheren Inzidenz der LVSD oder einem Abfall der LVEF verbunden (LVSD 4,4% vs. 8,3%) [11].
Dauer der Anwendung, besondere Hinweise zur Handhabung
Es wird empfohlen, die Patienten bis zur Krankheitsprogression oder dem Auftreten nicht mehr kontrollierbarer Toxizität zu behandeln.
Da die Anwendung von Pertuzumab mit Infusions- und Überempfindlichkeitsreaktionen in Verbindung gebracht wurde, ist eine engmaschige Überwachung des Patienten während und bis zu 60 Minuten nach Verabreichung der Infusion angezeigt. Bei Auftreten einer Infusionsreaktion müssen angemessene Maßnahmen wie Verlangsamung oder Unterbrechung der Infusion eingeleitet werden. Die Anwendung von Pertuzumab sollte von medizinischem Personal, das in der Behandlung einer Anaphylaxie ausgebildet ist, und in einer Umgebung, in der eine vollständige Ausrüstung zur Wiederbelebung sofort verfügbar ist, erfolgen [6].
Fazit
Pertuzumab bietet eine neue zielgerichtete Therapieoption für das metastasierte, HER2-positive Mammakarzinom. In Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel verbesserte sie in der Erstlinientherapie sowohl das progressionsfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben signifikant, bei ähnlichem Sicherheitsprofil. Bereits vor der Zulassung von Pertuzumab wurde diese Kombination als Standardtherapie in die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) aufgenommen.
Interessenkonflikterklärung
CB gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Danksagung
Die Redaktion dankt Dr. Tilman Schöning für seine Expertise und inhaltliche Anregungen.
Literatur
1. Baselga J, Gelmon KA, Verma S, et al. Phase II trial of pertuzumab and trastuzumab in patients with human epidermal growth factor receptor 2-positive metastatic breast cancer that progressed during prior trastuzumab therapy. J Clin Oncol 2010;28:1138–44.
2. Baselga J, Cortés J, Kim SB, et al. Pertuzumab plus trastuzumab plus docetaxel for metastatic breast cancer. N Engl J Med 2012;366:109–19.
3. Bruhn C. Pertuzumab: Duale Strategie für die Erstlinientherapie des metastasierten HER2-positiven Mammakarzinoms. Med Monatsschr Pharm 2013;36:210–4.
4. Capelan M, Pugliano L, De Azambuja E, et al. Pertuzumab: new hope for patients with HER2-positive breast cancer. Annals of Oncology 2013;24:273–82, doi:10.1093/annonc/mds328.
5. Fachinformation Herceptin® i.v., Roche Pharma AG, Stand Februar 2014.
6. Fachinformation Perjeta® 420 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Roche Pharma AG, Stand September 2013.
7. Gianni L, Pienkowski T, Im YH, et al. Efficacy and safety of neoadjuvant pertuzumab and trastuzumab in women with locally advanced, inflammatory, or early HER2-positive breast cancer (NeoSphere): a randomised multicentre, openlabel, phase 2 trial. Lancet Oncol 2012;13:25–32.
8. Glover ZW, Gennaro L, Yadav S, et al. Compatibility and stability of pertuzumab and trastuzumab admixtures in i.v. infusion bags for coadministration. J Pharm Sci 2013;102:794–812. doi: 10.1002/jps.23403.
9. Harbeck, N. Mammakarzinom: Tumorbiologie-basierte Konzepte für operative und medikamentöse Therapie. Dtsch Med Wochenschr 2013;138:180–2.
10. Pressekonferenz der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen: „Zulassung von Pertuzumab – Meilenstein für die 1st-Line-Therapie des metastasierten HER2-positiven Mammakarzinoms.“, Berlin, 15. Februar 2013, Referenten: Dr. Hagen Pfundner, Grenzach-Wyhlen, Prof. Dr. Andreas Schneeweiss, Heidelberg, Priv.-Doz. Dr. Brigitte Rack, München.
11. Reynolds K, Sarangi S, Bardia A, Dizon DS. Precision medicine and personalized breast cancer: combination pertuzumab therapy. Pharmgenomics Pers Med 2014;7:95–105.
12. Swain SM, Kim SB, Cortés J, et al. Pertuzumab, trastuzumab, and docetaxel for HER2-positive metastatic breast cancer (CLEOPATRA study): overall survival results from a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 study. Lancet Oncol 2013;14:461–71.
Dr. rer. nat. Claudia Bruhn, Schmölln 60, 17291 Randowtal, E-Mail: clbruhn@web.de
Pertuzumab: Inhibitor of HER2 dimer formation in the therapy of breast cancer
The humanized monoclonal antibody pertuzumab binds to a domain of HER2 and prevents the formation of HER2/HER3 dimers, which reduces signaling of growth factors via intracellular pathways. In clinical studies pertuzumab showed a significant improvement in progression free survival and in overall survival in combination with trastuzumab and docetaxel in patients with HER2-positive metastatic breast cancer, compared with placebo, trastuzumab, and docetaxel. This effect was not achieved at the expense of adverse events. This regimen represents an improvement on the standard of care for these patients.
Key words: Breast cancer, HER2, trastuzumab, pertuzumab, progression free survival, overall survival
Arzneimitteltherapie 2014; 32(10)