Dr. Claudia Bruhn, Schmölln
Die Adipositas hat sich weltweit zu einer regelrechten Epidemie entwickelt. Sie führt nicht nur bei den Betroffenen zu gesundheitlichen Problemen, sondern verursacht außerdem immense Behandlungskosten. Es hat sich jedoch gezeigt, dass bei einem Teil der Fettleibigen kein erhöhtes Risiko für metabolische Komplikationen besteht. So stellte man beispielsweise in kleineren Studien bei einem Teil der Übergewichtigen keine Insulinresistenz fest, obwohl normalerweise ein enger Zusammenhang zwischen ihr und dem Body-Mass-Index (BMI) existiert.
Mechanismen noch unzureichend geklärt
Die biologischen Grundlagen für die unterschiedlichen Adipositas-Typen sind noch nicht ausreichend erforscht. Aus Tierstudien sind einige mögliche MHO-fördernde Mechanismen bekannt, die in Zusammenhang mit der Entwicklung von Adipozyten in verschiedenen Fettgeweben oder entzündungsrelevanten Mechanismen in Zusammenhang stehen. Beim Menschen stellt verschiedenen Studien zufolge vor allem der Fettgehalt der Leber einen Risikofaktor dar.
Noch keine umfassende Definition
Auch exakte Kriterien für die MHO gibt es noch nicht. Zurzeit werden MHO-Personen definiert als eine Subgruppe von Individuen, deren BMI zwar über der Grenze zur Fettleibigkeit (≥30 kg/m2) liegt, die aber dennoch als metabolisch gesund gelten, da sie keine weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren aufweisen. Neben der Insulinresistenz werden derzeit auch der Taillenumfang und die körperliche Fitness als Diagnosekriterien herangezogen (Kasten).
Kriterien zur Definition des MHO in epidemiologischen Studien [nach 1]
- BMI ≥30 kg/m2
- Bauchumfang im Normalbereich (Männer ≤102 cm, Frauen ≤88 cm)
- Keine Symptome des metabolischen Syndroms, d.h. normaler Blutdruck sowie normale Blutfett- und Blutzuckerwerte
- Keine Insulinresistenz
- Hohe körperliche Fitness
Fazit
Eine genauere Definition der MHO würde unter anderem den Vorteil bringen, dass aufwendige und teure Interventionen zur Gewichtsreduktion (wie die bariatrische Chirurgie) auf die Subgruppe der am meisten gefährdeten Menschen beschränkt werden könnten.
Quelle
Prof. Dr. Norbert Stefan, Tübingen; „Adipositasphänotypen bei Gefäß- und Nierenerkrankungen“, Vortrag auf dem Symposium „Crosstalk Typ-2-Diabetes – Wissenschaft trifft Praxis“, veranstaltet von Berlin-Chemie und MSD Sharp & Dohme im Rahmen der 49. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Berlin, 28. Mai 2014.
Literatur
1. Stefan N. Metabolically healthy obesity: epidemiology, mechanisms, and clinical implications. Lancet Diabetes Endocrinol 2013;1:152–62; doi: 10.1016/S2213–8587(13)70062–7.
Arzneimitteltherapie 2014; 32(12)