Aktuelle und leitliniengerechte Therapie der Hypertonie


Gunnar H. Heine und Hans Köhler, Homburg

Die European Society of Hypertension (ESH) und die European Society of Cardiology (ESC) haben 2013 ihre gemeinsamen Leitlinien zum Management der arteriellen Hypertonie aktualisiert, die von den deutschen Gesellschaften (Deutsche Hochdruckliga e.V. und Deutsche Gesellschaft für Kardiologie) übernommen und in eine Kurzfassung übersetzt wurden. Die einzelnen Maßnahmen wurden erstmalig nach Empfehlungs- und Evidenzgraden bewertet. Für nahezu alle Hypertoniker gilt ein Zielblutdruck <140/90 mmHg. Ausnahmen sind „ältere“ Patienten, Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und/oder Diabetes mellitus. Die Bedeutung von Blutdruckmessungen außerhalb der Arztpraxis hat sich durch zahlreiche Studien erhärtet. Der Wert von Allgemeinmaßnahmen ist ebenfalls durch neuere Studien belegt. Diuretika, Betablocker, Calciumkanalblocker und ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten sind für die Initial- und Kombinationstherapie geeignet. Für die Auswahl einzelner Wirksubstanzen ist zunächst das Ausmaß der Blutdrucksenkung von entscheidender Bedeutung. Danach richtet sich die Wahl des Antihypertensivums nach Verträglichkeit/Nebenwirkungsprofil, und schließlich gibt es bevorzugte Indikationen bestimmter Substanzgruppen für bestimmte Endorganschäden und/oder Begleiterkrankungen.
Arzneimitteltherapie 2015;33:223–30.

Definition

Das Risiko kardiovaskulärer Folgeerkrankungen nimmt mit der Blutdruckhöhe kontinuierlich zu. Diese Beziehung beginnt im unteren Blutdruckbereich bei 110–115/70–75 mmHg und ist nach oben offen. Die arterielle Hypertonie lässt sich dementsprechend nicht als absolute, sondern lediglich als quantitative Größe beschreiben. Ihre praxisrelevante Definition ergibt sich daraus, dass eine bestimmte Blutdrucksenkung zur Abnahme von Folgeerkrankungen und Sterblichkeit führt. Das Ergebnis von validen klinischen Studien ist deshalb Grundlage für eine praxistaugliche Definition der arteriellen Hypertonie. Die European Society of Hypertension (ESH) und die European Society of Cardiology (ESC) haben in den Jahren 2003, 2007 und aktuell 2013 gemeinsame Leitlinien zum Management der arteriellen Hypertonie publiziert [8, 14, 15], die von den deutschen Gesellschaften übernommen wurden (Deutsche Hochdruckliga e.V. und Deutsche Gesellschaft für Kardiologie [7]). Diese Leitlinien werden der vorliegenden Übersicht zugrunde gelegt. Eine einheitliche Definition der arteriellen Hypertonie ist für die praktische Medizin und für die Hochdruckforschung von grundlegender Bedeutung, worauf Franz Gross in den 1970er-Jahren wiederholt hingewiesen hat.

Danach gilt ein Blutdruck 140/90 mmHg als arterielle Hypertonie, wenn er bei wiederholten Messungen, das heißt bei mindestens vier Messungen an zwei verschiedenen Tagen (I, C; Tab. 5), festgestellt wird. Die Klassifikation der WHO von 1999 wurde in den ESH/ESC-Leitlinien unverändert beibehalten (Tab. 1). Die Definition der arteriellen Hypertonie basiert auf zahlreichen Studien der letzten Jahrzehnte, denen überwiegend die Praxismessung des Blutdrucks zugrunde liegt. Darüber hinaus wurde in den letzten Jahren vermehrt gezeigt, dass praxisunabhängige Blutdruckwerte (Tab. 2), die anhand der ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung oder durch häusliche Blutdruckmessung gewonnen wurden, teilweise eine engere Korrelation zu Endorganschäden und Folgeerkrankungen aufweisen als die Messung in der Arztpraxis [4, 30].

Tab. 1. Definition und Klassifikation des Praxisblutdrucks (mmHg)

Kategorie

Systolisch

Diastolisch

Optimal

<120

und

<80

Normal

120–129

und/oder

80–84

Hochnormal

130–139

und/oder

85–89

Hypertonie Grad 1

140–159

und/oder

90–99

Hypertonie Grad 2

160–179

und/oder

100–109

Hypertonie Grad 3

≥180

und/oder

≥110

Isolierte systolische Hypertonie

≥140

<90

Die Blutdruckkategorie ist definiert durch den jeweilig höheren systolischen oder diastolischen Blutdruck. Die isolierte systolische Hypertonie wird in Grad 1, 2 oder 3 eingeteilt, je nachdem wie hoch die systolischen Blutdruckwerte sind [7, 15]

Tab. 2. Definition der Hypertonie anhand praxis- und praxisunabhängiger Blutdruckwerte [7, 15]

Kategorie

Systolischer Blutdruck [mmHg]

Diastolischer Blutdruck [mmHg]

Praxisblutdruck

≥140

und/oder

≥90

Langzeitblutdruck

  • Tagsüber (wach)

≥135

und/oder

≥85

  • Nächtlich (schlafend)

≥120

und/oder

≥70

  • 24 Stunden

≥130

und/oder

≥80

Häuslicher Blutdruck

≥135

und/oder

≥85

Pathophysiologie und Ursachen

Der Blutdruck (BD) ist ein Produkt aus totalem peripherem Widerstand (TPW) und Herzzeitvolumen (HZV): BD = TPW×HZV.

