Moxifloxacin als Kombinationspartner gegen Tuberkulose

Im dritten bis sechsten Therapiemonat nur einmal wöchentlich


Simone Reisdorf, Erfurt

Kürzere und unkompliziertere Therapieschemata bei Tuberkulose werden dringend benötigt. In der prospektiven, randomisierten, kontrollierten RIFAQUIN-Studie wurde einerseits eine verkürzte und andererseits eine vereinfachte Variante der sonst üblichen Standardtherapie untersucht, jeweils unter Einsatz von Moxifloxacin. Während das Kurzregime über vier Monate keinen Vorteil brachte, war das vereinfachte Regime über sechs Monate genauso wirksam wie die Standardtherapie.

Die Ergebnisse der internationalen randomisierten, kontrollierten RIFAQUIN-Studie mit Moxifloxacin-haltigen Kombinationstherapien könnten dazu beitragen, Patienten und Personal künftig wenigstens im dritten bis sechsten Therapiemonat zu entlasten.

Ein experimenteller Studienarm hatte Erfolg …

Eingeschlossen waren insgesamt 827 Patienten aus mehreren afrikanischen Ländern; 28% litten an einer HIV-Koinfektion. Die Teilnehmer wurden auf drei Studienarme randomisiert (Tab. 1).

Tabelle 1. Interventionen

Studienarm 1

Studienarm 2

Kontrolle

Monat 1–2

Ethambutol

Ethambutol

Ethambutol

Rifampicin

Rifampicin

Rifampicin

Pyrazinamid

Pyrazinamid

Pyrazinamid

Moxifloxacin

Moxifloxacin

Pyridoxin

Isoniazid

Folgetherapie

9 Wochen1

18 Wochen2

18 Wochen3

Rifapentin

Rifapentin

Rifampicin

Moxifloxacin

Moxifloxacin

Pyridoxin

Isoniazid

1Rifapentin (900 mg) plus Moxifloxacin (400 mg) 2-mal/Woche; 2Rifapentin (1200 mg) plus Moxifloxacin (400 mg) 1-mal/Woche; 3Dosierung aus Monat 1–2 wird beibehalten

In einem der experimentellen Studienarme wurden zunächst, wie üblich, über acht Wochen jeden Tag die folgenden Antituberkulotika verabreicht. Die Patienten bekamen gewichtsadaptiert jeweils 600 bis 1400 mg Ethambutol, 450 bis 600 mg Rifampicin, 1000 bis 2000 mg Pyrazinamid und dazu 400 mg Moxifloxacin. Aber anschließend, in den Wochen 9 bis 26, mussten sie nur noch einmal wöchentlich erscheinen und wurden jeweils nur noch mit 400 mg Moxifloxacin und 1200 mg Rifapentin (1-mal/Woche) behandelt. Rifapentin wurde mit einer Mahlzeit aus hartgekochten Eiern und Brot verabreicht.

Die Teilnehmer der Kontrollgruppe dagegen erhielten anfangs Ethambutol, Rifampicin und Pyrazinamid in den oben angegebenen Dosen, dazu noch 25 mg Pyridoxin und 300 mg Isoniazid. Ab dem dritten Monat fielen Ethambutol und Pyrazinamid weg; die Patienten mussten aber trotzdem weiterhin jeden Tag Tabletten einnehmen.

Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten (Per-Protocol-Population) mit unvorteilhaftem Outcome 18 Monate nach Studieneinschluss. Er war in diesen beiden Gruppen vergleichbar: 3,2% der Moxifloxacin- vs. 4,9% der Kontrollpatienten hatten ein Therapieversagen oder Rezidiv erlitten. Die adjustierte Differenz betrug 1,8 Prozentpunkte zugunsten der vereinfachten Therapie mit Moxifloxacin über sechs Monate (90%-Konfidenzintervall [KI] –6,1 bis 2,4).

… der andere verfehlte das Ziel

Ein weiterer experimenteller Studienarm, in dem ebenfalls Moxifloxacin zum Einsatz kam, sollte die Nichtunterlegenheit einer Therapie mit nur vier Monaten Gesamtdauer belegen. Die Patienten begannen mit einmal täglicher Einnahme von Ethambutol, Rifampicin, Pyrazinamid und Moxifloxacin. Im dritten und vierten Monat nahmen sie nur noch zweimal wöchentlich 400 mg Moxifloxacin und 900 mg Rifapentin und im fünften und sechsten Monat keinerlei Antibiotika.

Der Nachweis der Nichtunterlegenheit dieser Kurztherapie schlug aber fehl: In dieser Gruppe fanden sich 18 Monate nach Studieneinschluss 18,2% Patienten mit nachteiligem Outcome; die Differenz zur Kontrollgruppe betrug 13,6 Prozentpunkte (90%-KI 8,1–19,1).

Die Studienautoren vermuten, dass ruhende Bakterien in Läsionen, etwa in Kavernen, die Ursache für das ungünstige Abschneiden der experimentellen Viermonatsgruppe sein könnten: Sie könnten den bakteriziden Effekt von Moxifloxacin und Rifapentin durchbrochen haben, zumal in dieser Gruppe nur 900 mg Rifapentin gegeben wurden, wenn auch zweimal wöchentlich.

Einmal wöchentliche Therapie – höhere Adhärenz

Die Therapieadhärenz war während der Intensivphase in allen drei Gruppen hoch: Etwa 87% der Patienten schafften es, mindestens 71% ihrer Tuberkulose-Arzneimittel einzunehmen, und etwa 77% nahmen mindestens 95% aller Dosen ein.

In der Erhaltungsphase zeigten etwa 80% der Patienten jeder Gruppe eine 71%ige Therapieadhärenz. In dieser Zeit erlaubte das Studiendesign den Patienten der Kontrollgruppe, die Arzneimittel unter Aufsicht eines Verwandten zu Hause einzunehmen, damit sie nicht weitere vier Monate täglich die Ambulanz aufsuchen mussten.

Nun sank der Anteil der Patienten mit 95%iger Therapieadhärenz in der Kontrollgruppe deutlich auf nur noch 49%. Dagegen erreichten weiterhin je 77% der Patienten mit ein- oder zweimal wöchentlich im Gesundheitszentrum verabreichter Moxifloxacin-Rifapentin-Kombination eine 95%ige Adhärenz.

Quelle

Jindani A, et al. High-dose rifapentine with moxifloxacin for pulmonary tuberculosis. N Engl J Med 2014;371:1599–608.

Arzneimitteltherapie 2015; 33(03)