Kollagene Kolitis

Das lokal wirksame Budesonid ist Mesalazin und Plazebo überlegen


Prof. Dr. Martin Storr, München

Die kollagene Kolitis ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die mit wässrigen Durchfällen einhergeht und zur Gruppe der mikroskopischen Kolitiden gehört. Viele der Betroffenen sind ältere Patienten weiblichen Geschlechts. Budesonid ist derzeit die Standardtherapie bei dieser Erkrankung, vergleichende Studien zu anderen möglichen Wirkstoffen gab es bis vor kurzem nicht. Miehlke et al. berichten in der Zeitschrift Gastroenterology über eine multizentrische, Plazebo-kontrollierte klinische Studie, in der Budesonid, Mesalazin und Plazebo in der Behandlung der kollagenen Kolitis verglichen wurden [1].

Viele Erkrankungen äußern sich in einer chronischen Diarrhö. In den letzten 20 Jahren haben wir gelernt, dass die mikroskopischen Kolitiden eine häufige Ursache einer chronischen Diarrhö darstellen. In den 80er-Jahren waren die mikroskopischen Kolitiden noch nahezu unbekannt, heutzutage wissen wir, dass Inzidenz und Prävalenz der mikroskopischen Kolitiden mit den Inzidenzen und Prävalenzen anderer chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) vergleichbar sind [2]. Das klinische Bild der mikroskopischen Kolitis ist geprägt durch eine chronische, wässrige Diarrhö. Häufige zusätzliche Symptome sind abdominelle Schmerzen, Blähungen, Stuhlinkontinenz und etwa ein Drittel der Patienten klagt über nächtliche Diarrhöen. Aufgrund der Symptome ist eine Abgrenzung vom Reizdarmsyndrom oft sehr schwierig. Die Diagnose wird mithilfe von Gewebeproben, die in einer Koloskopie entnommen werden, gestellt. Dabei ist der endoskopische Befund üblicherweise unauffällig und nur die Histologie kann das Krankheitsbild aufdecken. Histologisch können zwei Formen der mikroskopischen Kolitis unterschieden werden, die kollagene Kolitis und die lymphozytäre Kolitis, die im Wesentlichen gleich diagnostiziert und behandelt werden.

Therapeutisch kommt bei den mikroskopischen Kolitiden Budesonid oder Mesalazin zum Einsatz. Der Einsatz von Budesonid stützt sich bisher auf kleinere randomisierte, Plazebo-kontrollierte klinische Studien, der Einsatz von Mesalazin auf unkontrollierte Studien [3]. Andere Arzneimittel kommen allenfalls in Einzelfällen zum Einsatz und ihre Verwendung gründet sich auf Einzelfallberichte [4]. Vergleichende Arzneimittelstudien, wie die nun vorliegende multizentrische Plazebo-kontrollierte Studie, in der in drei Armen Budesonid, Mesalazin und Plazebo verglichen wurden, sind bisher noch nicht publiziert worden.

Studie

In die Studie wurden erwachsene Patienten eingeschlossen, bei denen eine kollagene Kolitis diagnostiziert wurde und bei denen vor Studieneinschluss über mindestens drei Monate eine chronische Diarrhö mit mehr als drei Stuhlgängen pro Tag bestanden hatte. Ausschlusskriterien waren andere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder andere Erkrankungen, die zu einer chronischen Diarrhö führen, sowie Polypen, Tumoren oder Kolon-Resektion. Ebenso durften die Patienten vier Wochen vor Studieneinschluss keine Arzneimittel zur Behandlung der kollagenen Kolitis eingenommen haben.

Zu Studienbeginn wurden die Patienten in drei gleich große Gruppen randomisiert. In diesen Gruppen erhielten sie in einem doppelblinden Design über acht Wochen entweder Budesonid (9 mg p.o. einmal täglich), Mesalazin (3 g p.o. einmal täglich) oder Plazebo. Im Anschluss wurden die Patienten weitere 16 Wochen ohne Medikation nachbeobachtet. Der primäre Endpunkt war eine klinische Remission acht Wochen nach Therapiebeginn. Eine klinische Remission war gegeben, wenn weniger als drei Stuhlgänge pro Tag berichtet wurden. Weitere Endpunkte waren die Zeit bis zum Eintritt der Remission, die Anzahl der wässrigen oder soliden Stuhlgänge pro Woche, abdominelle Schmerzen, histopathologische Veränderungen sowie Sicherheit und Verträglichkeit der Medikation. Zusätzlich wurde das Wiederauftreten von Symptomen in der behandlungsfreien Nachsorge und gegebenenfalls das Ansprechen auf eine Open-Label-Behandlung mit Budesonid (9 mg p.o. einmal täglich) erfasst. Zur Analyse der histologischen Veränderungen wurde nach der achtwöchigen Behandlung eine erneute Koloskopie mit Entnahme von Gewebe durchgeführt. Neben der Sicherheit wurde auch die Compliance der Arzneimitteleinnahme überprüft.