Dieser Regelkreis, der den BD des Gesunden konstant hält, ist bei arterieller Hypertonie gestört. Bei länger bestehender essenzieller Hypertonie ist meist der TPW erhöht und das HZV normal bis erniedrigt. In Abhängigkeit von der Hochdruckursache (Tab. 3) stehen unterschiedliche Mechanismen im Vordergrund, beispielsweise bei Niereninsuffizienz eine Salz-Wasser-Überladung mit erhöhtem HZV, bei Nierenarterienstenose eine erhöhte Renin-Aldosteron-Sekretion mit Natriumbelastung, bei Mineralocorticoid-Hochdruck oder Lakritze-Abusus Natriumüberladung und Kaliumverlust. Als Folge des Bluthochdrucks kommt es zu Anpassungsmechanismen, wie Hypertrophie des Herzens und der Widerstandsgefäße, sowie zu Schäden an Koronararterien, Niere, Gehirn und Augenhintergrund.

Tab. 3. Hochdruckursachen und ihre Häufigkeit

Primäre, essenzielle Hypertonie

90%

  • Übergewicht

30%

  • Alkohol

15%

  • Überhöhte Kochsalzzufuhr/-empfindlichkeit

30%

  • Bewegungsmangel
  • Erbfaktoren

Sekundäre Hypertonie

10–15%

  • Renale Hypertonie

5–7%

  • Renovaskuläre Hypertonie
  • Renoparenchymale Hypertonie
  • Endokrine Hypertonie

5–7%

  • Phäochromozytom
  • Hyperaldosteronismus

5%

  • Cushing-Syndrom
  • Aortenisthmusstenose

0,01%

  • Arzneimittel-induzierte Hypertonie

1%

  • Nichtsteroidale Antiphlogistika, Erythropoetin, Ciclosporin, Lakritze, Glucocorticoide, orale Kontrazeptiva

Diagnose

Ziel der Hochdruckdiagnostik ist (1) die Diagnose der arteriellen Hypertonie zu bestätigen, (2) die Ursachen der Hypertonie zu erkennen, das heißt in erster Linie eine sekundäre Hypertonieform auszuschließen, die gegebenenfalls operativ oder spezifisch medikamentös zu behandeln ist, und (3) das kardiovaskuläre Risiko zu bestimmen (Blutdruckhöhe, zusätzliche Risikofaktoren, Endorganschäden und Begleiterkrankungen). Zu den diagnostischen Maßnahmen gehören Blutdruckmessung, Anamnese, körperliche Untersuchung, Elektrokardiographie und Basislabor. Die Praxis-Blutdruckmessung erfolgt im Sitzen nach 3 bis 5 Minuten Ruhephase, mit passender Manschettenbreite, bei der Erstmessung an beiden Armen und auch im Stehen (Erfassung einer Orthostase). Für spezielle Fragen ist eine erweiterte Diagnostik erforderlich.

Hinweise für eine sekundäre Hypertonie sind unter anderen fehlende Fußpulse und thorakales Geräusch (Aortenisthmusstenose), klinische Zeichen des M. Cushing, Neurofibromatose der Haut (Phäochromozytom), palpatorisch vergrößerte Nieren (polyzystische Nierenerkrankung) und ein abdominelles Strömungsgeräusch (Nierenarterienstenose).

Behandlung

Behandlungsindikation und Behandlungsziel

Die Indikation zur Behandlung richtet sich nach dem kardiovaskulären Gesamtrisiko. Es ergibt sich aus der Blutdruckhöhe und dem Vorliegen von weiteren Risikofaktoren, Endorganschäden oder Begleiterkrankungen (Abb. 1).

Abb. 1. Stratifizierung des kardiovaskulären Gesamtrisikos [7]; SBP: systolischer Blutdruck; DBP: diastolischer Blutdruck

Als gering wird das Risiko eingeschätzt, wenn die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zehn Jahren kardiovaskulär zu versterben, <1% liegt. 1 bis 5% entsprechen einem mittleren Risiko, 5 bis 10% einem hohen und >10% einem sehr hohen Risiko. Die Risikostratifizierung erfolgt nach den WHO-ISH(International society of hypertension)-Richtlinien, die von der ESH/ESC übernommen und modifiziert wurden.

Im Unterschied zu früheren Leitlinien wird für den „hochnormalen Blutdruck“ (130–139 oder 85–89 mmHg) ohne Risikofaktoren keine generelle Behandlung mehr empfohlen, vor allem keine Arzneimittelgabe. Bei Vorliegen von weiteren Risikofaktoren und Endorganschäden sind jedoch die Allgemeinmaßnahmen einzuleiten. Bei Hypertonie Grad 1 bis 3 ist grundsätzlich eine medikamentöse Hochdruckbehandlung erforderlich. Lediglich bei Hypertonie Grad 1 (140–159/90–99 mmHg) und Fehlen von sonstigen Risikofaktoren kann für einige Monate der Effekt von Allgemeinmaßnahmen abgewartet werden.

