Clostridium-difficile-Infektion

Durch Fidaxomicin mehr Patienten anhaltend geheilt


Dr. rer. nat. Matthias Herrmann, Berlin, Prof. Dr. Ralf Stahlmann, Berlin

Bei steigender Inzidenz werden durch Clostridium difficile ausgelöste Diarrhöen zu einem immer größeren Problem. Mit Fidaxomicin steht seit Januar 2013 eine Alternative zur Therapie mit Metronidazol oder Vancomycin zur Verfügung, die von der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) bereits in ihre Empfehlungen aufgenommen wurde. Ein Vorteil des Antibiotikums, das die natürliche Darmflora kaum beeinflusst: Rückfälle treten seltener auf als nach Behandlung mit Vancomycin. Experten diskutierten die neue Therapieoption auf einer von Astellas Pharma veranstalteten Pressekonferenz.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Ralf Stahlmann, Berlin

Die häufigste Ursache einer Clostridium-difficile-Infektion (CDI) sind durch Antibiotika ausgelöste Störungen der gesunden Darmflora, die der Besiedelung und Überwucherung des Dickdarms mit C. difficile den Boden bereiten können. Das Spektrum der klinischen Manifestationen reicht von der symptomlosen Trägerschaft über eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Diarrhö bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen.

Mehrkosten von 7000 Euro pro Patient

CDI gefährden nicht nur Patienten, sie belasten auch das Gesundheitssystem erheblich. Nach Daten einer Fall-Kontroll-Studie mit Patienten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) verlängerte eine CDI den Krankenhausaufenthalt im Median um sieben Tage [1]. Die Zusatzkosten pro Patient beliefen sich auf rund 7000 Euro gegenüber jenen ohne CDI. Bei CDI-Rezidiven ist von höheren Kosten auszugehen als bei Erstepisoden [2].

CDI im ambulanten Sektor

Die vor allem durch den verlängerten Krankenhausaufenthalt entstehenden Kosten sind auch vor dem Hintergrund weltweit steigender Inzidenzen zu sehen. In Deutschland verdoppelte sich die Zahl der CDI von 2004 bis 2006 [3]. In der EUCLID-Studie wurden 2013 in deutschen Krankenhäusern 9,3 Fälle pro 10000 Patientenbett-Tage registriert [4]. Etwa 40% der Infektionen wurden aber nicht im Krankenhaus erworben, sondern bei Aufnahme von den Patienten „mitgebracht“ [5]. Auch im ambulanten Bereich ist deshalb eine CDI in Betracht zu ziehen, wenn ein Patient Antibiotika einnimmt und anhaltenden wässrigen Durchfall bekommt. Dies gilt insbesondere für Cephalosporine und Fluorchinolone. Prinzipiell können aber alle Antibiotika eine CDI verursachen. Weitere, im ambulanten Sektor relevante Risikofaktoren für eine CDI sind [6, 7]:

  • Fortgeschrittenes Lebensalter
  • Schwere Grunderkrankungen
  • Geschwächtes Immunsystem
  • Längerer Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung
  • Einnahme eines Protonenpumpenhemmers

ESCMID-Empfehlungen

Die ESCMID empfiehlt bei leichter CDI Metronidazol und bei schweren Verläufen Vancomycin [8]. Hierunter erleiden bis zu 25% der zunächst erfolgreich behandelten Patienten innerhalb von 30 Tagen einen Rückfall [9]. Mit dem Makrocyclin-Antibiotikum Fidaxomicin (Dificlir®) steht jedoch eine alternative Therapieoption zur Verfügung, die die Rezidivrate gegenüber Vancomycin um 46% reduziert [10]. Bei zunächst vergleichbaren Ansprechraten führt sie entsprechend häufiger zu einer anhaltenden Heilung. In der 2014 publizierten Aktualisierung der ESCMID-Leitlinie wird Fidaxomicin bei schwer verlaufender CDI, erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf sowie bei multiplen Rezidiven als ein Arzneistoff der ersten Wahl genannt [8]. Zweite Rezidive verhinderte es in den Zulassungsstudien signifikant wirksamer als Vancomycin (p=0,045) [10].

Bei multiplen Rezidiven empfiehlt die ESCMID auch die Stuhltransplantation. Das Verfahren ist jedoch nicht standardisiert. Auch sind die Folgen ungewiss, wenn Darmzellen von einem auf den anderen Menschen übertragen werden.

Fidaxomicin beeinflusst die Zusammensetzung der protektiven, physiologischen Darmflora weniger als Vancomycin [11, 12]. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Fidaxomicin bei Patienten mit schweren und/oder rekurrenten CDI einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber Vancomycin attestiert [13].

Quelle

Prof. Dr. Tobias Welte, Hannover, Priv.-Doz. Dr. Hans-Jörg Epple, Berlin, Dr. Christian Lanckohr, Münster; Pressekonferenz „Gezielt gegen Clostridium-difficile-Infektionen (CDI): ESCMID, G-BA und Behandler empfehlen Fidaxomicin“, München, 27. Mai 2014, veranstaltet von Astellas Pharma GmbH.

Literatur

1. Vonberg RP, et al. Costs of nosocomial Clostridium difficile-associated diarrhoea. J Hosp Infect 2008;70:15–20.

2. Ghantoji SS, et al. Economic healthcare costs of Clostridium difficile infection: a systematic review. J Hosp Infect 2010;74:309–18.

3. RKI-Ratgeber für Ärzte „Clostridium difficile“.

4. Davies KA, et al. Second report from the European, multi-centre, prospective bi-annual point prevalence study of Clostridium difficile infection in hospitalised patients with diarrhoea (EUCLID). ECCMID 2014, Poster P0753.

5. Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ), Modul CDAD-KISS Referenzdaten, 2013.

6. Bignardi GE. Risk factors for Clostridium difficile infection. J Hosp Infect 1998;40:1–15.

7. Howell MD, et al. Iatrogenic gastric acid suppression and the risk of nosocomial Clostridium difficile infection. Arch Intern Med 2010;170:784–90.

8. Debast SB, et al. European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases: update of the treatment guidance document for Clostridium difficile infection. Clin Microbiol Infect 2014;20(Suppl 2):1–26.

9. Bauer MP, et al. European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID): treatment guidance document for Clostridium difficile infection (CDI). Clin Microbiol Infect 2009;15:1067–79.

10. Crook DW, et al. Fidaxomicin versus vancomycin for Clostridium difficile infection: meta-analysis of pivotal randomized controlled trials. Clin Infect Dis 2012;55(Suppl 2):S93–103.

11. Louie TJ et al. OPT-80 eliminates Clostridium difficile and is sparing of bacteroides species during treatment of C. difficile infection. Antimicrob Agents Chemother 2009;53:261–3

12. Vrieze A, et al. Impact of oral vancomycin on gut microbiota, bile acid metabolism, and insulin sensitivity. J Hepatol 2014;60:824–31.

13. Gemeinsamer Bundesausschuss. Anlage XII – Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V – Fidaxomicin. 4. Juli 2013.

Kommentar

Fidaxomicin wurde bereits vor vier Jahrzehnten entdeckt und als OPT-80 oder Lipiarmycin bekannt. Erst nach langer Latenzzeit avancierte es zum Mittel der Wahl bei schwer verlaufender CDI. Bleibt zu hoffen, dass die positiven Ergebnisse der klinischen Studien auch bei einer breiten Anwendung Bestätigung finden und die neue Option möglichst lange von Resistenzproblemen verschont bleibt. Eine Prognose für die nächsten vierzig Jahre wird aber wohl niemand geben können.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(12)