Stabile koronare Herzerkrankung und Vorhofflimmern

Kombination von Vitamin-K-Antagonisten und Thrombozytenfunktionshemmern sinnvoll?


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Eine dänische Studie brachte folgende Antwort: Bei Patienten mit Vorhofflimmern und stabiler koronarer Herzerkrankung führt die Gabe von Thrombozytenfunktionshemmern zusätzlich zu Vitamin-K-Antagonisten zu einem erhöhten Blutungsrisiko, ohne das Risiko thromboembolischer Ereignisse zu vermindern.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Patienten mit Vorhofflimmern profitieren deutlich von oralen Antikoagulanzien wie Vitamin-K-Antagonisten. Bei Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung wird üblicherweise empfohlen, Thrombozytenfunktionshemmer wie Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel einzusetzen. Ob Thrombozytenfunktionshemmer bei Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung notwendig sind, die zusätzlich Vorhofflimmern haben und mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden, ist letztendlich nicht geklärt. Im SPORTIF-Studienprogramm zeigte sich, dass die Zugabe von Thrombozytenfunktionshemmern zu Vitamin-K-Antagonisten oder Ximelagatran (außer Handel) bei Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung nur das Blutungsrisiko erhöht, ohne das Risiko vaskulärer Ereignisse wie Herzinfarkt, ischämischen Insult oder vaskulärem Tod zu reduzieren [1].

Studiendesign

Die vorliegende Studie wertete das nationale dänische Gesundheitsregister aus, in dem alle Menschen in Dänemark registriert sind. Neben Diagnosen, Krankenhausaufenthalten und Todesursachen werden auch verschreibungspflichtige Medikamente erfasst. Im Rahmen dieses Registers wurden Patienten mit Vorhofflimmern identifiziert, die eine stabile koronare Herzerkrankung hatten. Die Analyse umfasste die Jahre 2002 bis 2011. Anschließend wurde das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und schwerwiegende Blutungskomplikationen, die eine Krankenhausaufnahme notwendig machten, erfasst. In die Studie gingen 8700 Patienten mit einem mittleren Alter von 74 Jahren ein (38% Frauen).

Ergebnisse

Während des dreijährigen Beobachtungszeitraums waren die Ereignisraten pro 100 Personenjahre für Herzinfarkt und koronarem Tod 7,2, für Thromboembolien 3,8 und für schwerwiegende Blutungen 4,0. Verglichen mit Patienten, die eine Monotherapie mit Vitamin-K-Antagonisten erhielten, war das Risiko eines Herzinfarkts oder koronaren Todes bei Patienten unter Kombinationstherapie aus Vitamin-K-Antagonisten und Acetylsalicylsäure identisch (Hazard-Ratio [HR] 1,12; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,94–1,34). Patienten, die mit einer Kombination aus Vitamin-K-Antagonisten und Clopidogrel behandelt wurden, hatten sogar ein höheres Risiko für vaskuläre Ereignisse (HR 1,53; 95%-KI 0,93–2,52).

Insgesamt unterschied sich das Risiko thromboembolischer Ereignisse unter einer Kombinationstherapie zu einer Monotherapie nicht. Das Risiko schwerwiegender Blutungskomplikationen war allerdings bei der Kombination von Vitamin-K-Antagonisten mit Acetylsalicylsäure signifikant erhöht (HR 1,5; 95%-KI 1,23–1,82) und noch höher bei einer Kombination mit Clopidogrel (HR 1,84; 95%-KI 1,11–3,06).

Kommentar

Die vorliegende populationsbezogene Analyse aus Dänemark belegt, was bereits im SPORTIF-Programm beobachtet worden war, nämlich, dass die Zugabe von Thrombozytenfunktionshemmern zu Vitamin-K-Antagonisten bei Patienten mit Vorhofflimmern das Risiko thromboembolischer Ereignisse nicht reduziert und lediglich die Rate schwerwiegender Blutungen erhöht. In Analogie gilt das sehr wahrscheinlich auch für Patienten, die eine transitorische ischämische Attacke (TIA) oder einen ischämischen Insult erlitten haben. Hierzu gibt es allerdings noch keine guten Analysen aus den großen randomisierten Studien zum Vergleich neuer Antikoagulanzien mit Vitamin-K-Antagonisten.

Quelle

Lamberts M, et al. Antiplatelet therapy for stable coronary artery disease in atrial fibrillation patients taking an oral anticoagulant: a nationwide cohort study. Circulation 2014;129:1577–85.

Literatur

1. Flaker GC, et al. Risks and benefits of combining aspirin with anticoagulant therapy in patients with atrial fibrillation: an exploratory analysis of stroke prevention using an oral thrombin inhibitor in atrial fibrillation (SPORTIF) trials. Am Heart J 2006;152:967–73.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(11)