Aufgrund neuerer Studien und der Bewertung nach Evidenzgraden gelten folgende aktualisierte Empfehlungen für den Zielblutdruck: Für die meisten Patienten ist ein Zielblutdruck <140/90 mmHg anzustreben. Dabei gelten die folgenden Ausnahmen:

  • Bei Diabetes mellitus sollte der diastolische BD niedriger liegen: 80–85 mmHg.
  • Bei >80-Jährigen und „gebrechlichen“ älteren Patienten sollten etwas höhere systolische BD-Werte toleriert werden: 140–150 mmHg.
  • Bei chronischer Nierenerkrankung mit Proteinurie >300 mg/Tag ist ein systolischer BD <130 mmHg von Vorteil.

Allgemeinmaßnahmen

Grundlage jeder antihypertensiven Behandlung sind die Allgemeinmaßnahmen (Lebensstiländerungen). Die Datenlage hat sich hierzu in den letzten Jahren deutlich verbessert. In den neuen ESH/ESC-Leitlinien 2013 wird ein entsprechend hoher Evidenzgrad angegeben (Tab. 4 und 5). Leider ist die Adhärenz für eine Änderung des Lebensstils, die bei einer chronischen Erkrankung meist lebenslang erforderlich wäre, nicht sehr hoch.

Tab. 4. Allgemeinmaßnahmen (Lebensstiländerungen) [7, 15]. Empfehlungs- und Evidenzgrade werden in Tabelle 5 erläutert

Empfehlungen

Empfehlungsgrad

Evidenzgrad bezüglich Effekte auf
BD und/oder Risikoprofil

Evidenzgrad bezüglich Endpunktstudien

1

Kochsalzzufuhr <6 g/Tag

I

A

B

2

Alkohol <20–30 g/Tag (m), 10–20 g/Tag (w)

I

A

B

3

Vermehrter Konsum von Gemüse, Früchten und Milchprodukten mit niedrigem Fettgehalt

I

A

B

4

Gewichtsreduktion BMI <25 kg/m2, Taillenumfang <102 cm (m), <88 cm (w)

I

A

B

5

Regelmäßige Bewegung, z.B. moderates dynamisches Training >30 min an 5–7 Wochentagen

I

A

B

6

Nicht rauchen

I

A

B

BD: Blutdruck; BMI: Body Mass Index

Tab. 5. Empfehlungsgrade und Evidenzgrade [7, 15]

Empfehlungsgrade

I

Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme effektiv, nützlich oder heilsam ist

II

Widersprüchliche Evidenz und/oder unterschiedliche Meinungen über den Nutzen/Effektivität einer Therapieform oder einer diagnostischen Maßnahme

IIa

Evidenzen/Meinungen favorisieren den Nutzen bzw. die Effektivität einer Maßnahme

IIb

Nutzen/Effektivität einer Maßnahme ist weniger gut durch Evidenzen/Meinungen belegt

III

Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme nicht effektiv, nicht nützlich oder nicht heilsam ist und im Einzelfall schädlich sein kann

Evidenzgrade

A

Daten aus mehreren, randomisierten klinischen Studien oder Metaanalysen

B

Daten aus einer randomisierten Studie oder mehreren großen, nicht randomisierten Studien

C

Konsensusmeinung von Experten und/oder kleinen Studien, retrospektiven Studien oder Registern

Pharmakotherapie

Im Wesentlichen gilt das ABCD-Schema (A = ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, B = Betablocker, C = Calciumkanalblocker und D = Diuretika). Diese Substanzen sind gleichermaßen geeignet für die Initial- und Dauertherapie sowie die Mono- und Kombinationstherapie. Die spezifischen Effekte der einzelnen Substanzgruppen sind gegenüber dem prognostisch entscheidenden blutdrucksenkenden Effekt von zweitrangiger Bedeutung [12, 24, 26]. Die Bedeutung der spezifischen Effekte wird auch dadurch relativiert, dass sich nicht vorhersagen lässt, welcher Endorganschaden bei dem jeweiligen Patienten in der Zukunft eintreten wird. In der Summe richtet sich die Wahl des Arzneimittels nach

  • Wirkung und Verträglichkeit,
  • den Kontraindikationen (Tab. 6), und dann erst
  • nach der spezifischen Wirkung/Indikation,

woraus sich bevorzugte Indikationen ergeben (Tab. 7).

Tab. 6. Antihypertensiva – absolute und relative Kontraindikationen [7, 15]

Substanzklasse

Absolut

Relativ

Diuretika (Thiazide)

Gicht

Metabolisches Sydrom

Glucoseintoleranz

Schwangerschaft

Hyperkalzämie

Hypokaliämie

Betablocker

Asthma bronchiale

AV-Block 2. Grades

AV-Block 3. Grades

Metabolisches Syndrom

Glucoseintoleranz

Sportler

COPD (außer für vasodilatorische Betablocker)

Calciumkanalblocker (Dihydropyridine)

Tachyarrhythmie

Herzinsuffizienz

Calciumkanalblocker

(Verapamil,
Diltiazem)