Ergebnisse

An der Studie waren 31 Zentren in fünf europäischen Ländern beteiligt. 92 Patienten konnten randomisiert werden, davon erhielten 30 Budesonid, 25 Mesalazin und 37 Plazebo. Vor der Datenanalyse wurden 15 Patienten aufgrund einer Protokollverletzung ausgeschlossen, sodass 77 Patienten in die statistische Auswertung eingeschlossenen werden konnten. Eine Interimsanalyse nach 53 eingeschlossenen Patienten ergab, dass die Behandlung mit Mesalazin dem Plazebo unterlegen war, sodass der Mesalazin-Arm nach der Interimsanalyse geschlossen wurde.

In der Per-Protocol-Analyse erreichten 61% der mit Plazebo behandelten Patienten und 85% der mit Budesonid behandelten Patienten eine klinische Remission. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Die Remissionsrate der mit Mesalazin behandelten Patienten erreichte 50%. Der sekundäre Endpunkt einer klinischen Remission mit weniger als drei Stuhlgängen, davon weniger als ein wässriger Stuhlgang pro Tag, wurde von 85% der mit Budesonid behandelten, 44% der mit Mesalazin behandelten und 42% der mit Plazebo behandelten Patienten erreicht. Die Dauer bis zum Eintreten einer klinischen Remission lag bei Budesonid im Median bei sieben Tagen, bei Plazebo im Median bei 21 Tagen und bei Mesalazin im Median bei 24 Tagen. Eine histologische Remission wurde bei 87% der mit Budesonid behandelten, 50% der mit Plazebo behandelten und 45% der mit Mesalazin behandelten Patienten erreicht.

Das Nebenwirkungsprofil der drei Testsubstanzen war vergleichbar. Bei keinem Arzneimittel kam es zu einem schweren unerwünschten Ereignis, das als arzneimittelinduziert gewertet wurde. Die häufigsten berichteten unerwünschten Wirkungen waren Kopfschmerzen, Infekte im HNO-Bereich und dyspeptische Beschwerden.

54 Patienten, die eine Remission erreicht hatten, wurden in die 16-wöchige arzneimittelfreie Nachbeobachtung eingeschlossen. Bei 19 dieser Patienten (35%) kam es erneut zu Symptomen. Dabei betrug die durchschnittliche Zeit bis zum Wiederauftreten der Symptome 58 Tage. 14 dieser Patienten erreichten unter einer Open-Label-Behandlung mit Budesonid erneut eine klinische Remission.

Diskussion

Mikroskopische Kolitiden werden immer noch zu selten bedacht und die Diagnose häufig verschleppt. Dies liegt vermutlich daran, dass die Symptome den Symptomen einer Reizdarmerkrankung sehr ähnlich sind. Zur Therapie stehen wenige Arzneimittel zur Verfügung und abgesehen von Budesonid ist keines der verwendeten Arzneimittel in Plazebo-kontrollierten Studien geprüft worden. In Übersichtsarbeiten wird für die Akuttherapie zumeist eine Therapie mit Budesonid empfohlen, andere mögliche Therapien, wie Mesalazin, werden auch häufig diskutiert. Aus diesem Grund ist die aktuelle Studie, die in einem randomisierten Design zwei der bei einer kollagenen Kolitis empfohlenen Arzneistoffe vergleicht, sehr wertvoll. Den Daten folgend sollte in Zukunft bei einer kollagenen Kolitis Budesonid als Erstlinientherapie verschrieben werden. Bei genauer Analyse werden die mit Budesonid erzielbaren Unterschiede gerade in den sekundären Endpunkten, mit strengeren Kriterien für eine klinische Remission, mit den Untersuchungen zur histologischen Remission und mit der Analyse der Dauer bis zum Eintreten der Remission, deutlicher.

Für den mittel- und langfristigen Remissionserhalt bei einer kollagenen Kolitis stehen entsprechende vergleichende Studien noch aus. Ob die Studienergebnisse auch auf die Behandlung der lymphozytären Kolitis übertragbar sind, bleibt unklar und entsprechende klinische Studien wären wünschenswert.

Literatur

1. Miehlke S, et al. Budesonide is more effective than mesalazine or placebo in short-term treatment of collagenous colitis. Gastroenterology 2014;146:1222–30.

2. Munch A, et al. Microscopic colitis: Current status, present and future challenges: Statements of the European Microscopic Colitis Group. J Crohns Colitis 2012;6:932–45.

3. Miehlke S, et al. Budesonide treatment for collagenous colitis: a randomized, double-blind, placebo-controlled, multicenter trial. Gastroenterology 2002;123:978–84.

4. Chande N, et al. Interventions for treating microscopic colitis: a Cochrane Inflammatory Bowel Disease and Functional Bowel Disorders Review Group systematic review of randomized trials. Am J Gastroenterol 2009;104:235–41.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(12)