Chronische Transfusionsbehandlung

Eisenchelat-Behandlung bei überhöhten Eisenspiegeln


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Der Eisenchelator Deferasirox kann bei Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) die Hämatopoese verbessern und das Risiko der Transformation in eine akute myeloische Leukämie (AML) senken. Auch das Gesamtüberleben dieser Patienten kann durch die Gabe von Deferasirox verbessert werden, wie bei einem Pressegespräch von Novartis Oncology im April 2015 in Ulm mitgeteilt wurde.

Viele Erkrankungen gehen mit einer Störung der Eisenhomöostase einher. Eisenmangel verringert den Sauerstofftransport und vermindert so den Gesamtstoffwechsel und das Zellwachstum. Eine Eisenüberladung führt zu Zell- und Gewebeschäden ausgelöst durch oxidativen Stress und Eisenablagerungen.

Um das zu verhindern, reguliert der Körper die Eisenhomöostase auf zwei Ebenen: Zum einen reguliert jede Zelle ihre Eisenaufnahme autonom. Zum anderen wird die systemische Eisenaufnahme und -freisetzung durch Hepcidin geregelt. Das aus 25 Aminosäuren bestehende Peptid Hepcidin wird in der Leber gebildet. In Bindung an seinen Rezeptor Ferroportin verhindert es den Eisenexport aus Zellen. Bei einer hohen Eisenkonzentration im Serum oder als Folge einer Entzündung oder Infektion wird Hepcidin vermehrt gebildet und der Eisentransport aus der Zelle ins Blut gehemmt. Fällt der Hepcidin-Spiegel, wird vermehrt Eisen aus der Zelle heraustransportiert.

Transfusionsbehandlung erhöht Eisenspiegel

Angeborene Ursachen der Eisenüberladung sind in Deutschland selten. Am häufigsten tritt eine Eisenüberladung als Folge einer chronischen Transfusionsbehandlung auf. Eine Blutkonserve enthält die physiologische Eisen-Ration für ein halbes Jahr. Die Transfusionsbehandlung wird in Deutschland vor allem bei Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) durchgeführt.

Das MDS ist eine erworbene klonale Erkrankung hämatopoetischer Stammzellen, an der vor allem ältere Menschen erkranken. Bei bis zu 30% der Patienten kommt es zu einer Transformation in eine akute myeloische Leukämie (AML). Weil viele Patienten im Verlauf der Erkrankung aufgrund der ineffektiven Hämatopoese eine Anämie entwickeln, erhalten sie regelmäßig Bluttransfusionen. Sowohl Anämie als auch Eisenüberladung können kardiale Probleme verursachen und die Überlebenszeit des Patienten verkürzen.

Deferasirox senkt überhöhte Eisenspiegel

Eine Eisenchelat-Therapie wird für polytransfundierte Patienten mit einem Serumferritin >1000 ng/ml und einer Lebenserwartung von mindestens einem Jahr empfohlen. Mit Deferasirox (Exjade®) steht seit 2006 eine oral applizierbare Substanz zur Verfügung, die aufgrund der langen Halbwertszeit von 12 bis 16 Stunden nur einmal täglich eingenommen werden muss. Dies wirkt sich positiv auf die Compliance aus.

In der prospektiven, multizentrischen EPIC-Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Deferasirox bei polytransfundierten Patienten (n=1744), darunter 341 MDS-Patienten nachgewiesen. Nach einem Jahr Behandlung mit dem Eisenchelator sank das mediane Serumferritin bei den MDS-Patienten signifikant um 253 ng/ml (p=0,0019). Die Reduktion des Serumferritins war abhängig von der Dauer der Therapie – je länger diese andauerte, desto geringer war der Serumferritinspiegel.

Mehrere voneinander unabhängige Studien belegten einen signifikanten Überlebensvorteil bei MDS-Patienten, die eine Eisenchelat-Therapie oder eine Behandlung ausschließlich mit Deferasirox erhielten. Bei den Patienten mit Eisenchelat-Therapie kam es signifikant später zur Transformation in eine AML als bei Patienten ohne Eisenchelat-Behandlung. Zudem waren kardiale Ereignisse seltener.

Die Deferasirox-Behandlung sollte mit einer Dosierung von 20 mg/kg Körpergewicht begonnen werden. Maximal sollten die Patienten 40 mg/kg Körpergewicht täglich einnehmen. Deferasirox sollte in Wasser, Apfel- oder Orangensaft gelöst und einmal täglich auf nüchternen Magen mindestens 30 min vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Insbesondere zu Beginn der Therapie können vorübergehend gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auftreten, die sich im weiteren Verlauf jedoch meist zurück bilden.

Quelle

Prof. Dr. Martina Muckenthaler, Heidelberg, Prof. Dr. Norbert Gattermann, Düsseldorf, Prof. Dr. Holger Cario, Ulm, Novartis Oncology Roundtable Discussion „Eisenüberladung im Fokus – Effektive Chelation mit Exjade“, Ulm, 23. April 2015, veranstaltet von Novartis Oncology.

Arzneimitteltherapie 2015; 33(07)