Colitis ulcerosa

Infliximab-Azathioprin-Kombinationstherapie ist den Monotherapien überlegen


Prof. Dr. Martin Storr, München

Das Biologikum Infliximab und das Immunsuppressivum Azathioprin sind in der Therapie der Colitis ulcerosa etablierte Arzneimittel. Die Kombination der beiden Arzneistoffe wird in der Therapie in Einzelfällen angewendet. Die Wirksamkeit der Kombinationstherapie wurde bisher noch nicht mit der Wirksamkeit der Monotherapien verglichen und ein direkter Vergleich der beiden Monotherapien untereinander ist bisher auch noch nicht erfolgt. Panaccione et al. haben in der Zeitschrift Gastroenterology die Daten einer klinischen Studie zu einer solchen Kombinationstherapie vorgestellt [1].
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Martin Storr, München

Die Colitis ulcerosa gehört zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und geht mit gastrointestinalen Symptomen und einer Einschränkung der Lebensqualität einher. Für die Arzneimitteltherapie stehen Aminosalicylate, Glucocorticoide, Immunsuppressiva und biologische Therapien zur Verfügung [2]. Als primäre Therapieziele sind die Induktion einer Remission sowie der Remissionserhalt bedeutend. Sekundäre Therapieziele, die sich insbesondere in klinischen Studien etabliert haben, sind klinisches Ansprechen und Mukosaheilung. Patienten mit einer schweren Erkrankung, häufigen Schüben oder Glucocorticoid-resistenten bzw. -refraktären Verläufen werden zumeist mit Azathioprin oder mit Anti-TNF-Arzneimitteln behandelt. Dabei kommen bei der Colitis ulcerosa TNF-Blocker wie Infliximab, Adalimumab, Certolizumab oder Golimumab im Wesentlichen erst nach einem Therapieversagen unter Azathioprin zum Einsatz [3]. Der Vergleich von Azathioprin und Infliximab allein oder in Kombinationstherapie ist hierbei eine klinisch außerordentlich interessante Frage und wird nun erstmals in einer klinischen Studie untersucht.

Studie

In einer dreiarmigen, multizentrischen, randomisierten, doppeltblinden Studie wurden Patienten mit einer Colitis ulcerosa über 16 Wochen mit einer Infliximab-Monotherapie, einer Azathioprin-Monotherapie oder einer Kombinationstherapie behandelt. Eingeschlossen wurden volljährige Patienten mit einer moderaten oder schweren Colitis ulcerosa, mit einem Mayo-Aktivitätsscore von sechs bis acht bzw. neun bis zwölf Punkten (Kasten). Bei den eingeschlossenen Patienten musste ein Therapieversuch mit Glucocorticoiden (± Mesalazin) innerhalb der letzten zwölf Wochen erfolglos gewesen sein und die aktuelle Glucocorticoid-Therapie durfte 30 mg nicht überschreiten. Weiterhin war es erforderlich, dass die Patienten Anti-TNF-naiv und die letzten drei Monate nicht mit Azathioprin behandelt worden waren. Zum Zeitpunkt des Einschlusses war eine Therapie mit Methotrexat, Ciclosporin, Tacrolimus, rektalen Glucocorticoiden, rektalem Mesalazin, Antibiotika, Laxanzien oder Loperamid unzulässig. Weitere wesentliche Ausschlusskriterien waren eine Hospitalisierung, eine Kolonresektion in der Vergangenheit, gastrointestinale Strikturen oder ein Hinweis auf eine Obstruktion.

Die eingeschlossenen Patienten wurden im Verhältnis 1:1:1 auf Infliximab, Azathioprin oder eine Kombination aus beidem randomisiert. Infliximab wurde mit 5 mg/kg zu den Zeitpunkten 0, 2, 6 und 14 Wochen intravenös verabreicht. Azathioprin wurde mit 2,5 mg/kg täglich p.o. dosiert. Je nach Studienarm erhielten die Patienten zu den entsprechenden Zeitpunkten zusätzlich zur Therapie Plazebo-Infusionen oder Plazebo p.o. Bei einem Nichtansprechen nach acht Wochen erhielten die Patienten in der Azathioprin-Gruppe zusätzlich Infliximab-Infusionen in den Wochen acht und zehn. Bei einem Nichtansprechen in der Infliximab- bzw. Infliximab/Azathioprin-Gruppe wurden zu den Zeitpunkten acht und zehn Wochen Plazebo-Infusionen verabreicht. Der primäre Studienendpunkt war die Glucocorticoid-freie Remission mit einem Mayo-Score von 2 Punkten. Sekundäre Endpunkte waren verschiedenste Definitionen eines klinischen Ansprechens. Aufgrund von schweren Infusionsreaktionen in einer anderen Studie mit Psoriasis-Patienten, die Infliximab-Infusionen erhielten, wurde die Colitis-ulcerosa-Studie vom Sponsor nach 239 randomisierten Patienten beendet.

