Hepatitis-C-Therapie

Der erste NS5A-Replikationskomplex-Inhibitor ist auf dem Markt


Dr. med. Nana Mosler, Leipzig

Die Dreifachtherapie aus Peginterferon, Ribavirin und den Protease-Inhibitoren Boceprevir oder Telaprevir wird nicht mehr als Standardbehandlung bei Hepatitis C empfohlen. Grund dafür geben neue Kombinationstherapien, die an verschiedenen Punkten im Replikationszyklus des Hepatitis-C-Virus (HCV) angreifen und damit virologische Ansprechraten von bis zu 100% in einem Zeitraum von 12 Wochen erreichen. Teil einer solchen Kombinationstherapie ist Daclatasvir, das beschleunigt zugelassen wurde. Ende 2014 wird bereits der zweite NS5A-Inhibitor erwartet.

Männer sind häufiger von einer HCV-Infektion betroffen. HIV-infizierte, Drogenabhängige und Dialyse-Patienten stellen Risikogruppen dar. Bei der Mehrzahl der Infizierten ist der Übertragungsweg unbekannt.

Mit der Aufschlüsselung des HCV-Genoms konnten bisher drei Angriffspunkte für die Therapie definiert werden:

  • Protease-Inhibitoren (-previr, z.B. Simeprevir, Genotyp 1 und 4, niedrige Resistenzbarriere)
  • Polymerase-Inhibitoren (-buvir, z.B. Sofosbuvir, alle Genotypen, hohe Resistenzbarriere)
  • NS5A-Inhibitoren (-asvir, z.B. Daclatasvir, niedrige Resistenzbarriere, Genotypen 1–4)

NS5A spielt eine wichtige Rolle beim Replikationskomplex zur Vervielfältigung der viralen RNA (Abb. 1).

Abb. 1. Replikationszyklus des Hepatitis-C-Virus (1) Das einsträngige RNA-Virus gelangt durch Endozytose in die Zelle. (2) Die RNA wird freigesetzt. (3) An den Ribosomen der Zelle entstehen erste Virusproteine. (4) Aus den Proteinen bildet sich ein Replikationskomplex. Von der (+)RNA wird ein Negativstrang als Matrize erstellt und weitere Kopien der (+)RNA gebildet, die wiederum zur Translation genutzt werden. Die neuen Viren werden zusammengesetzt (5) und über den Golgi-Apparat (6) ausgeschleust.

Das Therapieziel ist die Eradikation der HCV-Infektion zur Verhinderung von Leberzirrhose, Dekompensation der Zirrhose, Leberzellkrebs und Tod.

Nach Sofosbuvir (Sovaldi®) und Simeprevir (Olysio®) steht nun auch Daclatasvir (Daklinza®) zur einmal täglichen oralen Einnahme zur Verfügung. Die Substanzklassen zeigen aufgrund der unterschiedlichen Angriffspunkte keine Kreuzresistenzen.

Daclatasvir hat eine hohe antivirale Aktivität, ein pan-genotypisches Potenzial (d.h. die Wirkung ist unabhängig vom Genotyp) und bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich. Es zeigt wenige Arzneimittelwechselwirkungen, was insbesondere für die gleichzeitige Therapie eines HIV-infizierten oder multimorbiden älteren Patienten hilfreich sein dürfte.

Der NS5A-Inhibitor wurde an 5500 Patienten untersucht und ist sehr gut verträglich mit sehr geringen Abbruchraten (<1%).

Daclatasvir zeigt im Vergleich zu Sofosbuvir eine niedrigere Resistenzbarriere. Daher kombiniert man beide Substanzen, um Resistenzbildung und Rückfällen vorzubeugen.

Studiendesign

Die Zulassung erfolgte aufgrund von Ergebnissen verschiedener klinischer Studien, zu denen auch eine randomisierte Open-Label-Studie über Daclatasvir in Kombination mit Sofosbuvir bei Patienten mit Genotyp 1, 2 und 3 zählt (Kasten). In Deutschland kommt der Genotyp 1 am häufigsten vor. In dieser Studie waren auch Patienten, die nicht auf eine Therapie mit Telaprevir oder Boceprevir angesprochen hatten, sowie Patienten mit fortgeschrittener Fibrose eingeschlossen.

Der primäre Studienendpunkt war ein anhaltendes virologisches Ansprechen (HCV-RNA <25 I.E./ml) 12 Wochen nach Behandlungsende (SVR12, sustained virologic response).

Die Therapie erfolgte bei unterschiedlichen Genotypen, mit Regimen mit oder ohne Ribavirin. Es erhielten jedoch alle Patienten Daclatasvir und Sofosbuvir.

Ergebnisse

Daclatasvir zeigte in Kombination mit Sofosbuvir (±Ribavirin) ein anhaltendes virologisches Ansprechen nach 12 Wochen (was einer Heilung entspricht)

  • bei 98% (124/126) der nicht vorbehandelten Patienten mit Genotyp 1,
  • bei 98% (40/41) der Genotyp-1-Patienten nach Proteasehemmer-Versagen,
  • bei 91% (40/44) der Patienten mit Genotyp 2 oder 3 (zuvor unbehandelt).

Zulassung

Daclatasvir wurde im August 2014 zur Anwendung in Kombination mit anderen Arzneimitteln zur Behandlung der chronischen HCV-Infektion vom Genotyp 1, 2, 3 und 4 bei Erwachsenen beschleunigt zugelassen; eine Monotherapie ist nicht möglich. Die Empfehlung zur Therapie des Genotyps 4 beruht auf In-vitro-Daten. Man geht von einer ähnlichen Wirksamkeit wie beim Genotyp 1 aus.

Die Kosten der Kombinationsbehandlung Sofosbuvir plus Daclatasvir betragen für 12 Wochen Behandlung etwa 100000 Euro [Lauer-Taxe, Apothekenverkaufspreis, Stand 28.10.14].

Quelle

Prof. Thomas Berg, Leipzig; Prof. Michael P. Manns, Hannover; Pressegespräch „Zulassung von Daclatasvir (Daklinza®): Heilung für fast alle Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion – sogar für diejenigen mit hohem therapeutischem Bedarf“, Leipzig, 18. September 2014, veranstaltet von der Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA.

Literatur

1. Sulkowski MS, et al. Daclatasvir plus sofosbuvir for previously treated or untreated chronic HCV infection. N Engl J Med 2014;370:211–21.

2. Fachinformation Daklinza®. Bristol-Myers Squibb (Stand August 2014).

Es stand in der AMT

Hepatitis C – Erfolg versprechende orale Therapie mit Daclatasvir und Sofosbuvir. Arzneimitteltherapie 2014;32:98–9.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(12)