Ein schwieriges Unterfangen


Publikationen alter Studiendaten

Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Bis vor kurzem kam es durch aus vor, dass die Ergebnisse von klinischen Studien, die von Pharma-Firmen gesponsert worden waren, nicht publiziert wurden. Dies führt zum Teil zu einem erheblichen Bias bei der Erstellung von Leitlinien oder bei der Berechnung von Metaanalysen. Daher ist die Forderung vieler wissenschaftlicher Gesellschaften absolut gerechtfertigt, dass die Ergebnisse älterer Studien und insbesondere von negativen Studien publiziert werden sollten.

Vor einiger Zeit machte mich ein Gesprächspartner aus der Industrie darauf aufmerksam, dass seine Firma ein Produkt einer anderen Firma gekauft habe und er dabei entdeckt hatte, dass die Vorgängerfirma vier große randomisierte Studien zu diesem Produkt in einer spezifischen Indikation in der Neurologie durchgeführt hatte. Diese Studien liegen allerdings 15 Jahre zurück. Ich fand, dass dies eine Chance wäre, die alten Studiendaten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und erbat mir die entsprechenden Datensätze und statistische Unterstützung. Interessanterweise waren die Studien positiv, verwendeten allerdings ursprünglich andere Endpunkte, als sie jetzt in den modernen Studien Verwendung finden. Es gelang mir allerdings, aus den Datenbanken einen adäquaten Endpunkt zu identifizieren, wie er heute als primärer Endpunkt in randomisierten Studien in dieser Indikation angesehen wird. Dann schrieb ich voller Optimismus ein Manuskript und versuchte, dies zu publizieren, insbesondere mit dem Hinweis darauf, dass es sich um die Darstellung bisher unpublizierter Endpunkte handele und diese meiner Meinung nach unbedingt das Licht der wissenschaftlichen Öffentlichkeit erreichen sollten. Anschließend holte ich mir dann bei mehreren neurologischen Zeitschriften in englischer Sprache eine Ablehnung des Manuskriptes ein, meist mit der Begründung, dass die Daten 15 Jahre alt seien und daher nicht mehr modernen Maßstäben genügten.

Die Reviewer haben offenbar nicht verstanden, worum es eigentlich geht, nämlich bisher unveröffentlichte Endpunkte einer wissenschaftlichen Community zugänglich zu machen. Letztendlich ist es mir doch gelungen, die Studie in einer Zeitschrift unterzubringen. Meine Begeisterung und Bereitschaft, alte, bisher unveröffentlichte Studiendaten zu veröffentlichen, hat allerdings einen deutlichen Dämpfer bekommen. Vielleicht wäre es opportun, im Rahmen der Hunderten von neuen wissenschaftlichen Zeitschriften eine Zeitschrift zu gründen, die ausschließlich bisher unveröffentlichte Studien publiziert.

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