Dr. Bettina Hellwig, Konstanz
Bei einem Teil der Patienten mit schwerem allergischem Asthma spielen die Eosinophilen eine Schlüsselrolle; bei ihnen ist deren Anzahl im Blut und im Lungengewebe erhöht. Bei Patienten mit einem solchen eosinophilen Asthma werden unter dem Einfluss von Interleukin 5 vermehrt eosinophile Granulozyten gebildet, aktiviert und aus dem Knochenmark freigesetzt. Von dort aus wandern sie in die Atemwege und die Lunge, wo sie Entzündungsreaktionen unterhalten.
Bindung an Interleukin-5-Rezeptoren
Der humanisierte monoklonale IgG1-Antikörper Mepolizumab richtet sich gegen das Zytokin Interleukin 5, das eine zentrale Rolle bei dieser Mobilisierung und Aktivierung von eosinophilen Granulozyten spielt. Mepolizumab bindet an den Interleukin-5-Rezeptor auf der Oberfläche der Eosinophilen und verhindert so die Bindung von Interleukin 5. Als Folge sinkt die Zahl der Eosinophilen in Blut, Gewebe und Sputum.
Zwei Phase-III-Studien
Kürzlich wurden die Ergebnisse von zwei Phase-III-Studien veröffentlicht, in denen Mepolizumab zur Behandlung von Patienten mit einem „eosinophilen“ Asthma bronchiale untersucht wurde. Die Patienten waren unter einer Behandlung mit inhalativen oder oralen Glucocorticoiden und zusätzlichen Therapeutika wie langwirksamen Beta2-Agonisten weiterhin symptomatisch. Das Kriterium für ein solches „eosinophiles“ Asthma war eine Zellzahl von mindestens 150/µl beim Screening oder mindestens 300/µl bei einer Untersuchung im vorangegangenen Jahr.
MENSA-Studie: weniger Exazerbationen
Die MENSA-Studie (Mepolizumab as adjunctive therapy in patients with severe asthma) wurde als Parallelgruppen-Multicenterstudie randomisiert, doppelblind und Placebo-kontrolliert durchgeführt. Eingeschlossen waren 576 Patienten mit schwerem Asthma bronchiale, die auf eine Therapie mit inhalativen Glucocorticoiden und anderen Wirkstoffen nicht mehr ausreichend angesprochen hatten. Sie hatten trotz der konventionellen Behandlung im Durchschnitt 3,6 Exazerbationen pro Jahr, jeder fünfte musste sogar einmal im Jahr wegen einer Exazerbation in der Klinik behandelt werden [2].
Alle Patienten erhielten nach einer Anfangsphase randomisiert 32 Wochen lang alle vier Wochen entweder 75 mg Mepolizumab intravenös, 100 mg Mepolizumab subkutan oder ein Placebo. Primärer Endpunkt war die Zahl der Exazerbationen.
Studienergebnisse
Die Zahl der Exazerbationen sank in der Studie bereits unter der Placebo-Behandlung auf 1,75 pro Jahr – eine Folge der höheren Adhärenz zur fortgeführten konventionellen Behandlung unter den Studienbedingungen. Unter der Therapie mit Mepolizumab verstärkte sich diese Wirkung: Die Zahl der Exazerbationen sank nochmals um 47 (75 mg i.v., p<0,001) bzw. um 53% (100 mg s.c., p<0,001) versus Placebo. Nach der intravenösen Gabe kam es im Durchschnitt nur noch zu 0,93 Exazerbationen pro Jahr, nach der subkutanen Therapie waren es 0,81.
Mepolizumab verbesserte im Vergleich zu Placebo auch weitere Parameter: die Lungenfunktion, gemessen als Einsekundenkapazität (FEV1 186 bzw. 183 ml Verbesserung im Vergleich zum Ausgangswert vs. 86 ml unter Placebo, p=0,03 bzw. 0,02), die Lebensqualität, gemessen mit dem St. George’s Respiratory Questionnaire (SGRQ) und die Asthmakontrolle, gemessen mit dem Asthma Control Questionnaire (ACQ).
Außerdem reduzierte sich die Zahl der Eosinophilen im Blut der Patienten, die Mepolizumab erhielten, um 83% (i.v.) und um 86% (s.c.) von der zwölften Studienwoche an bis Studienende. Auch Exazerbationen, die einen notfallmäßigen Krankenhausaufenthalt erforderten, waren unter Mepolizumab um 32% (i.v.) und um 61% (s.c.) seltener als unter Placebo.