AV-Block 2. Grades

AV-Block 3. Grades

Trifaszikulärer Block

Hochgradige Linksventrikuläre-Dysfunktion

Herzinsuffizienz

ACE-Hemmer

Schwangerschaft

Angioneurotisches Ödem

Hyperkaliämie

Bilaterale Nierenarterienstenose

Angiotensin-
Rezeptorblocker

Schwangerschaft

Hyperkaliämie

Bilaterale Nierenarterienstenose

Mineralocorticoid-
Rezeptorantagonisten

Hyperkaliämie

Akute oder schwere Niereninsuffizienz (eGFR <30 ml/min): engmaschige Kontrolle erforderlich

COPD: Chronic obstructive pulmonary disease; eGFR: geschätzte glomeruläre Filtrationsrate

Tab. 7. Bevorzugte Indikationen [7, 15]

Befund

Zu bevorzugende Substanzklasse

Asymptomatischer Endorganschaden

Linksventrikuläre Hypertrophie

ACE-Hemmer, Calciumkanalblocker, ARB

Asymptomatische Arteriosklerose

Calciumkanalblocker, ACE-Hemmer

Mikroalbuminurie

ACE-Hemmer, ARB

Chronische Niereninsuffizienz (eGFR 30–59 ml/min/1,73 m2 KOF)

ACE-Hemmer, ARB

Klinische kardiovaskuläre oder renale Erkrankung

Z. n. Schlaganfall

Jedes wirksame Antihypertensivum

Z. n. Myokardinfarkt

Betablocker, ACE-Hemmer, ARB

Angina pectoris

Betablocker, Calciumkanalblocker, ACE-Hemmer

Herzinsuffizienz

Diuretikum, Betablocker, ACE-Hemmer, ARB, Mineralocorticoid-Rezeptorantagonist

Aortenaneurysma

Betablocker

Vorhofflimmern

Zu erwägen: Betablocker, ARB, ACE-Hemmer, oder Mineralocorticoid-Rezeptorantagonist

Vorhofflimmern, Prävention, Frequenzkontrolle

Betablocker (Nicht-DHP-Calciumkanalblocker)

Chronische Nierenerkrankung (<30 ml/min/1,73 m2 KOF)/Proteinurie

ACE-Hemmer, ARB

Periphere arterielle Verschlusskrankheit

ACE-Hemmer, Calciumkanalblocker

Andere

Isolierte systolische Hypertonie (ältere Patienten)

Diuretikum, Calciumkanalblocker

Metabolisches Syndrom

ACE-Hemmer, ARB, Calciumkanalblocker

Diabetes mellitus

ACE-Hemmer, ARB

Schwangerschaft

Methyldopa, Betablocker, Calciumkanalblocker

Farbige Patienten

Calciumkanalblocker (Diuretikum)

ACE: Angiotensin-Konversionsenzym; ARB: Angiotensin-II-Rezeptorantagonist; DHP: Dihydropyridin; eGFR: geschätzte glomeruläre Filtrationsrate; KOF: Körperoberfläche; Z.n.: Zustand nach

Diuretika

Diuretika werden in der Mono- und Kombinationstherapie eingesetzt. In der Monotherapie sind sie in erster Linie für ältere Patienten mit eingeschränkter kardialer Leistungsbreite geeignet. In der Kombinationstherapie sind sie ein geeigneter Partner für die meisten anderen Substanzgruppen. Letztere führen über eine Blutdrucksenkung zur verminderten glomerulären Filtration mit der Folge einer Natrium-Retention, wodurch sich ihre Wirkung selbst limitiert. Diuretika wirken über ihren natriuretischen Effekt dem entgegen und sind von daher in der Kombination besonders wirkungsvoll. Diuretika sind niedrig zu dosieren, weil die Relation von Haupt- zu Nebenwirkungen (Hypokaliämie, Hyperurikämie, Hyperglykämie) bei höherer Dosis ungünstiger wird. Mittellang wirkende Diuretika sind zu bevorzugen. Für Hydrochlorothiazid liegen in der niedrig dosierten Monotherapie (12,5–25 mg/d) keine Daten zu Morbidität und Mortalität vor. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Leitlinien des National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) primär Chlorthalidon oder Indapamid empfehlen. Demgegenüber kommen die ESC/ESH-Leitlinien zu dem Schluss, dass keine ausreichende Evidenz vorliegt, ein bestimmtes Diuretikum zu bevorzugen [34, 35]. Diese nicht abgeschlossene Diskussion wird dadurch entschärft, dass Hydrochlorothiazid als Monotherapie in der Praxis kaum Verwendung findet. Darüber hinaus ist nicht zu erwarten, dass es zukünftig eine Studie geben wird, die Hydrochlorothiazid und Chlorthalidon oder Indapamid in der Monotherapie der arteriellen Hypertonie miteinander vergleicht. Bei Niereninsuffizienz werden die stärker wirkenden Schleifendiuretika (z.B. Furosemid, Torasemid) eingesetzt. Spironolacton ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz von Vorteil [20] und bei primärem Hyperaldosteronismus besonders wirksam. Allerdings ist Spironolacton ein unselektiver Hemmer der Mineralocorticoidrezeptoren und wirkt auch auf Testosteron- und Progesteronrezeptoren, woraus substanztypische Nebenwirkungen resultieren können, insbesondere Gynäkomastie und Libidoverlust. Alternativ kann in diesem Fall der spezifischere Aldosteron-Rezeptorblocker Eplerenon eingesetzt werden. Die Kombination eines Thiazids mit einer kaliumsparenden Substanz (Amilorid, Triamteren) führt seltener zur Hypokaliämie und hat sich besonders bei älteren Patienten bewährt.

