Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung

Roflumilast senkt Exazerbationsfrequenz bei Risikopatienten


Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Der Phosphodiesterase-4-Hemmer Roflumilast reduzierte in früheren Studien die Exazerbationsrate bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) unter einer Therapie mit langwirksamen Beta2-Agonisten. Nun konnte die Wirksamkeit von Roflumilast auch bei Hochrisiko-Patienten unter einer Kombinationstherapie aus inhalativen Glucocorticoiden und langwirksamen Beta2-Agonisten gezeigt werden. Roflumilast senkte bei diesen Patienten mit schwerer COPD und chronischer Bronchitis signifikant die Exazerbationsfrequenz und verbesserte die Lungenfunktion.

Die schwere chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) geht mit periodisch auftretenden Exazerbationen einher, die eine aggressive Therapie und häufig eine Krankenhauseinweisung erfordern. Diese Exazerbationen verschlechtern den Gesundheitszustand, beschleunigen die Abnahme der Lungenfunktion und erhöhen die Sterblichkeit der betroffenen Patienten. Um Exazerbationen zu verhindern, werden derzeit zwei alternative Therapieansätze empfohlen: ein inhalativer, langwirksamer Muscarinantagonist allein oder eine fixe Kombination, bestehend aus einem inhalativen Glucocorticoid und einem langwirksamen Beta2-Agonisten. Zusätzlich können beide Behandlungsansätze auch kombiniert werden. Diese Therapien können die Exazerbationen zwar deutlich reduzieren, aber nicht vollständig eliminieren. Dies gilt insbesondere für solche Exazerbationen, die eine Hospitalisierung erfordern.

Zu weiteren medikamentösen Therapieansätzen, die getestet wurden, um Exazerbationen bei COPD zu verhindern, gehören langwirksame Makrolide, HMG-CoA-Reductasehemmer (Statine), Theophyllin und Acetylcystein. Allerdings konnte keine dieser Optionen unter Berücksichtigung möglicher Nebenwirkungen überzeugen.

Roflumilast (Daxas®), ein oraler Phosphodiesterase-4-Hemmer mit antientzündlicher Wirkung, kann bei Patienten mit COPD die Lungenfunktion verbessern und Exazerbationen reduzieren. Ob die Substanz auch bei Patienten effektiv ist, die eine fixe Kombination aus inhalativem Glucocorticoid und langwirksamem Beta2-Agonisten anwenden, war bislang nicht bekannt. Postuliert wurde nun, dass Roflumilast bei Patienten mit schwerer COPD mit Risiko für Exazerbationen selbst unter einer Kombinationstherapie mit inhalativen Glucocorticoiden und langwirksamen Beta2-Agonisten die Exazerbationsfrequenz senken kann.

Studiendesign

Um dieses Postulat zu überprüfen – sowie zum besseren Verständnis der unerwünschten Wirkungen und dem Erstellen eines Nutzen-Risiko-Profils in dieser speziellen Patientengruppe – wurde die REACT(Roflumilast and exacerbations in patients receiving appropriate combination therapy)-Studie initiiert. Die doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-III/IV-Studie wurde zwischen April 2011 und Mai 2014 mit 1945 Patienten durchgeführt, die unter schwerer COPD litten. Die Probanden wurden von 203 Zentren (ambulante Kliniken, Krankenhäuser, Praxen von Pneumologen und Hausärzten) in 21 Ländern rekrutiert. Die Studienteilnehmer waren 40 Jahre und älter, hatten eine Rauchervorgeschichte von mindestens 20 Packungsjahren (Anzahl pro Tag gerauchter Zigarettenpackungen × Anzahl Raucherjahre), die Diagnose einer COPD mit schwerer Atemnot, Symptome einer chronischen Bronchitis sowie mindestens zwei Exazerbationen im vorangegangenen Jahr. Die Probanden wurden randomisiert in zwei Studiengruppen aufgeteilt:

  • Roflumilast 500 µg oral einmal täglich; 973 Patienten
  • Placebo; 972 Patienten

Die Studienmedikationen (Verum bzw. Placebo) wurden einmal täglich oral in Kombination mit einem fixen inhalativen Glucocorticoid und einem langwirksamen Beta2-Agonisten verabreicht. Eine Basisbehandlung mit Tiotropium war erlaubt.

