Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg
Die chronisch lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämie in der westlichen Welt. Das mediane Alter bei Erstdiagnose liegt bei rund 70 Jahren. Die Behandlung richtet sich nach dem Krankheitsstadium, wobei die Stadieneinteilung in Europa vor allem anhand der Binet-Klassifikation vorgenommen wird. Dieses klinische Klassifikationsmodell berücksichtigt unter anderem die Lymphozytenzahl im Blut, die Anzahl betroffener Lymphknotenregionen und eine eventuell vorliegende Anämie oder Thrombozytopenie.
Therapie in Abhängigkeit vom „Fitnessgrad“
Die CLL ist meist nicht heilbar – Ausnahmen bilden Patienten unter 65 Jahre, bei denen allogene Knochenmarktransplantationen möglich sind. Eingesetzt werden bei nichtkurativen CLL-Therapien Chemotherapeutika, häufig kombiniert mit einer Antikörper-Gabe beziehungsweise einer zielgerichteten Therapie mit Kinasehemmern.
Bei der Auswahl der infrage kommenden Substanzen bei den älteren Patienten spielt weniger das kalendarische Alter als die körperliche „Fitness“ die wichtigste Rolle. Meist wird die körperliche Fitness anhand der CIRS (Cumulative illness rating scale) beurteilt, in die unter anderem die Komorbiditäten einfließen. Zusätzlich spielen die genetischen Befunde und die Nierenfunktion eine Rolle. Ist ein Patient körperlich fit (CIRS-Score <6), ist als Erstlinientherapie eine Kombination aus Fludarabin, Cyclophosphamid plus dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab (MabThera®) (FCR-Schema) die heute empfohlene Standardtherapie. Als Alternative für Patienten mit unkontrollierter Autoimmunhämolyse oder eingeschränkter Nierenfunktion empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie die Kombination von Bendamustin (Levact®) und Rituximab (BR) [1].
Für die weniger fitten Patienten und/oder Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion steht neben Bendamustin auch Chlorambucil (Leukeran®) zur Verfügung. Allerdings war in einer direkten Vergleichsstudie Bendamustin gegenüber Chlorambucil sowohl bei Endpunkten wie komplette Response oder progressionsfreies Überleben als auch hinsichtlich der Nebenwirkungen überlegen [2]. Bendamustin eignet sich für ältere und weniger fitte CLL-Patienten in der Primärtherapie und in der rezidivierten Situation.
Perspektive
Neu entwickelte zielgerichtete Therapien könnten eine zusätzliche Option für diese Patienten sein. Untersucht werden derzeit beispielsweise BCL-2-(B-Cell Lymphoma)-Inhibitoren wie die noch experimentelle Substanz ABT-199. Ende 2014 wurde der PI3K(Phosphoinosid-3-Kinase)-Inhibitor Idelalisib (Zydelig®) und der Bruton-Tyrosinkinase(BTK)-Inhibitor Ibrutinib (Imbruvica®) zugelassen.
Alle zielgerichteten Therapeutika zeigten bislang eine relativ geringe Toxizität. Aufgrund der derzeit hohen Kosten sind diese Substanzen aber zunächst Patienten mit Hoch- und Höchstrisiko-CLL vorbehalten.
Das Gleiche gilt für Antikörpertherapien wie mit dem Anti-CD20-Antikörper Ofatumumab (Arzerra®), der auch bei gegen Rituximab resistenten maligne entarteten B-Lymphozyten wirkt. Auch Obinutuzumab (Gazyvaro®), ebenfalls ein Anti-CD20-Antikörper, könnte eine weniger toxische Alternative bei nicht fitten CLL-Patienten darstellen. Ob hier allerdings Chlorambucil der richtige Kombinationspartner ist, darf aufgrund von aktuellen Studienergebnissen bezweifelt werden.
Quelle
Prof. Dr. med. Wolfgang Knauf, Frankfurt, Prof. Dr. Dr. Michael Kneba, Kiel; Satellitensymposium „Versorgungspraxis der CLL – heute und morgen“, veranstaltet von der Mundipharma GmbH im Rahmen des DGHO-Jahreskongresses, Hamburg, 12. Oktober 2014.
Literatur
1. www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/chronische-lymphatische-leukaemie-cll
2. Knauf WU, et al. Phase III randomized study of bendamustine compared with chlorambucil in previously untreated patients with chronic lymphocytic leukemia. J Clin Oncol 2009;27:4378–84.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(04)