Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Verglichen mit Patienten ohne Tumorerkrankung ist das Risiko eines venösen thromboembolischen Ereignisses inklusive Lungenembolie (VTE) bei Tumorpatienten um etwa das 7-Fache erhöht. Etwa 10% aller Tumorpatienten werden im Verlauf ihrer Erkrankung ein solches Ereignis erleiden und 3,5% aller Krebspatienten werden an einem solchen Ereignis versterben. Das Mortalitätsrisiko bei Tumorpatienten mit VTE ist innerhalb von sechs Monaten nach initialer Hospitalisierung doppelt so hoch wie bei Tumorpatienten ohne eine solche Komplikation.
Nationale und internationale Leitlinien empfehlen bei Tumorpatienten mit VTE die Gabe eines niedermolekularen Heparins (NMH) über drei bis sechs Monate [1]. Doch die Datenlage für diese Empfehlung war bisher schwach. Deshalb wurde jetzt eine neue Studie (CATCH: Comparison of acute treatments in cancer haemostasis) durchgeführt, um die Überlegenheit eines NMH im Vergleich mit einem Vitamin-K-Antagonisten zu überprüfen.
CATCH-Studie
Es handelt es sich um die weltweit größte Studie zur Behandlung tumorassoziierter Thrombosen. Aufgenommen in diese randomisierte, offene, multizentrische Phase-III-Studie wurden 900 Patienten aus 32 Ländern mit aktiver Tumorerkrankung (55% der Patienten mit Metastasierung, 44% Krebsbehandlung im Vorfeld) und symptomatischer proximaler tiefer Beinvenenthrombose (TVT) und/oder Lungenembolie.
Die Patienten erhielten entweder 175 I.E. AntiXa pro kg KG Tinzaparin (Innohep®) über sechs Monate oder nur initial Tinzaparin über fünf bis zehn Tage und überlappend und dosierungsadaptiert Warfarin, bis der Ziel-INR-Wert von 2 bis 3 erreicht war.
Als primärer zusammengesetzter Endpunkt wurde die Zeit bis zum TVT-Rezidiv, inklusive symptomatischer und inzidenteller proximaler TVT, und/oder bis zur Lungenembolie sowie zu einer tödlichen Lungenembolie festgelegt.
Das Follow-up der Studie betrug sechs Monate beziehungsweise die Zeit bis zum Tod des Patienten, wenn dieser früher eintrat.
Tinzaparin überlegen
Im Tinzaparin-Arm traten nach sechsmonatiger Therapie bei 31 Patienten (6,9%) ein VTE-Rezidiv auf im Vergleich zu 45 Patienten (10%) im Warfarin-Arm (Hazard-Ratio [HR] 0,65; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,41–1,03; p=0,07; Abb. 1). Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 35%.

Abb. 1. Kumulative Inzidenz von wiederaufgetretenen venösen thromboembolischen Ereignissen (VTE) unter Tinzaparin oder Warfarin über sechs Monate [mod. nach Lee AY, ASH 2014]
Symptomatische nichttödliche TVT traten unter Tinzaparin bei 12 Patienten (2,7%) und unter Warfarin bei 24 Patienten (5,3%) auf (HR 0,48; 95%-KI 0,24–0,96; p=0,004).
Bei der Inzidenz schwerwiegender Blutungsereignisse ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen (2,9% im Tinzaparin-Arm vs. 2,7% im Warfarin-Arm). Klinisch relevante nicht schwerwiegende Blutungen traten unter Tinzaparin jedoch signifikant seltener auf als unter Warfarin (11% vs. 16%; p=0,03). Bezüglich Mortalität fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen (59% unter Tinzaparin, 60% unter Warfarin) [2].
Fazit
Bei Tumorpatienten mit symptomatischer VTE senkt eine sechsmonatige Therapie mit dem NMH Tinzaparin im Vergleich zu Warfarin das Risiko für VTE-Rezidive. Dies geht mit einer signifikanten Reduktion symptomatischer TVT und klinisch relevanter nichtschwerwiegender Blutungen einher. Bei schwerwiegenden Blutungen und der Gesamtmortalität fand sich kein signifikanter Unterschied.
Quelle
Prof. Dr. Axel Matzdorff, Saarbrücken; Satellitensymposium „Tumor und Thrombose – eine unheilige Allianz“, veranstaltet von LEO Pharma im Rahmen der 59. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH), Düsseldorf, 25. Februar 2015.
Literatur
1. Deutsche Gesellschaft für Angiologie. S2-AWMF-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie, Onlinezugriff: www.awmf.org (Zugriff am 12.5.2015).
2. Lee AY, et al. A randomized trial of long-term tinzaparin, a low molecular weight heparin (LMWH), versus warfarin for treatment of acute venous thromboembolism (VTE) in cancer patients – the CATCH study [Abstract LBA-2A]. ASH 2014, 6.-9.12.2014, San Francisco, USA.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(07)