Primäres Studienergebnis war die Rate an moderaten bis schweren Exazerbationen pro Patient und Jahr, ermittelt mit einer Intention-to-treat-Analyse.

Studienergebnis

Von den insgesamt 1945 Patienten konnten schließlich 969 Patienten der Verum-Gruppe und 966 Patienten der Placebo-Gruppe in die Intention-to-treat-Analyse eingeschlossen werden.

In dieser lag die Häufigkeit für moderate bis schwere Exazerbationen nach Poisson-Regressionsanalyse im Roflumilast-Arm um 13,2% niedriger als in der Placebo-Gruppe (Roflumilast 0,805% versus Placebo 0,927%; Rate-Ratio [RR] 0,868; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,753–1,002; p=0,0529). Ein vergleichbarer Wert wurde auch mit einer vordefinierten Sensitivitätsanalyse anhand negativer binominaler Regression erzielt. Hier bedingte Roflumilast eine Verringerung der Exazerbationsfrequenz um 14,2% gegenüber Placebo (Roflumilast 0,823% versus Placebo 0,959%; RR 0,858; 95%-KI 0,740–0,995; p=0,0424).

Über Nebenwirkungen berichteten 648 (67%) von 968 Patienten mit Roflumilast und 572 (59%) von 967 Patienten mit Placebo. Schwere Nebenwirkungen traten bei 249 Probanden (26%) in der Roflumilast- und bei 285 (30%) in der Placebo-Gruppe auf. Zu den häufigsten unerwünschten Effekten gehörten COPD-Exazerbationen, Diarrhö, Gewichtsverlust und Übelkeit sowie Pneumonien. Mehr Probanden im Roflumilast- als im Placebo-Arm brachen die Studie wegen Nebenwirkungen ab: 104 (11%) versus 52 (5%).

Ein sekundärer Endpunkt der Studie war die Sterblichkeit. In diesem Punkt wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Verum und Placebo gefunden. Während der doppelblinden Behandlungsperiode wurden in der Roflumilast-Gruppe 17 Todesfälle (1,8%) gegenüber 18 (1,9%) in der Placebo-Gruppe registriert. Auch die Häufigkeit größerer kardiovaskulärer Zwischenfälle unterschied sich nicht wesentlich zwischen den beiden Studienarmen.

Fazit

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegen, dass der PDE-4-Hemmer Roflumilast bei Patienten mit schwerer COPD und chronischer Bronchitis, die trotz inhalativer Kombinationstherapie Exazerbationen hatten, das Auftreten mittlerer und schwerer Exazerbationen deutlich reduzieren sowie die Lungenfunktion verbessern konnte. Mit dem neuen Therapieansatz wurde erstmals in einem solchen Patientenkollektiv auch die Hospitalisierungsrate gesenkt. Außerdem war die Anzahl unerwünschter Wirkungen trotz zusätzlichem Arzneistoff und verglichen mit Studien mit geringerer Medikationsanzahl nicht erhöht. Die damit verbundenen Vorteile für Klinik und Kostenfinanzierung rechtfertigen die weitere Suche nach Risikofällen (mit bestehendem Risiko für Exazerbationen trotz Kombinationstherapie), die von einer Behandlung mit Roflumilast am meisten profitieren können.

Quelle

Martinez FJ, et al. Effect of roflumilast on exacerbations in patients with severe chronic obstructive pulmonary disease uncontrolled by combination therapy (REACT): a multicentre randomised controlled trial. Lancet 2015;385:857–66.

Arzneimitteltherapie 2015; 33(09)