Betablocker

Betablocker hemmen die Renin-Freisetzung und führen über eine Abnahme des HZV zur Abnahme des peripheren Gesamtwiderstands. Es werden folgende pharmakologische Gruppen, mit teilweise unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil, unterschieden:

  • Kardioselektive Betablocker hemmen überwiegend Beta1-Rezeptoren (vorwiegend im Herz angesiedelt), z.B. Bisoprolol, Metoprolol, Nebivolol. Mit höheren Konzentrationen erfolgt zunehmend auch eine Blockade der Beta2-Rezeptoren.
  • Nichtkardioselektive Betablocker hemmen auch die Beta2-Rezeptoren (auf Bronchial- und Gefäßmuskulatur lokalisiert), z.B. Propranolol, Carvedilol.
  • Betablocker mit intrinsischer Aktivität (ISA), die aufgrund ihrer sympathomimetischen Eigenwirkung die Herzfrequenz weniger senken, z.B. Oxprenolol.
  • Betablocker mit vasodilatierendem Effekt aufgrund einer zusätzlichen Alpha-Blockade (Carvedilol) oder NO-Wirkung (Nebivolol).

Die Betablocker wurden in den ESH/ESC-Leitlinien als gleichwertige Substanzgruppe zur Initialtherapie beibehalten, im Unterschied zu den Leitlinien der British Hypertension Society. Für diese Bewertung spricht, dass Betablocker bei Patienten nach Myokardinfarkt und bei Patienten mit Herzinsuffizienz im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse wirksamer als die anderen Substanzgruppen und in der Prävention von koronaren Ereignissen gleichwertig sind [12]. In einer weiteren großen Metaanalyse verhinderten Betablocker und/oder Diuretika oder ihre Kombination kardiovaskuläre Ereignisse gleichermaßen wie andere Substanzgruppen [24].

Demgegenüber zeigten in einer Cochrane-Metaanalyse Betablocker im Vergleich zu Calciumkanalblockern eine höhere Gesamtmortalität und mehr kardiovaskuläre Ereignisse, im Vergleich zu Calciumkanalblockern und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten mehr Schlaganfälle, aber für die koronare Herzkrankheit keine Unterschiede im Vergleich zu Calciumkanalblockern, Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und Diuretika [5, 31, 32].

Calciumkanalblocker

Calciumkanalblocker hemmen den Calciumeinstrom über spannungsabhängige Calciumkanäle vom L-Typ ins Zytosol und führen zu einer Vasodilatation mit Abnahme des peripheren Widerstands. Bei arterieller Hypertonie kommen in erster Linie die Dihydropyridin-Calciumkanalblocker (Nifedipin-Typ) mit ihrer Wirkung auf die Blutgefäße zum Einsatz, beispielsweise Amlodipin, Nifedipin, Nitrendipin, Felodipin. Nicht geeignet sind die Phenylalkylamin-Calciumkanalblocker (Verapamil-Typ), die den Blutdruck überwiegend durch ihre kardiale Wirkung (negativ inotrop und negativ chronotrop) senken. Die Benzothiazepin-Calciumkanalblocker (Diltiazem-Typ) nehmen im Wirkungsmechanismus eine Mittelstellung ein. Zur Behandlung der chronischen arteriellen Hypertonie werden Dihydropyridin-Calciumkanalblocker mit langsamem Wirkungseintritt und langer Wirkungsdauer eingesetzt. Nicht geeignet ist nichtretardiertes Nifedipin, das zur unerwünschten Hypotension führen kann. Die Calciumkanalblocker sind besonders effektiv in der Prävention des Schlaganfalls [12, 24, 29]. Für ältere Patienten mit systolischer Hypertonie haben sie sich ebenfalls bewährt [23].

ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten

ACE-Hemmer (z.B. Ramipril, Fosinopril, Quinapril) inhibieren kompetitiv das Angiotensin-Konversionsenzym (ACE), das Angiotensin I in Angiotensin II umwandelt. Gleichzeitig wird der Bradykinin-Abbau durch Hemmung der Kinase II blockiert, die mit dem ACE identisch ist. Der blutdrucksenkende Effekt dürfte überwiegend durch die verminderte Bildung von Angiotensin II und Aldosteron zustande kommen. Zu beachten ist, dass ACE-Hemmer in etwa 10% der Patienten einen nach Absetzen reversiblen Reizhusten induzieren.

Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (z.B. Candesartan, Losartan, Valsartan, Irbesartan) hemmen spezifisch den Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp 1, der sowohl Vasokonstriktion als auch Gefäß- und Myokardhypertrophie vermittelt.

Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und ACE-Hemmer zeigten in der ONTARGET-Studie im direkten Vergleich keine Unterschiede in der Häufigkeit von kardialen Komplikationen, Schlaganfall und Gesamtmortalität. Auch im Hinblick auf neues oder späteres Auftreten eines Diabetes mellitus ergab sich kein Unterschied [17]. Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und ACE-Hemmer führen zum Rückgang von Proteinurie und Mikroalbuminurie und zu einem prognostischen Benefit mit Reduktion kardialer Dekompensationen bei Menschen mit einer chronischen systolischen Herzinsuffizienz.