Ergebnisse

Aufgrund des vorzeitigen Studienendes waren die Daten von acht Patienten nicht auswertbar, sodass 231 Patienten, die gleichmäßig über alle Gruppen verteilt waren, zur Auswertung kamen. 26 Patienten der Azathioprin-Gruppe zeigten ein Nichtansprechen in Woche acht und erhielten die zusätzlichen Infliximab-Infusionen.

Signifikant mehr Patienten, die eine Kombination erhielten (39,7%), waren in Woche 16 in einer Glucocorticoid-freien Remission, verglichen zu 23,7% in der Azathioprin-Gruppe und 22,1% in der Infliximab-Gruppe. Der Unterschied der Ergebnisse bei einer Azathioprin-Monotherapie war verglichen mit einer Infliximab-Monotherapie nicht signifikant und dies änderte sich auch nicht wenn die Statistik bezüglich der Azathioprin-Patienten, die aufgrund eines Nichtansprechens in Woche acht zusätzliche Infliximab-Infusionen erhielten, korrigiert wurde.

Die Analyse der sekundären Endpunkte zeigte, dass klinisches Ansprechen und Mukosaheilung in den beiden Gruppen, die Infliximab erhielten, signifikant größer waren. Darüber hinausgehende statistische Signifikanzen wurden nicht gefunden. Die Subanalysen bezüglich der Lebensqualität spiegelten die Ergebnisse hinsichtlich des primären Endpunkts wider.

In der Azathioprin-Monotherapiegruppe traten die meisten unerwünschten Ereignisse auf, insbesondere Leberwertveränderungen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen sind erwähnenswert. Insgesamt wurde nur eine Infusionsreaktion berichtet (Azathioprin-Gruppe). In der Azathioprin-Monotherapiegruppe brachen mit 8% doppelt so viele Patienten, verglichen zu den beiden anderen Gruppen, die Studie aufgrund von unerwünschten Ereignissen ab.

Kommentar

Sowohl Infliximab als auch Azathioprin sind nach Versagen auf eine Therapie mit Glucocorticoiden etablierte Arzneimittel in der Therapie der Colitis ulcerosa. Aufgrund fehlender Studien, die diese beiden Arzneimittel vergleichen, wird aktuell Azathioprin in der Sekundärtherapie der Colitis ulcerosa häufig einer Therapie mit Infliximab vorgezogen [3]. Die aktuelle Studie zeigt sich eine deutliche Überlegenheit der Kombinationstherapie und es ist überlegenswert, ob im Sinne einer „Hit hard, step down“-Strategie nach Glucocorticoid-Versagen gleich eine Kombinationstherapie gewählt werden sollte. Die vorliegende Studie bietet dafür überzeugende Argumente. Zukünftige Studien sollten nun klären, wie der Stellenwert der beiden Monotherapien bzw. der Kombinationstherapie in der weiteren Therapie zu handhaben ist. Möglicherweise ist die Kombinationstherapie die geeignetste Möglichkeit zur Remissionsinduktion. Für den Remissionserhalt nach solch einer Induktion gibt es aktuell aber keine Studien die das weitere Vorgehen lenken könnten. Sowohl die Fortsetzung der Kombinationstherapie als auch ein „Step down“ auf eine Monotherapie wären hier denkbar.

Mayo-Score

Setzt sich aus mehreren Parametern wie Stuhlfrequenz, rektaler Blutung oder Endoskopie-Befund zusammen. Der Mayo-Score reicht von 0 bis 12, wobei eine höhere Punktezahl einer höheren Krankheitsaktivität entspricht.

Literatur

1. Panaccione R, et al. Combination therapy with infliximab and azathioprine is superior to monotherapy with either agent in ulcerative colitis. Gastroenterology 2014;146:392–400.

2. Dignass A, et al. [Updated German guideline on diagnosis and treatment of ulcerative colitis, 2011]. Z Gastroenterol 2011;49:1276–341.

3. Dignass A, et al. Second European evidence-based consensus on the diagnosis and management of ulcerative colitis part 2: current management. J Crohns Colitis 2012;6:991–1030.

Arzneimitteltherapie 2014; 32(12)