Am meisten profitierten die Patienten mit der höchsten Anzahl von Eosinophilen im Blut. Bei Patienten, bei denen mehr als 500 Eosinophile pro Mikroliter nachweisbar waren, reduzierte sich die Anzahl der Exazerbationen um 74% (75 mg i.v.) und um 80% (100 mg s.c.).
Verträglichkeit
Das Sicherheitsprofil bei Anwendung von Mepolizumab entsprach dem von Placebo. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen gehörten eine Nasopharyngitis, Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege.
SIRIUS-Studie: weniger Glucocorticoide
An SIRIUS (The steroid reduction with mepolizumab study) nahmen 135 Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma bronchiale teil, die zur Kontrolle ihrer Asthmabeschwerden auf die Einnahme von Glucocorticoiden und eine zusätzliche Medikation, beispielsweise mit Beta2-Sympathomimetika, angewiesen waren. Primärer Endpunkt der Studie war die Reduktion der Glucocorticoid-Dosis nach 20 bis 24 Wochen [1].
Die Patienten erhielten alle vier Wochen entweder 100 mg Mepolizumab (n=69) oder Placebo (n=66) subkutan. Nach vier Wochen wurde dann bis zu 20 Wochen lang die Glucocorticoid-Dosis bei Patienten mit einer stabilen Erkrankung soweit wie möglich reduziert.
Studienergebnisse
Die Wahrscheinlichkeit der Reduktion der Glucocorticoid-Dosis war unter der Therapie mit Mepolizumab 2,39-mal höher als unter Placebo (Odds-Ratio 2,39; p=0,008). Der tägliche Bedarf an oralen Glucocorticoiden nach 20 bis 24 Wochen verringerte sich unter der Behandlung mit Mepolizumab um durchschnittlich 50% der Ausgangsmenge, unter Placebo hingegen nicht (p=0,007). 14% der Patienten unter Mepolizumab konnten vollständig auf eine Behandlung mit oralen Glucocorticoiden verzichten, im Placebo-Arm war dies bei 8% der Fall; dieses Ergebnis war jedoch statistisch nicht signifikant (p=0,41).
Darüber hinaus verbesserten sich bei den Patienten unter der Mepolizumab-Therapie Asthmakontrolle und Lebensqualität. Trotz einer niedrigeren Glucocorticoid-Dosis als in der Placebo-Gruppe reduzierte sich bei den Patienten unter Mepolizumab die jährliche Exazerbationsrate um 32% (1,44 vs. 2,12; p=0,04).
Verträglichkeit
Auch in dieser Studie entsprach das Sicherheitsprofil bei Anwendung von Mepolizumab dem von Placebo, und auch hier gehörten Nasopharyngitis, Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen.
Zulassung wurde beantragt
Die gute Wirkung von Mepolizumab hatte sich zuvor bereits in einer kleineren Studie mit 61 Patienten mit eosinophilem Asthma gezeigt, bei denen es trotz einer Glucocorticoid-behandlung wiederholt zu Exazerbationen der Erkrankung gekommen war [3]. Auch hier hatte Mepolizumab sowohl die Zahl der Eosinophilen im Blut und im Sputum als auch die Zahl der Exazerbationen gesenkt, Letztere wurden während der 50-wöchigen Therapie im Vergleich zu Placebo von 3,4 auf 2,0 nahezu halbiert.
Aufgrund der guten Datenlage hat der Hersteller GlaxoSmithKline die Zulassung zur Behandlung des schweren eosinophilen Asthmas beantragt. Mepolizumab wäre nach dem IgE-Antikörper Omalizumab der zweite Antikörper, der zur Behandlung eines schweren allergischen Asthmas zur Verfügung stünde.
Außerdem wird Mepolizumab derzeit zur Behandlung der eosinophilen chronisch obstruktiven Bronchitis und der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, auch Churg-Strauss-Syndrom) erprobt. Das Churg-Strauss-Syndrom ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die mit einer starken Vermehrung eosinophiler Granulozyten im Gewebe einhergeht und häufig tödlich endet, wenn der Herzmuskel betroffen ist. GlaxoSmithKline hat 2013 bei der europäischen Arzneimittel-Agentur einen Orphan-Drug-Status in dieser Indikation erhalten.
Literatur
1. Bel E, et al. Oral glucocorticoid-sparing effect of mepolizumab in eosinophilic asthma. N Engl J Med 2014;371:1189–97.
2. Ortega HG, et al. Mepolizumab treatment in patients with severe eosinophilic asthma. N Engl J Med 2014;371:1198–207.
3. Haldar P, et al. Mepolizumab and exacerbations of refractory eosinophilic asthma. N Engl J Med 2009;360:973–84.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(03)