Der direkte Renininhibitor Aliskiren bewirkt eine effektive Blutdrucksenkung [9]. Die Kombination mit einem Diuretikum ist wirksamer als mit anderen Kombinationspartnern [13, 18]. Die zusätzliche Gabe von Aliskiren zu einem ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten führte bei Patienten mit Typ-2-Diabetes zum gehäuften Auftreten von Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie und Hypotonie und damit zum vorzeitigen Abbruch der ALTITUDE-Studie [19], sodass sich diese Kombination für die Indikation verbietet. Es gibt bislang keine kontrollierte Studie, die den Nutzen von Aliskiren auf kardiale und renale Endpunkte oder Mortalität zeigt.

Sonstige Arzneimittelgruppen

Für die folgenden Arzneimittelgruppen liegen keine randomisierten Studien vor. Sie werden vorwiegend bei Therapieresistenz und in speziellen Indikationen verwendet. Alpha1-Rezeptorenblocker (Doxazosin), zentral wirkende Substanzen (Clonidin, Moxonidin), Vasodilatatoren (Dihydralazin, Minoxidil) werden heute eher bei Therapieresistenz eingesetzt. Minoxidil ist eine hochwirksame Substanz, die aufgrund der Entwicklung von neueren, nebenwirkungsärmeren Arzneimitteln nur noch selten Verwendung findet. Minoxidil erfordert die gleichzeitige Gabe eines meist hochdosierten Schleifendiuretikums und Beta-Rezeptorenblockers, um Flüssigkeitsretention und Reflextachykardie zu beherrschen. Eine für Frauen besonders belastende Nebenwirkung ist die Hypertrichose.

Alpha-Methyldopa wird ebenfalls nur noch selten eingesetzt, hat aber seinen Platz in der Behandlung der Schwangerschaftshypertonie, da hierfür eine breite Erfahrung vorliegt.

Monotherapie und Kombinationstherapie

Eine primäre Kombinationstherapie empfiehlt sich grundsätzlich bei Hypertonie Grad 3 (systolischer Blutdruck [SBD] >180 mmHg oder diastolischer Blutdruck [DBD] >110 mmHg), außerdem bei Hypertonie Grad 2 (SBD 160–179 mmHg oder DBD 100–109 mmHg) mit Risikofaktoren. Ansonsten kann zunächst mit einer Monotherapie begonnen werden und der Behandlungserfolg über ein bis drei Monate abgewartet werden. Eine überschießende Therapie mit den entsprechenden unerwünschten Wirkungen beinhaltet die Gefahr, dass der Patient die Behandlung abbricht, weil er sich unter der Behandlung schlechter fühlt als zuvor.

Wenn das Behandlungsziel noch nicht erreicht ist, besteht die Option, die volle Dosis der Monotherapie einzunehmen oder eine Kombinationstherapie einzuleiten. Gleiches gilt für den Übergang von einer Zwei- auf eine Dreifachkombination. Meist ist es vorteilhafter, frühzeitig die Kombinationsbehandlung zu wählen, um die unerwünschten Wirkungen der einzelnen Substanzen möglichst gering zu halten. Bevorzugte, sinnvolle, mögliche und nicht empfohlene Kombinationen sind im Hexagramm zusammengefasst, das in den neuen Leitlinien modifiziert wurde (Abb. 2). Fixe Kombinationen sind erwünscht, um die Tablettenzahl zu reduzieren und die Einnahmetreue zu verbessern.

Abb. 2. Bevorzugte, sinnvolle, mögliche und nicht empfohlene Kombinationen der antihypertensiven Substanzen [7]

Therapieresistente Hypertonie

Definitionsgemäß liegt eine Therapieresistenz vor, wenn unter Beachtung der Allgemeinmaßnahmen und unter Einnahme von drei adäquat dosierten Arzneistoffen, die verschiedenen Substanzgruppen angehören, eines davon ein Diuretikum, der Zielblutdruck unter 140 und 90 mmHg nicht erreicht wird. Ursachen einer therapieresistenten Hypertonie sind:

  • überhöhte Kochsalzzufuhr, Übergewicht oder rasche Gewichtszunahme, Alkoholabusus,
  • chronische Einnahme von Vasopressoren oder Natrium-retinierenden Substanzen (z.B. nichtsteroidale Antiphlogistika),
  • obstruktive Schlafapnoe,
  • fortgeschrittener Endorganschaden (Lumeneinengung der Arterien und Niereninsuffizienz) und
  • Vorliegen einer sekundären Hypertonieform, wie primärer Hyperaldosteronismus oder Entwicklung einer hämodynamisch wirksamen Nierenarterienstenose. Bei Therapieresistenz ist immer eine sekundäre Hypertonie auszuschließen.

Keine echte Therapieresistenz liegt vor bei unzureichender Arzneimitteleinnahme, überschießender Reaktion auf den Blutdruckmessvorgang (Weißkittelhypertonie), bei im Verhältnis zur Oberarmdicke zu schmaler Blutdruckmanschette und bei arteriosklerotisch erstarrten und dadurch nicht komprimierbaren Gefäßen (Pseudohypertonie).

Therapeutisch ist bei therapieresistenter Hypertonie oft die Gabe von Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten (Spironolacton oder Eplerenon) wirksam, da die Häufigkeit des primären als auch des sekundären Hyperaldosteronismus, der sich aufgrund eines Escape-Phänomens unter ACE-Hemmern entwickelt hat, unterschätzt wird. Bei eingeschränkter Nierenfunktion empfiehlt sich die Einnahme eines Schleifendiuretikums. In bestimmten Fällen ist die komplette Tubulusblockade mit Schleifendiuretikum, Thiazid und kaliumsparendem Diuretikum wirksam.

Renale Sympathikusdenervierung (RDN)

Der renale Sympathikus ist mit seinen afferenten und efferenten Fasern an der Blutdruckregulation beteiligt. Der efferente Sympathikus erhöht den renalen Gefäßwiderstand, die Reninsekretion und die Natriumreabsorption. Die afferenten Fasern wirken über eine zentrale Stimulation ebenfalls blutdrucksteigernd. Bereits in den 1930er-Jahren wurde die chirurgische Durchtrennung der Sympathikusfasern bei schwerster Hypertonie eingesetzt. Noch in den 1960er-Jahren wurde in einigen Zentren bei lebensbedrohlicher, nicht beherrschbarer Hypertonie die bilaterale Nephrektomie mit anschließender Dialysebehandlung durchgeführt. Beide Verfahren wurden mit der Entwicklung von hochwirksamen Antihypertensiva überflüssig und gerieten auch aufgrund ihrer unerwünschten Wirkungen in Vergessenheit. In den letzten Jahren wurde die minimalinvasive katheterbasierte Sympathikusdenervierung eingeführt. Dabei werden die in der Adventitia der Nierenarterien liegenden sympathischen Fasern über einen transarteriellen Katheter durch Wärmeapplikation fokal verödet. Die anfänglichen euphorischen Berichte ließen sich in einer kontrollierten Studie (Symplicity HTN-3), die Sympathikus-denervierte Patienten mit scheinoperierten Patienten (gleiche Prozedur ohne Wärmeapplikation) verglich, nicht bestätigen. Nach sechs Monaten war der Blutdruckabfall in beiden Gruppen vergleichbar [3]. Insgesamt ergeben sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre folgende Schlussfolgerungen:

  • Interventionelle Verfahren sind anschaulich, scheinbar einfach und beinhalten für Patienten und Behandler die Gefahr, unkritisch eingesetzt zu werden.
  • Die Einfachheit eines Verfahrens darf nicht dazu führen, dass es an jedem Krankenhaus durchgeführt wird.
  • Auch in Studien zur Bewertung von interventionellen Eingriffen ist eine Sham-Kontrolle erforderlich.
  • Der Stellenwert der Sympathikusdenervierung sollte jetzt an wenigen spezialisierten Zentren nur im Rahmen sorgfältig geplanter Studien untersucht werden.

Spezielle Indikationen

Für ältere Patienten, bei chronischer Nierenerkrankung und bei Diabetes mellitus werden Zielblutdrucke diskutiert, die von dem ansonsten gültigen Wert von <140/90 mmHg abweichen. Außerdem finden einige Substanzgruppen bevorzugt Verwendung (Tab. 7).

Ältere Patienten

Mit dem Alter steigt der Blutdruck an, die Kochsalzsensitiviät nimmt zu, die Gefäße werden rigider und weniger komprimierbar. Außerdem wird eine Blutdrucksenkung im fortgeschrittenen Alter oft schlechter vertragen. Die medikamentöse Hochdruckbehandlung hat dies zu berücksichtigen, zumal für ältere Patienten vergleichsweise wenige Studienergebnisse vorliegen. Wenn von älteren Patienten gesprochen wird, sollte das biologische Alter im Vordergrund stehen, das vom kalendarischen erheblich abweichen kann. Somit stellt die Angabe des kalendarischen Alters nur einen Anhalt dar. Aufgrund der demographischen Entwicklung gewinnt die Hochdruckbehandlung von älteren Patienten zunehmend an Bedeutung.

Nachdem die antihypertensive Therapie älterer Menschen jahrzehntelang wenig wissenschaftliche Beachtung fand, wurde die HYVET-Studie 2008 als Durchbruch gefeiert: Bei Patienten >80 Jahre in gutem Allgemeinzustand mit SBD >160 mmHg wurde ein Zielblutdruck <150/80 mmHg mittels Indapamid und bei Bedarf zusätzlich durch Perindopril angestrebt. Erreicht wurde ein mittlerer SBD von 144 mmHg [2]. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe waren kardiovaskuläre Ereignisse und Gesamtmortalität signifikant niedriger, sodass sich bei dieser Patientengruppe ein systolischer Zielblutdruck zwischen 140 bis 150 mmHg empfiehlt (I, A) [16, 33]. Bei Patienten unter 80 Jahren kann, in Abhängigkeit von der Verträglichkeit, ein SBD <140 mmHg angestrebt werden. Dabei sind die verschiedenen Substanzgruppen für Patienten über 65 Jahre gleichermaßen geeignet wie für Patienten unter 65 Jahre [25].

Nierenerkrankung

Bei chronischer Nierenerkrankung und Proteinurie >300 mg/Tag empfiehlt sich ein systolischer Zielblutdruck <130 mmHg, wobei die Nierenfunktion zu kontrollieren ist (IIb, B) [1, 21, 28]. ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten führen im Vergleich zu anderen Antihypertensiva zu einem deutlicheren Rückgang von Proteinurie und Mikroalbuminurie und sind hier bevorzugt einzusetzen (I, A) [11, 22]. Allerdings liegen keine aussagekräftigen, harten Endpunktstudien zur Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse vor. Ein positiver Effekt auf die Progredienz der chronischen Nierenerkrankung wurde jedoch in mehreren randomisierten Studien aufgezeigt. Die Kombination von ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonist erlaubt zwar eine stärkere Senkung der Proteinurie als eine Monotherapie mit ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonist, ist aber aufgrund der Nebenwirkungen mit erhöhter Gefahr von akuter Nierenschädigung, Hypotonie und Hyperkaliämie nicht zu empfehlen (III, A).

Diabetes mellitus

Für Patienten mit Diabetes mellitus wurde teilweise empfohlen, die medikamentöse Therapie bereits bei SBD <140 mmHg einzuleiten und einen systolischen Zielblutdruck <130 mmHg anzustreben. Hierfür gibt es keine Evidenz, auch aufgrund der zu dieser Fragestellung fehlenden adäquaten Studien. Vielmehr konnte im Long-Term Follow-up der ACCORD-Studie bei intensiver behandelten Patienten (Zielblutdruck systolisch <120 mmHg) gegenüber weniger intensiv behandelten Patienten (Zielblutdruck systolisch <140 mmHg) keine signifikante Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse erreicht werden [6]. Hingegen ist ein niedrigerer diastolischer Zielblutdruck im Bereich 80 bis 85 mmHg belegt (I, A) [10, 27]. Die Einnahme eines ACE-Hemmers oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten empfiehlt sich, besonders wenn eine Mikroalbuminurie oder manifeste Proteinurie vorliegen.

Interessenkonflikterklärung

GH und HK geben an, dass im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenkonflikte bestehen.

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Prof. Dr. Gunnar H. Heine arbeitet als leitender Oberarzt der Klinik für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums des Saarlandes. Sein klinischer Schwerpunkt ist die Behandlung der primären und sekundären arteriellen Hypertonie sowie der chronischen, nicht-dialysepflichtigen Nierenerkrankung. Prof. Heine leitet die wissenschaftliche Arbeitsgruppe „Kardiovaskuläre Komplikationen bei chronischer Nierenerkrankung“ am Universitätsklinikum des Saarlandes. Er ist seit 2013 Vorstandsmitglied der EURECAM Arbeitsgruppe der European Dialysis and Transplant Association – European Renal Association sowie Mitglied des Chronic Kidney Disease Prognosis Consortium.

Prof. Dr. Hans Köhler. 1969 Staatsexamen und 1971 Promotion an der Justus Liebig-Universität Gießen. 1971 Wissenschaftlicher Assistent an der 1. Medizinischen Klinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 1978 Habilitation und Professur. 1981 Leiter der Nephrologie am Universitätsklinikum Mainz. 1993–2007 Direktor der Klinik für Innere Medizin IV mit Schwerpunkt Nieren- und Hochdruckkrankheiten am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS). 2007–2010 Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKS. 1993–2007 Landesbeauftragter der Hochdruckliga für das Saarland. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Molekulare und genetische Grundlagen des urämischen Immundefektes. Inflammation und Atherosklerose bei Niereninsuffizienz und arterieller Hypertonie. Über 350 wissenschaftliche Publikationen.

Prof. Dr. Gunnar H. Heine, Leitender OA der Klinik für Innere Medizin IV, Universitätsklinikum des Saarlandes, Kirrbergerstraße 1, 66424 Homburg, E-Mail: gunnar.heine@uks.eu

Prof. Dr. Hans Köhler, Universitätsklinikum des Saarlandes, Am Webersberg 24, 66424 Homburg, E-Mail: prof.h.koehler@uks.eu

Update on guideline-based management of arterial hypertension

The European Society of Hypertension (ESH) and the European Society of Cardiology (ESC) have jointly issued their guidelines for the management of arterial hypertension in 2013, which have been adopted in a short version by the German societies (Deutsche Hochdruckliga e.V. and Deutsche Gesellschaft für Kardiologie). In contrast to earlier guidelines, these 2013 guidelines clearly state the level of scientific evidence and the strength of recommendation for each statement. For most hypertensive patients, treatment target is a blood pressure <140/90 mmHg, with the exception of elderly patients, patients with chronic kidney disease and/or diabetes mellitus. Based on novel data, the importance of ambulatory blood pressure measurements, and the blood pressure-lowering effect of life style changes have been emphasized by these 2013 guidelines. Diuretics, beta-blockers, calcium antagonists, ACE-inhibitors and angiotensin receptor blockers remain suitable first-line options for initiation and maintenance of antihypertensive therapy. The essential benefit of any antihypertensive drug is driven by its blood lowering effect. Antihypertensive treatment should be individualized by acknowledging side effects, and potential drug-specific benefits in case of particular types of end-organ damage and/or comorbidities.

Key words: Hypertension, target blood pressure, evidence-based therapy, 2013 ESH/ESC Guidelines

Arzneimitteltherapie 2015; 33(07)